COVID-19

Klinische Prüfung von Coronavirus-Vakzinen nimmt Fahrt auf

Remagen - 21.04.2020, 09:00 Uhr

Die ersten klinischen Prüfungen von COVID-19-Impfstoffen am Menschen starten. ( r / Foto: guerrieroale / stock.adobe.com) 

Die ersten klinischen Prüfungen von COVID-19-Impfstoffen am Menschen starten. ( r / Foto: guerrieroale / stock.adobe.com) 


Die chinesische National Medical Products Administration hat klinische Studien für drei experimentelle SARS-CoV-2-Impfstoffe genehmigt. Fortschritte gibt es auch bei der Erprobung einer DNA- und einer mRNA-Vakzine am Menschen. In Deutschland soll ebenfalls die erste Impfstoffstudie bevorstehen.

China hat drei COVID-19-Impfstoffkandidaten für klinische Studien zugelassen. Dies berichtet die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua unter Berufung auf Aussagen eines Beamten des Ministeriums für Wissenschaft und Technologie (MOST) bei einer Pressekonferenz am 14. April.

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Die erste Genehmigung soll für einen rekombinanten Adenovirus-Vektorimpfstoff erteilt worden sein, der von einem Forscherteam von der chinesischen Akademie für Ingenieurwissenschaften und von der Akademie für Militärwissenschaften entwickelt wurde. Die klinische Phase I soll Ende März abgeschlossen worden sein. Die 108 Versuchspersonen haben die medizinische Beobachtung beendet und sollen in gutem Zustand sein. Phase II begann am 12. April (ChiCTR2000031781, NCT04341389).

Erster Coronavirus-Impfstoff in Phase II

Es soll der erste COVID-19-Impfstoff weltweit sein, der in die Phase II der klinischen Prüfung eingetreten ist. Der Impfstoff mit dem modifizierten Adenovirus als Vektor trägt das Gen des Coronavirus-Spikeproteins, das wichtigste Oberflächenprotein, mit dem das Virus an den Rezeptor der Wirtszelle bindet. Für die Studie sollen 500 Freiwillige rekrutiert und neben den Gruppen für zwei verschiedene Impfstoffdosen eine Placebo-Kontrollgruppe eingeführt werden. Außerdem wurde die Altersgrenze aufgehoben, um auch Freiwillige über 60 Jahre zu registrieren. Da ältere Menschen einen hohen Prozentsatz der schwer kranken COVID-19-Patienten ausmachen, sollte der Impfstoff auch für diese Altersgruppe einen Schutzschild aufbauen, so die Intention. Am Nachmittag des 13. April, nur einen Tag nach dem Start der Studie, sollen bereits 273 Freiwillige geimpft worden sein. Als Studienende wird im chinesischen Register für klinische Studien der 31. Januar 2021 angegeben.

Zwei weitere Kandidaten für klinische Prüfung genehmigt

Weiterhin wurde nach Angaben des Beamten aus dem chinesischen Wissenschaftsministerium am 12. April ein Kandidat für einen inaktivierten Impfstoff, der vom Wuhan Institute of Biological Products und dem Wuhan Institute of Virology der Chinesischen Akademie der Wissenschaften entwickelt wurde, für klinische Studien zugelassen (ChiCTR2000031809). Das Wuhan Institute of Biological Products arbeitet unter der staatlichen China National Pharmaceutical Group (Sinopharm).

Der dritte inaktivierte Impfstoff-Kandidat soll aus der Entwicklung von Sinovac Research and Development Co., Ltd., einem führenden biopharmazeutischen Unternehmen mit Sitz in Peking, stammen. Sinovac verfügt über beträchtliche Erfahrung in der Forschung und Entwicklung von SARS-Impfstoffen.

Phase-1-Studien mit INO-4800 von Inovio laufen

Zwei weitere hoch gehandelte Anwärter auf den ersten SARS-CoV-2-Impfstoff neben dem chinesischen Adenovirus-Vektorimpfstoff sind die DNA-Vakzine INO-4800 von Inovio und der mRNA-Impfstoffkandidat mRNA-1273 von Moderna. Inovio mit Sitz in Pennsylvania hat die präklinischen Tests seiner DNA-Vakzine abgeschlossen und lässt diese nun in den USA, China und Südkorea am Menschen testen. Das International Vaccine Institute (IVI) hat gerade bekannt gegeben, dass die Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (CEPI) Inovio 6,9 Millionen US-Dollar für die Zusammenarbeit mit IVI und dem Korea National Institute of Health (KNIH) für eine klinische Phase-1/2-Studie in Südkorea gewährt hat. Die Studie soll parallel zu der Phase-1-Studie mit INO-4800 durchgeführt werden, die seit dem 6. April 2020 in den USA läuft.

Das Unternehmen erwartet die Ergebnisse bis zum Herbst und plant, bis Ende des Jahres eine Million Dosen des Impfstoffs für weitere klinische Studien oder Notfallverwendungen zur Verfügung stellen zu können.

483 Millionen US-Dollar für die Entwicklung und Produktion von mRNA-1273

Am 16. April 2020 informierte Moderna, Cambridge, Massachusetts, über eine Zuwendung der US-Regierungsbehörde BARDA in Höhe von bis zu 483 Millionen US-Dollar. Damit soll die Entwicklung seines mRNA-Impfstoffs (mRNA-1273) beschleunigt und gegebenenfalls noch in diesem Jahr eine Großproduktion ermöglicht werden. Weiterhin gab Moderna bekannt, dass die von den National Institutes of Health (NIH) geleitete Phase-1-Studie mit mRNA-1273 die Einschreibung von drei Dosiskohorten (25 µg, 100 µg und 250 µg) abgeschlossen hat und diese nun auf weitere sechs Kohorten mit älteren Patienten ausdehnt.

Auch in Deutschland bald Studie mit einem SARS-CoV-2-Impfstoff?

Wie am letzten Freitag bekannt wurde, soll auch in Deutschland die erste klinische Prüfung eines Impfstoffs gegen SARS-CoV-2 bevorstehen. Das Deutsche Ärzteblatt bezieht sich in einer Meldung auf entsprechende Äußerungen des PEI-Präsidenten Klaus Cichutek. Im Paul-Ehrlich-Institut ergreife man eine Reihe von Maßnahmen, basierend auf der „regulatorischen Flexibilität und der Expertise der dortigen Mitarbeiter“, um Impf­stoff-Kandidaten „gezielt auf klinische Prüfungen hinzuführen und bestimmte Phasen der klinischen Prüfung zu komprimieren“. Derzeit laufen Cichutek zufolge weltweit 50 bis 60 Impfstoffprojekte. Der PEI-Präsident glaubt, dass letztlich mehrere Impfstoffe gebraucht würden, zum einen, um den hohen Bedarf zu decken, zum anderen, da jetzt schon absehbar sei, dass „sie unter­schiedliche Eigenschaften haben werden“.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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