Hamburger Apothekerverein

Graue: Struktur nicht abkaufen lassen

Hamburg - 14.11.2018, 16:00 Uhr

Dr. Jörn Graue, Chef des Hamburger Apothekervereins, warnt eindringlich davor, das Rx-Versandverbot für eine Honorarerhöhung aufzugeben. (Foto: tmb)

Dr. Jörn Graue, Chef des Hamburger Apothekervereins, warnt eindringlich davor, das Rx-Versandverbot für eine Honorarerhöhung aufzugeben. (Foto: tmb)


Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, sieht keinen gleichwertigen Ersatz für das Rx-Versandverbot. Zudem mahnt er, die Apotheker sollten sich die Sicherung ihrer Strukturen nicht mit einem vergleichsweise geringen Geldbetrag abkaufen lassen. Graue äußerte sich bei der Mitgliederversammlung des Hamburger Apothekervereins am gestrigen Dienstagabend.

Graue blickte zunächst auf den Deutschen Apothekertag zurück. Entgegen den Erwartungen habe Minister Spahn keine Antworten auf die drängenden Fragen zur Versandhandelsproblematik und zur Inländerdiskriminierung im Gepäck gehabt. „Die Enttäuschung, dass nach den vollmundigen Ankündigungen nichts kommt, war vielen anzumerken“, beschrieb Graue die Situation.

Spahn habe sich zwar Zeit für die Diskussion genommen, aber „zentrale Positionierungen blieb er schuldig“, sagte Graue. Letztlich habe Spahn versucht, die Apotheker „auf den Fortbestand des Versandhandels einzustimmen“. Dagegen argumentierte Graue: „Wir sind überzeugt, dass nur die mit Verboten zu erzielende Gleichpreisigkeit die optimale Versorgung der Bevölkerung sichern kann.“ Er lasse zwar auch andere wesensgleiche Ansätze gelten, „ich kenne aber keinen, der besser oder zumindest gleichwertig ist“, erklärte Graue. 

Klare Worte gegen Impfen in Apotheken

Der Apothekertag habe auch gezeigt, dass das 2HM-Honorargutachten nicht vom Tisch sei, denn der Minister habe mehrfach erklärt, dass er sich damit beschäftigen müsse. Außerdem werde mit neuen Dienstleistungen gelockt, aber „außer Impfen kam nichts Substanzielles rüber“, beklagte Graue und ergänzte: „Mit diesem Griff in die Büchse der Pandora reißt er bewusst nur mühsam verharschte Wunden auf und sät Zwietracht zwischen zwei Berufsgruppen. Wir sind daher gut beraten, diesen Faden nicht aufzugreifen, zumal er nur wieder Arbeit, kaum jedoch Gewinn verspricht.“ Dr. Frank Diener, Generalbevollmächtigter der Treuhand Hannover, hatte bei derselben Veranstaltung zuvor ebenfalls vom Impfen in Apotheken abgeraten. Mit Blick auf Minister Spahn erklärte Diener: „Das war ein vergifteter Vorschlag“.

Struktur nicht mit Geld aufzuwiegen

Graue wandte sich jedoch nicht nur gegen das Impfen, sondern machte das generelle Problem neuer vergüteter Dienstleistungen deutlich. Er halte nicht viel von Spezialvergütungen. „Einzig eine Erhöhung der Gesamtvergütung wird der Gesamtleistung der Apotheken gerecht“, erklärte Graue und mahnte: „Uns etwas Strukturelles durch pekuniär Geringwertiges abkaufen zu lassen, ist billig.“

Ein probater Lösungsansatz, der im Ministerium schon vor Jahresfrist eingereicht worden sei, scheine aber „den Weg in des Ministers Ohr noch nicht gefunden zu haben“, sagte Graue und erklärte weiter: „Ausländische Versandapotheken, die im Residenzstaat nicht der dort geltenden Apothekengesetzgebung unterworfen sind, können nicht den deutschen Apotheken entsprechen“ und könnten daher nicht auf der „Länderliste“ des Ministeriums stehen. Damit spielte Graue auf die speziellen niederländischen Regeln für „Grenzapotheken“ an, die von den übrigen niederländischen Vorschriften für Apotheken abweichen.

Außerdem mahnte Graue, die europarechtlich vereinbarte Subsidiarität dürfe nicht unterlaufen werden. Sie müsse offensiv verteidigt werden. Der Souverän müsse alles unternehmen, um den erteilten Versorgungsauftrag für seine Bevölkerung zu wahren. Spahns Argument, nur zu versprechen, was er halten könne, ließ Graue nicht gelten. „Eine Handlungsoption nur dann zu verfolgen, wenn ihr uneingeschränkter Erfolg beschert wird, ist sicher kein Ruhmesblatt, wenn man nach Höherem strebt“, so Graue.

Erfolge im Vertragsmanagement

Positiv wertete Graue dagegen das jüngste Engagement zur Digitalisierung. Die Apotheken müssten ihren Beitrag leisten. Es sei folgerichtig, dass die ABDA an der Realisierung des E-Rezeptes arbeite. Als Erfolg vermeldete Graue zudem, es sei nach sechsjährigem Anlauf gelungen, den Deutschen Apothekerverband zur Kündigung der Hilfstaxe zu bewegen. Die zähen Verhandlungen würden jedoch noch bis zum Frühjahr andauern. Erfolgreich seien auch die Verträge über Grippeimpfstoffe für Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein, während die Versorgung anderswo mangelhaft sei.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Auf dem Rücken der Apotheker ins Kanzleramt ...

von Christian Timme am 14.11.2018 um 23:48 Uhr

Wer sich der Politik opfert ... hat diesem Land keinen Dienst erwiesen. Mit ABDA & Co. scheint das aber so zu kommen. Hier werden wohl eher die weiteren „Haftbedingungen“ diskutiert ... das haben die Apotheker zwar nicht verdient ... sich aber unter Aufbietung aller Kräfte „erarbeitet“.

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That‘s it!

von Hansmann Uwe am 14.11.2018 um 18:45 Uhr

Klare Haltung, klare Worte. Nur so geht es.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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