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Graue: Was am Perspektivpapier stört

Mitgliederversammlung des Hamburger Apothekervereins

HAMBURG (tmb) | Keine Überraschungen, aber etliche fehlende Inhalte – mit diesem Tenor analysierte Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, das Perspektivpapier „Apotheke 2030“ bei der Mitgliederversammlung des Vereins am 25. November. Das Perspektivpapier ist für Graue „das alte Berufsbild in neuen Schläuchen“, es beschreibe eine heilberuflich ausgerichtete Apotheke mit den neuen Leistungen Medikationsplan und -management.

Fokussierung auf Minderheit

Foto: DAZ/tmb
Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, mahnte, die Struktur der Vergütung nicht anzutasten.

Die Inhalte gingen sicher in die richtige Richtung, seien aber mit Blick auf die Reaktionen der Ärzte und Krankenkassen schwierig zu realisieren, meinte Graue und erklärte: „Was uns vor allem stört, ist die Fokussierung auf einen bei aller Demografie in der Minderheit bleibenden Kreis von multimorbiden Patienten.“ Denn die Hauptklientel der Apotheken seien Menschen, die dauerhaft oder akut ein oder zwei Arzneimittel erhalten und dafür eine Beratung benötigen. Bei der Umsetzung des Perspektivpapiers sei es daher richtig und notwendig, einen deutlicheren Schwerpunkt auf dieses „Brot- und Buttergeschäft“ zu setzen, bei dem auch wirtschaftlich „die Musik spielt“.

In Bezug auf neue Leistungen müsse zunächst das ARMIN-Projekt seinen Nutzen zeigen, aber dies hänge davon ab, „ob es gelingt, die erheblichen Widerstände der organisierten Ärzteschaft gegen die angestrebte Augenhöhe abzubauen“, so Graue.

Am Perspektivpapier störe ihn außerdem, was nicht darinsteht: Es fehlen Vorstellungen über die künftige Organisation der Versorgung in der Fläche, aber Gesellschaft und Politik erwarten dazu Antworten. „Und wenn wir das nicht zügig tun, dann fährt der Bus halt ohne uns ab“, so Graue. Außerdem würden im Perspektivpapier „Fragen der Wirtschaftlichkeit und das Bekenntnis zu einem kunden- und patientenorientierten Handeln auch jenseits der reinen Pharmazie“ kaum adressiert und weitere Handlungsspielräume sogar mit einem Generalverdacht der Gefährdung des Versorgungsauftrags belegt.

Vergütungsstruktur erhalten

Graue mahnte eindringlich, die Struktur der Vergütung nicht anzutasten und diese nicht zu neuen Leistungen umzusteuern, von denen noch niemand wisse, ob sie wirtschaftlich zu erbringen wären und in ausreichender Menge abgerufen würden. Er sehe sich mit dem Deutschen Apothekerverband einig, dass auch künftig das bestehende Leistungsspektrum auskömmlich honoriert werden müsse. Honorarsteigerungen sollten nicht zu pharmazeutisch aufwendigeren oder besonders versorgungsrelevanten Leistungen umgesteuert werden.

Die Apotheker ließen sich auch nicht „einseifen“, indem die Großhandelsrabatte erneut „als Spielmasse für die Vergütung neuer pharmazeutischer Leistungen“ zur Diskussion gestellt werden, wie der CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn dies beim Deutschen Apothekertag getan hat. Denn diese Einkaufsvorteile seien überlebenswichtig als Teil des Vergütungssystems und „als Motor für Prozessoptimierung“ unverzichtbar.

Folgen des GKV-VSG

Im Entwurf des GKV-VSG halten sich für Graue positive und negative Aspekte die Waage. Die Bevorzugung kooperativer Versorgungsformen, die neue „besondere Versorgung“ mit der Gefahr von Selektivverträgen und die Regulierung der ärztlichen Niederlassung bei hohem Versorgungsgrad seien besonders zu beachten. Denn es habe auch Folgen für Apotheken, wenn Arztpraxen schließen, mahnte Graue. Ein weiterer Schwerpunkt der Mitgliederversammlung waren Verträge mit Krankenkassen, insbesondere eine Vereinbarung gegen Nullretaxationen (siehe AZ 2014, Nr. 49, S. 8). 

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