der kleine Unterschied

Kühlkettenpflichtig oder „nur“ kühl zu lagern?

Stuttgart - 24.08.2018, 10:40 Uhr

Im Apothekenalltag spielt die Unterscheidung der verschiedenen Lagerbedingungen nicht nur bei der Lagerung selbst, sondern auch bei der Abgabe und bei der Beratung des Patienten eine Rolle. ( r / Foto: Schelbert)

Im Apothekenalltag spielt die Unterscheidung der verschiedenen Lagerbedingungen nicht nur bei der Lagerung selbst, sondern auch bei der Abgabe und bei der Beratung des Patienten eine Rolle. ( r / Foto: Schelbert)


Waren die mutmaßlich in Griechenland gestohlenen Arzneimittel, die Lunapharm in Deutschland verkauft haben soll, noch wirksam oder nicht? Schließlich befand sich darunter auch Kühlware und, ob die immer vorschriftsmäßig gelagert wurde, ist anscheinend nicht ganz klar. Allerdings ist Kühlware auch nicht gleich Kühlware, sondern man muss zwischen „kühlkettenpflichtig“ und „kühl zu lagern“ unterscheiden.

In dem Skandal um den brandenburgischen Arzneimittelhändler Lunapharm sollen gestohlene Arzneimittel aus Griechenland an deutsche Apotheken verkauft worden und später an Patienten verabreicht worden sein. Ob dabei die vorgeschriebenen Lagerbedingungen stets eingehalten wurden, ist anscheinend fraglich. Nun steht die Angst im Raum, dass die Arzneimittel, vorwiegend Onkologika, nicht oder nicht mehr vollständig wirksam waren. Schließlich handelte es sich bei vielen um kühl zu lagernde Antikörper. Eine Berliner Apothekerin, die Ware bei Lunapharm bezogen hatte, hat auf ihrer Homepage ein Schreiben veröffentlicht, um Patienten über die Sachlage zu informieren.

Dort heißt es:


Bei allen zur Frage stehenden Arzneimitteln handelt es sich nicht um sogenannte kühlkettenpflichtige Produkte, d.h. auch ein kurzzeitiger Transport oder eine kurzzeitige Lagerung dieser Produkte bei höheren Temperaturen/Raumtemperaturen müssen nicht zu einer Wirkungslosigkeit bzw. Schädlichkeit dieser Medikamente führen.“

Patienteninfo Apotheke Helle Mitte


Was hat das zu bedeuten? In der Tat wird zwischen „kühlkettenpflichtigen“ und „kühl zu lagernden“ Arzneimitteln unterschieden. Kühlkettenpflicht bedeutet, dass ein Arzneimittel lückenlos vom Hersteller bis zur Anwendung bei 2 bis 8 Grad gelagert werden muss. Andernfalls ist eine Wirksamkeit nicht mehr gewährleistet. Beispiele für solche Arzneimittel sind Lebendimpfstoffe, also Impfstoffe gegen Mumps, Masern, Röteln oder Varizellen. Von den Arzneimitteln, die von Lunapharm vertrieben und später im Zusammenhang mit dem Skandal zurückgerufen wurden, gehört Denosumab in diese Kategorie – ein Antikörper, der unter dem Handelsnamen Xgeva® vertrieben wird.

Etwas weniger empfindliche Arzneimittel, zum Beispiel Totimpfstoffe, sind lediglich „kühl zu lagern“. Sie können zwischenzeitlich ungekühlt gelagert werden. Eine höhere Temperatur als Raumtemperatur über einen längeren Zeitraum sollte vermieden werden. Wird die vorgeschriebene Lagertemperatur mehrfach überschritten, können allerdings auch weniger empfindliche Wirkstoffe durch den „Kumulationseffekt“ geschädigt werden. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Vorsicht bei der Lagerung

Keine „Kühlkette“ auf EU-Ebene

Neues Faktenblatt der ABDA

Kühllagerung von Arzneimitteln

Auf die richtige Lagerung kommt es an

Nicht zu warm und nicht zu kalt

Wenn anhaltende Hitzewellen Arzneimitteln zusetzen

Richtig lagern bei Hitze

Arzneimittel und Medizinprodukte richtig lagern und aufbewahren

Cave Kühlschrank!

Wie die (Transport-)Temperatur die Stabilität von Arzneimitteln beeinflusst

Hitzefrei

Temperaturempfindliche Biologika heil ans Ziel bringen

Ei, ei, ei, ein Transportproblem

Lagerung und Transport von Arzneimitteln bei Hitze

Phagro: Temperaturvorgaben müssen auch von Versendern eingehalten werden

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.