Interpharm 2018

Überwältigende Evidenz für Statine

Berlin - 22.03.2018, 09:05 Uhr

Dr. Dietmar Trenk ist überzeugt vom Nutzen der Statine. (Foto: Schelbert / DAZ.online)

Dr. Dietmar Trenk ist überzeugt vom Nutzen der Statine. (Foto: Schelbert / DAZ.online)


„Alleskönner Statine“ oder „Der große Cholesterin-Schwindel“? Fachpresse und Laienpresse könnten nicht unterschiedlicherer Meinung sein. Wer hat Recht? Professor Dr. Dietmar Trenk vom Herzzentrum Bad Krotzingen vertritt eine klare Position: Pro Statin.

Die häufigste Todesursache in Deutschland ist laut Statistischem Bundesamt die chronisch ischämische Herzkrankheit, gefolgt von Myokardinfarkt und Herzinsuffizienz. Krebs rangiert erst an vierter Stelle. Das Lebenszeitrisiko für einen 40-jährigen Mann an KHK zu erkranken liegt bei etwa 50 Prozent, bei Frauen bei etwa 32 Prozent. Mit diesen Fakten startete Professor Trenk seinen Vortrag „Alleskönner Statine“ bei der diesjährigen Interpharm in Berlin. Der Apotheker, der auch Mitglied Arzneimittelkommission der Apotheker ist, verteidigt die Statin-Therapie. Davon, dass die Laienpresse immer wieder Statine als „bad guys“ verunglimpft, hält er nichts.

Weniger Herzinfarkte unter Statinen

„Die Evidenz für den Nutzen der Statine bei Koronarer Herzkrankheit ist überwältigend,“ sagt Trenk. Zahlreiche Studien an Hunderttausenden Patienten hätten mittlerweile die nahezu „lineare Korrelation der Höhe des Cholesterins und des Risiko einer KHK“ gezeigt. Trenk untermauert seine Aussage: „Eine Senkung des LDL-Cholesterins um 38,7 mg/d, senkt die Mortalität um 12 Prozent. Gemeinsam betrachtet nehmen Herzinfarkt und Schlaganfall um 21 Prozent ab“. Die Basis der Cholesterinsenkung bildeten nach wie vor die Statine.

Cholesterinsenkung nicht optimal umgesetzt

Dennoch: Trotz der guten Wirkstoffe, hapert es gewaltig am Therapieerfolg in Deutschland. Woran liegt das? Probleme bei der Statintherapie in der Praxis sieht Trenk bei Ärzten und Patienten. Deutschland ist wohl Simvastatin-Land. Simvastatin ist laut Trenk immer noch Leitsubstanz, mit einer maximaler Dosierung von 40 mg. Diese Dosierung reiche nicht aus, um beispielsweise bei Patienten mit hohem kardiovaskulären Risiko, LDL-Zielwerte kleiner 70 mg/dl zu erreichen, was in Deutschland gerade mal bei 12 Prozent dieser Patienten der Fall ist.

Wirksamer seien Atorvastin und Rosuvastatin. Nur mit diesen beiden Substanzen sei eine Cholesterin-Senkung um 50 Prozent des Ausgangswertes möglich. Allerdings auch nur – und hier kommt Trenk zum zweiten ärztlichen Problem – in ausreichender Dosierung. Für Rosuvastatin nennt Trenk 20 mg täglich und für Atorvastatin 40 bis 80 mg. Problematisch sei bei Simvastatin zusätzlich die CYP-basierten Wechselwirkungen und der hohe First-pass der Substanz.

LDL nicht im Zielbereich: Kombi Statin plus 

Welche Knackpunkte verhindern bei den Patienten eine effektive Cholesterinsenkung? Die Antwort ist hier recht einfach: die Adhärenz. So habe die Auswertung von US-amerikanischen Patientendaten ergeben, dass nach einem Myokardinfarkt nach zwei Jahren noch knapp 40 Prozent der Patienten ihr Statin nahmen.

Doch es gibt auch Patienten, die trotz guter Therapie ihre Zielwerte nicht erreichen. Für diese Patienten sei eine kombinierte Therapie beispielsweise Atorvastatin mit Ezetimib. 


Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Gegenmeinung

von Sauermann am 14.11.2019 um 9:33 Uhr

Auch einer 93 jahrige würde ich Atorvastatin geben .Ich kenne 100jahrige
Js

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Geringer Gewinn

von Reinhard Rodiger am 22.03.2018 um 22:01 Uhr

Wie immer, das ist interessengebunden.So eindeutig ist es nicht. Nach einer Literaturrecherche (Kristensen 2014/BMJ)
ergab sich ein überraschend geringer Gewinn an Überlebenszeit.Daher sollte bei Patienten mit Nebenwirkungen oder begrenzter Lebenserwartung das Aussetzen der Therapie berücksichtigt werden.
Bei kontroversen Themen sollte nicht nur eine Sicht vertreten werden, ohne jeden Hinweis.

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prozentuale Werte?

von Peter Bauer am 22.03.2018 um 10:19 Uhr

Leider habe ich den Vortrag nicht gehört,daher wäre es interessant zu wissen worauf sich diese "überwältigenden" prozentualen Werte beziehen.Es wäre weiterhin wesentlich aussagekräftiger sich nicht auf Prozente zu beziehen sondern auf eine absolute Menge,vielleicht pro 1000Patientenstunden?Auch wäre eine Unterscheidung zwischen Prohylaxe und einer Sekundärbehandlung nach einem Ereignis interessant.Ob die Evidenz dann immer noch so "überwältigend" und "eindrucksvoll" ist,kann man hier offen lassen.Wie gesagt ich habe den Vortrag nicht gehört und weiss nicht ,ob dies auch besprochen wurde.
Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht,dass ich nach einer dreimonatigen Pravastain 40mg-Einnahme einen vollkommenen Erschöpfungszustand hatte.Nicht müde,sondern erschöpft,so dass wirklich mein einziger Gedanke morgens beim Aufstehen noch war:"Wann kann ich mich wieder hinlegen?"Nur durch das zufällige Vergessen der Einnahme besserte sich mein Wohlbefinden schlagartig.Ich habe auch viele(!) Patienten ,die Statine einnehmen und über sehr große Müdigkeit klagen.Erst heute war eine 93jährige Patientin bei mir und löste ein Statin-Rezept ein.Kostenbeurteilung und Sinnhaftigkeit kann mag jeder selbst beurteilen.

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