Arzneimittel und Therapie

CSE-Hemmer: Neue Galenik bei Fluvastatin

Als medikamentöse Standardtherapie der Hyperlipidämien sind Statine unverzichtbar. Fünf Jahre nach seiner Markteinführung ist Fluvastatin (Cranoc, Locol) als erstes Statin in einer Retardform erhältlich, die hohe Plasmaspitzen vermeiden soll.

Aktives Transportsystem für Fluvastatin

Die Entdeckung eines aktiven Transportsystem in die Leberzelle ausschließlich für Fluvastatin führte zur Entwicklung einer neuen Arzneiform. Der Wirkstoff ist mit 80 mg pro Retardtablette in eine Gel-Matrix eingebettet und wird kontinuierlich in der Menge freigesetzt, die zur Sättigung der Transportpumpe benötigt wird. So erreicht man über 24 Stunden konstante Plasmaspiegel und vermeidet erhöhte Plasmakonzentrationen. Gefährlich sind vor allem hohe Plasmaspitzen, da sie direkt mit dem Risiko einer Rhabdomyolyse korrelieren.

Compliance steigt durch neue Galenik

Eine gepoolte Analyse von drei randomisierten, doppelblinden, multizentrischen Studien mit insgesamt 1674 Patienten verglich die Wirksamkeit und Verträglichkeit der 80 mg-Retardformulierung mit der 40 mg-Form. Mit einer Senkung des LDL-Choleste-rins um 36 Prozent nach vier Wochen wirkte die Retardform signifikant stärker als die Formulierung mit sofortiger Wirkstofffreisetzung, mit der eine Senkung um 26 Prozent erreicht werden konnte. Durch eine Erhöhung des HDL-Cholesterinspiegels um ca. acht Prozent bei beiden Formulierungen verbesserte sich der atherogene Index in allen Gruppen der Studien. Unterschiede in Bezug auf Nebenwirkungen wurden nicht festgestellt.

Ein großer Vorteil der Retardform liegt im patientenfreundlichen Einnahmemodus. Gerade in der Dauermedikation bei chronisch Kranken, multimorbiden und älteren Menschen stellt mangelnde Compliance die Hauptursache versagender Arzneitherapie dar. Studien zeigten, dass die einmal tägliche Einnahme vor dem Schlafengehen am seltensten vergessen wird. Die neue Fluvastatin-Retardtablette bewirkt in diesem Einnahmemodus eine konstante Cholesterinsenkung über 24 Stunden.

Risiko Rhabdomyolyse

Für Fluvastatin, dass seit fünf Jahren auf dem Markt ist, gibt es die wenigsten Verdachtsmeldungen für eine Myolyse. Als einziges Statin ist es auch in Kombination mit Fibraten zugelassen. Diese Kombination aus CSE-Hemmer und Fibrinsäure-Derivaten hat sich als sehr effektiv bei der Behandlung der Hyperlipidämie erwiesen, allerdings wurden hierbei auch am häufigsten Nebenwirkungen beobachtet. Bei der Rhabdomyolyse lösen sich die Muskeln, vor allem an den Beinen, am Rücken und am Herz, auf. Die Abfallprodukte des zerstörten Muskelgewebes, vor allem das Myoglobin, gelangen in die Nieren und schädigen deren empfindliche Kanälchen - es kann zum Nierenversagen und im schlimmsten Fall zum Tod kommen. Der Urin ist rotbraun verfärbt, und bei der Laboruntersuchung ergeben sich sehr hohe Kreatinphosphokinase Werte. Wenn die Erkrankung schnell behandelt wird, ist die Prognose relativ gut. Bei einem akuten Nierenversagen ist eine sofortige Dialyse notwendig, damit sich die Nieren wieder erholen können. Durch regelmäßige Bestimmung der Kreatinphosphokinase und sofortiges Absetzen des Statins bei deren Anstieg über die kritische Grenze kann die Rhabdomyolyse vermieden werden.

Statine - Mittel der Wahl zur Cholesterinsenkung

Dauerhaft erhöhte Blutfettwerte führen zu Atherosklerose, die für die Hälfte aller Todesfälle in der westlichen Welt verantwortlich ist. Als medikamentöse Standardtherapie der Hyperlipidämien sind Statine unverzichtbar. Wenn Änderungen in der Ernährung und Lebensweise nicht ausreichen, die Cholesterinwerte zu normalisieren, ist die medikamentöse Therapie mit einem Statin heute das Mittel der Wahl.

Die Ergebnisse prospektiv angelegter Interventionsstudien belegen, dass es sich bei der lipidsenkenden Therapie um ein empirisch abgesichertes Prinzip in der Vorbeugung und Behandlung der Atherosklerose handelt.

Sechs verschiedene Statine stehen derzeit in Deutschland zur Verfügung: Atorvastatin, Cerivastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin und Simvastatin. Sie unterscheiden sich in ihrer Wirkstärke, dem Interaktionspotenzial mit anderen Arzneimitteln und Nahrungsmitteln und in ihrer Pharmakokinetik. Auch die antiproliferative Wirkung auf glatte Muskelzellen, die Verbesserung der Endothelzellfunktion, antithrombotische, antioxidative Effekte und die Entzündungshemmung sind unterschiedlich stark ausgeprägt.

Individuelles Risikoprofil des Patienten entscheidend

Die Effizienz der medikamentösen Behandlung steigt, je höher das individuelle Risiko für ein schwerwiegendes koronares Ereignis ist. Fachgesellschaften empfehlen eine lipidsenkende Therapie, wenn das Risiko, in den nächsten fünf Jahren ein schwerwiegendes koronares Ereignis zu erleiden, zehn Prozent und mehr beträgt. Ein wichtiges Kriterium ist der Quotient aus HDL-und LDL-Cholesterinwerten. So liegt bei einem Verhältnis dieser Cholesterinfraktionen zwischen drei bis fünf ein mittleres Risiko, oberhalb von fünf ein hohes Risiko vor. Das globale Risiko des Patienten lässt sich aber aus Cholesterinwerten allein nicht ableiten. Vielmehr muss die Gesamtzahl zusätzlicher Risikofaktoren wie Typ-2 Diabetes, Hypertonie, Adipositas, Nicotinabusus oder das Auftreten koronarer Herzkrankheiten in der Familienanamnese berücksichtigt werden. Für Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie ist die Wahrscheinlichkeit, einen Herzinfarkt zu erleiden, zehnfach erhöht.

Auch Typ-2 Diabetiker mit klinisch unauffälligen Cholesterinwerten haben das gleiche Risiko eines schweren koronaren Ereignisses wie ein Nichtdiabetiker nach einem Herzinfarkt. Gerade für diese Hochrisikopatienten zeigten mehrere Studien eine signifikante Reduktion der Mortalität durch Statineinnahme. Trotzdem wird in Deutschland nur ca. ein Drittel der gefährdeten Personen mit Lipidsenkern behandelt. Eine Ursache liegt in der oft unzureichenden Diagnostik. Schätzungen gehen in Industrienationen von 40 Prozent Typ-2 Diabetikern aus, die nichts von ihrer Stoffwechselstörung wissen.

Bei den koronar Erkrankten liegt der Anteil unerkannter Diabetiker sogar bei 60 Prozent. Auch die schlechte Compliance der Betroffenen, die meist keinen primären Leidensdruck verspüren, die zahlreichen Wechselwirkungen und relativ hohen Tagestherapiekosten beschränken den Einsatz der Statine.

Komplexe Auswahlkriterien für Statine

Vor der Entscheidung für einen lipidsenkenden Wirkstoff muss der Arzt die Zielwerte für LDL-Cholesterin, HDL-Cholesterin und Triglyceride festgelegen. Anschließend prüft er die Nierenfunktion und fahndet nach bereits vorhandenen Organschäden. Abschließend muss das Risiko von Arzneimittelinteraktionen durch Erfassung der Begleitmedikation geprüft werden.

Die einzelnen Statine unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Halbwertszeit, der Metabolisierung und Lipophilie beträchtlich, wobei Simvastatin als Prodrug eine Sonderstellung einnimmt. Alle Substanzen werden zum größeren Teil hepatisch eliminiert. Eine mögliche Elimination über die Niere wie bei Pravastatin verhindert einen kritischen Wirkstoffanstieg bei Überlastung des Cytochrom-P450-Systems der Leber. Arzneistoffe zur Behandlung der koronaren Herzkrankheit wie die Calciumantagonisten, aber auch Antidepressiva, Hormone und Sildenafil erhöhen durch ihre Metabolisierung über das CYP 3A4-Isoenzym die Plasmaspiegel mancher Statine. Fluvastatin wird zu 90 Prozent hepatisch eliminiert, nutzt hierzu aber das CYP 2C9-Isoenzym. Da dieses Enzym auch Ibuprofen metabolisiert, muss hier vor allem in der Selbstmedikation auf Interaktionen hingewiesen werden.

Kastentext: Risikofaktoren für ein schwerwiegendes koronares Ereignis

  • Mann Alter > 45 Jahre
  • Frau Alter > 55 Jahre
  • HDL-Cholesterin < 40 mg/ dl
  • Diabetes
  • Hypertonie
  • Familiäre Fettstoffwechselstörung

Quelle Prof. Dr. Herbert Schuster, Berlin, Priv.-Doz. Dr. Winfried März, Freiburg i. Br., Dr. Angelika Zscherpe, Leipzig, Presseworkshop "Cranoc 80 mg Retard", 20. November 2001, veranstaltet von Klinge Pharma GmbH, Fujisawa Gruppe, Berlin.

Statine sind bei der medikamentösen Standardtherapie der Hyperlipidämie nach wie vor unverzichtbar. Zur Vermeidung insbesondere von Plasmaspitzen, die direkt mit dem Risiko einer Rhabdomyolyse korrelieren, wurde jetzt eine Retardform von Fluvastatin entwickelt. Durch die kontinuierliche Wirkstofffreigabe der Fluvastatin-Retardtablette werden erhöhte Plasmakonzentrationen vermieden sowie eine konstante Cholesterinsenkung über 24 Stunden erreicht.

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