BfArM-Empfehlung

Paracetamol bleibt Mittel der Wahl in der Schwangerschaft

Berlin - 24.01.2018, 09:00 Uhr

Das OTC-Analgetikum Paracetamol in der Schwangerschaft steht unter wissenschaftlicher Beobachtung. Die bisherige Datenlage zur Beeinflussung der Kindesentwicklung bieten jeodoch keinen Anlass für eine Kontraindikation. (Bild: nd3000 stock.adobe.com)

Das OTC-Analgetikum Paracetamol in der Schwangerschaft steht unter wissenschaftlicher Beobachtung. Die bisherige Datenlage zur Beeinflussung der Kindesentwicklung bieten jeodoch keinen Anlass für eine Kontraindikation. (Bild: nd3000 stock.adobe.com)


Limitationen der schwedischen Kohortenstudie

Nach Ansicht von Prof. Dr. Christof Schaefer vom Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie an der Berliner Charité haben die Urinproben schon aufgrund des Messzeitpunktes nur eine bedingte Aussagekraft. „Ein Urintest zum Studieneintritt erlaubt keine Bewertung der Paracetamoleinnahme im gesamten vorangehenden Trimenon. Zur Ursachenforschung einer Sprachentwicklungsverzögerung müssen zahlreiche potentiell einflussnehmende Faktoren vor und nach Geburt berücksichtigt werden, was in dieser Studie offenbar nicht geschah“, erläutert der Leiter des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums. 

In ihrer Schlussfolgerung weisen die Autoren auf die insgesamt geringe statistische Power Ihrer Untersuchung hin und räumen ein, dass zur Bestätigung der Ergebnisse umfangreichere Daten vorliegen notwendig seien.

Dr. Wolfgang E. Paulus, Oberarzt und Leiter der Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie der Universitätsfrauenklinik Ulm teilt diese Einschätzung.  „Zunächst muss man festhalten, dass die vorliegende Studie angesichts der sehr begrenzten Fallzahlen nur für die höchsten Dosen von Paracetamol statistisch klare Aussagen über das Auftreten von Sprachverzögerungen zulässt. Für eine aussagekräftige Beurteilung der gesamten kognitiven Entwicklung wären größere Kollektive mit längeren Beobachtungszeiträumen hilfreich“, erklärt das außerordentliche Mitglied in der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft.

Paracetamol weiterhin für Schwangere erlaubt

Für das BfArM bilden die Ergebnisse der schwedischen Kohortenstudie keinen Anlass, die bisherige Empfehlung zur Anwendung von Paracetamol in der Schwangerschaft zu ändern. Aus Behördensicht ergänzen die vorliegenden Daten zwar den Stand der Wissenschaft, reichen jedoch nicht aus, um die Empfehlung von Paracetamol als Analgetikum der Wahl in der Schwangerschaft auszuschließen.

Das BfArM weist jedoch auf die sorgfältige Nutzen-Risikoabwägung beim Medikamenteneinsatz in der Schwangerschaft hin. „Wie alle Arzneimittel sollte Paracetamol in der Schwangerschaft nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung und wenn möglich nach Rücksprache mit einem Arzt angewendet werden. Ist die Einnahme von Paracetamol oder anderer Schmerzmittel in der Schwangerschaft aus medizinischer Sicht erforderlich, sollte die Einnahme mit der niedrigsten wirksamen Dosis und für die kürzeste Dauer erfolgen, die für die Behandlung der Schmerz- oder Fiebersymptomatik notwendig sind.“

Unter den rezeptfreien Schmerzmitteln steht für Schwangere neben Paracetamol noch Ibuprofen zur Verfügung. Allerdings darf Ibuprofen nur in den ersten beiden Schwangerschaftsdritteln angewendet werden.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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