Untersuchung

Fast jede zweite Schwangere nimmt Schmerzmittel ein 

Hamburg / Stuttgart - 16.11.2017, 09:15 Uhr

Auch während der Schwangerschaft kann es angezeigt sein, Paracetamol einzunehmen – aber nicht bedenkenlos und nicht gewohnheitsmäßig. (Foto: Valua Vitaly / stock.adobe.com)

Auch während der Schwangerschaft kann es angezeigt sein, Paracetamol einzunehmen – aber nicht bedenkenlos und nicht gewohnheitsmäßig. (Foto: Valua Vitaly / stock.adobe.com)


47 Prozent der Schwangeren nehmen Analgetika ein. Das hat eine Studie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf ergeben, in der seit mehreren Jahren untersucht wird, welche Faktoren während der Schwangerschaft Einfluss auf die langfristige Kindergesundheit haben können. Die Einnahme erfolgte wohl meist nur über einen kurzen Zeitraum und in geringer Dosierung. Dennoch warnen die Autoren vor unbedachter und gewohnheitsmäßiger Einnahme von Schmerzmitteln.

Paracetamol gilt neben Ibuprofen als das Schmerzmittel der Wahl in der Schwangerschaft – zumindest in den ersten zwei Dritteln. Mit Beginn des dritten Trimenons ist es dann unangefochten die Nummer eins. Denn NSAR sind dann kontraindiziert, weil sie zum vorzeitigen Verschluss des Ductus arteriosus Botalli beim Fetus führen können. Genaue Daten, wie viele Frauen tatsächlich in der Schwangerschaft zu Analgetika greifen, gab es bislang nicht. Das liegt unter anderem daran, dass die Einnahme zumeist in der Selbstmedikation erfolgt. Aktuelle Studien deuten jedoch ein erhöhtes Asthma-Risiko nach Paracetamol-Einnahme in der Schwangerschaft an. Daher war es dringend erforderlich, belastbare Daten zur Einnahme von Paracetamol während der Schwangerschaft vorzulegen“, erläutert Studienleiterin Dr. Anke Diemert aus der Klinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE).

Im Rahmen der PRINCE-Studie (Prenatal Determinants of Childrens Health) sollte daher untersucht werden, welche Faktoren während der Schwangerschaft Einfluss auf die langfristige Kindergesundheit haben können. Die Untersuchung läuft im UKE bereits seit einigen Jahren. Die aktuellen Ergebnisse sind im Journal „EBioMedicine“ erschienen, einer Kollaboration der renommierten wissenschaftlichen Magazine „The Lancet“ und „Cell Press“.

Einfluss auf die Stammzellen im Nabelschnurblut

Die schwangeren Teilnehmerinnen werden einmal pro Trimester unter anderem zu ihrer Schmerzmitteleinnahme befragt. Dabei werden genaue Daten zu Einnahmedauer und -dosis erhoben. Die Angaben von insgesamt 518 PRINCE-Teilnehmerinnen wurden ausgewertet. Demnach haben 47 Prozent der Schwangeren mindestens einmal während der Schwangerschaft zu einem Schmerzmittel gegriffen. Klarer Favorit war Paracetamol, für das sich 86 Prozent dieser Frauen entschieden hatten. Die Einnahmedauer war jedoch überwiegend kurz und die Dosis gering. 

Die aktuelle Studie zeigt zudem, dass die Anzahl der hämatopoetischen Stammzellen im Nabelschnurblut nach mütterlicher Paracetamol-Einnahme verringert ist, besonders wenn die Einnahme im dritten Trimester der Schwangerschaft erfolgte. Denn die Studienteilnehmerinnen, die im UKE entbunden haben, wurden außerdem um eine Nabelschnurblutprobe gebeten, sodass in einer Untergruppe der Zusammenhang zwischen Paracetamol-Einnahme und Anzahl der hämatopoetischen Stammzellen analysiert werden konnte. Eine Veränderung dieser Stammzellen kann sich auf die Differenzierung von Immunzellen auswirken, welche bei der Entstehung von Krankheiten wie zum Beispiel allergischem Asthma von Bedeutung sind. Welche Auswirkung die reduzierte Zahl dieser Stammzellen hat und wie sich das Immunsystem der Kinder weiter entwickelt, ist Gegenstand der aktuellen Forschung.

Autoren warnen vor unbedachtem Einsatz

Die Studienleiterin weist darauf hin, dass die Einnahme von Paracetamol während der Schwangerschaft bei Schmerzen und Fieber durchaus angezeigt sein kann. Kritisch seien lediglich Fälle zu sehen, in denen Paracetamol gewohnheitsmäßig und gegebenenfalls bedenkenlos eingenommen wird. Hier sollten mögliche Nebenwirkungen für das ungeborene Kind bedacht werden, erklärt sie. 


jb / DAZ.online
redaktion@daz.online


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