Beratungs-Quickie

Tamiflu gegen Grippe

Stuttgart - 09.02.2017, 12:30 Uhr

Ein früher Therapiebeginn ist für die Wirksamkeit von Neuraminidasehemmernn wie Tamiflu bei Grippe wichtig. (Foto: DAZ.online)

Ein früher Therapiebeginn ist für die Wirksamkeit von Neuraminidasehemmernn wie Tamiflu bei Grippe wichtig. (Foto: DAZ.online)


Beratungs-Basics

Tamiflu® enthält den Wirkstoff Oseltamivir. Dieser verhindert als Neuraminidaseinhibitor die Freisetzung neu assemblierter Viren von der Oberfläche der Wirtszelle. Nach ihrer Replikation binden die neuen Viren zunächst noch über ihr Oberflächenprotein Hämagglutinin an ihrer Wirtszelle. Normalerweise spaltet die Neuraminidase diese Bindung, setzt die neue Virus-Charge frei und führt so zur Verbreitung dieser in den Atemwegen. Unterbleibt – wie im Falle einer Therapie mit Oseltamivir – die Abspaltung, „kleben“ die Viruspartikel an dieser alten Wirtszelle und infizieren folglich keine weiteren Zellen. Das Enzym Neuraminidase findet sich sowohl auf der Oberfläche von Influenza A- als auch Influenza B-Viren.

Tamiflu® ist zugelassen zur Prophylaxe, zur Postexpositionsprophylaxe nach Kontakt mit einer infizierten Person und zur Therapie einer akuten Influenza. Die Dosierungen unterscheiden sich je nach Indikation. Frau Ute L. erhält das antivirale Arzneimittel gegen ihre akute Grippeinfektion. Sie arbeite ehrenamtlich im Krankenhaus und besuche dort Patienten, die ansonsten keinen Angehörigenbesuch erhielten, erklärt sie. Dabei habe sie sich offensichtlich angesteckt.

Zur Therapie der akuten Grippe nehmen Patienten zweimal täglich je eine Kapsel à 75 mg über einen Zeitraum von fünf Tagen. Der Apotheker weist die Patientin darauf hin, zwischen den einzelnen Gaben optimalerweise einen Abstand von zwölf Stunden einzuhalten, um die höchstmögliche kontinuierliche Versorgung mit Oseltamivir zu gewähren. Die Dosierungsempfehlungen gelten für Jugendliche ab einem Alter von 13 Jahren und einem Mindestgewicht von 40 kg.

Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen zählen zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen bei Tamiflu®-Einnahme. Darüber hinaus informiert Roche in der Fachinformation zu Tamiflu® über das Auftreten „neuropsychiatrischer Ereignisse“ – Sinnestäuschungen, Wahnvorstellungen, Delirium und Krampfanfälle. Diese könnten auch im Zusammenhang mit der Influenza-Erkrankung stehen, eine Kausalität sei bislang nicht bewiesen, heißt es in den informierenden Texten.

Tamiflu® verursacht wenig Wechselwirkungen. Oseltamivir hat eine schwache Proteinbindung von lediglich drei Prozent und wird CYP-unabhängig metabolisiert –  was zwei der dominierenden Wechselwirkungsfaktoren von vornherein ausschließt. Oseltamivir wird über anionische Transporter tubulär sezerniert und renal eliminiert. Hemmstoffe dieses Eliminationsweges können somit die Konzentration von Oseltamivir erhöhen. So führt das – bei Hyperurikämie eingesetzte – Probenecid, zu doppelten Wirkspiegeln an Tamiflu. 

Den Effekt, dass sich durch kombinierte Einnahme von Probenecid und Oseltamivir die Wirkspiegel des antiviralen Arzneimittels verdoppeln, zogen Wissenschaftler bereits 2005 im renommierten Magazin Nature als potenzielle Maßnahme bei Versorgungsengpässen mit Tamiflu® in Betracht. 



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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