Europa, Deine Apotheken – Dänemark

Landapotheken-Fonds, Light-Apotheken und Honorar-Budget

Berlin - 29.12.2016, 10:00 Uhr

Dänemark ist neben Deutschland eines der einzigen EU-Länder, in denen der volle Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel gilt. (Foto: DAZ.online)

Dänemark ist neben Deutschland eines der einzigen EU-Länder, in denen der volle Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel gilt. (Foto: DAZ.online)


Wie werden dänische Apotheker bezahlt?

Ähnlich wie das Ärztehonorar in Deutschland ist das Apothekenhonorar bei unseren dänischen Nachbarn gedeckelt: Alle zwei Jahre handeln der Dänische Apothekerverband und das Gesundheitsministerium ein Gesamtbudget für die Apotheker aus. Bei der Festlegung dieses Budgets spielt unter anderem die Entwicklung der Packungszahl eine große Rolle: Wurden in den Vorjahren mehr Packungen abgegeben, steigt das Budget im Folgejahr in der Regel. Außerdem wird vorausschauend berechnet, wie sich der Apothekenumsatz im Folgejahr entwickeln könnte. Innerhalb des festgelegten Budgets können die Apotheker ihre Leistungen frei abrechnen. Überschreiten die Apotheker mit ihren Abrechnungen diese Budgetgrenze, können sie nicht mehr den vollen Preis abrechnen. Grundsätzlich haben die Dänen ein ähnliches Preissystem wie wir: Es gibt eine Fixpauschale von umgerechnet etwa 3,10 Euro zuzüglich einer prozentualen Marge, die bei rund 9 Prozent des Apothekeneinkaufspreises liegt. Interessant ist auch, dass Dänemark neben Deutschland eines der einzigen EU-Länder ist, in denen der volle Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel gilt.

In Sachen pharmazeutischer Dienstleistungen kämpfen die dänischen Apotheker an einer ähnlichen Front wie Apothekenbesitzer hierzulande. In Dänemark dreht sich die Debatte insbesondere um die Möglichkeit, ohne Rezept zu dispensieren. Der Gesetzgeber hatte den Apothekern im oben angesprochenen Modernisierungsgesetz im vergangenen Jahr versprochen, zu prüfen, ob Apotheker bei gewissen Indikationen bestimmte Arzneimittel auch ohne Rezept abgeben dürfen. Der Apothekerverband kämpft weiterhin dafür, dass dieser Plan schnell umgesetzt wird, konkrete Aussichten gibt es aber noch nicht. Was das Modernisierungsgesetz allerdings schon jetzt mit sich gebracht hat, ist eine Medikationsberatung für Chroniker, für die die Apotheker eine Pauschale erhalten. In gewissen Indikationen dürfen Apotheker Patienten, die mehrere Arzneimittel gleichzeitig einnehmen diese Beratung anbieten.

Politischer Ausblick

Im Allgemeinen war das Modernisierungsgesetz eine große und wichtige Hürde für die Apotheker. Schon im Jahr 2011 hatte die damalige Regierung angekündigt, den Apothekenmarkt umstellen zu wollen und eine Expertenkommission damit beauftragt, auf Basis mehrerer bereits deregulierter Länder, ähnliche Verfahren auch für Dänemark zu prüfen. Schon zuvor hatte die dänische Drogeriekette Matas jahrelang für eine Öffnung des Apothekenmarktes lobbyiert. Matas gehört zu einem Finanzinvestor-Konzern und sah im Apothekenmarkt eine Chance. Die Drogeriekette drängt bis heute darauf, auch Arzneimittel verkaufen zu dürfen. Das von der Regierung in Auftrag gegebene Gutachten erschien ein Jahr später und machte den Apothekern nicht viel Hoffnung: Die Experten empfohlen eine komplette Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes.

Insofern ist es für die Pharmazeuten ein Erfolg, dass die Nachfolgeregierung diesen Empfehlungen nicht komplett gefolgt ist. Mit der Sieben-Filialen-Regelung hat sich der Markt aber trotzdem geändert (wie oben beschrieben). Hinzu kommen mehrere kleinere Regelungen, die der Apothekerverband im Nachhinein kritisierte. Beispielsweise wird der Ausgleichsfonds für kleine Apotheken bald nicht mehr für alle Standorte greifen. Bestimmte Filialen sollen kein Anrecht mehr auf die Auszahlungen haben, auch wenn sie die Umsatzgrenzen unterschreiten.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Aua

von Peter Lahr am 29.12.2016 um 11:39 Uhr

"in diesem Jahr liegt die Höhe dieser Abgabe für große Apotheken bei 3,6 Prozent des Umsatzes"

Das bedeutet wohl im Umkehrschluss, dass der Gewinn vor Steuern deutlich höher sein muss als in Deutschland. Wenn wir hier von unseren 6-7% ausgehen wären 3,8% in Deutschland nicht tragfähig, da es bedeuten würde, dass man mehr als die Hälfte des Gewinns solidarisieren müsste. Der Europavergleich ist interessant, jedoch wäre ein Vergleich der Gewinne, prozentual oder absolut (damit man auch mal einen Umsatzvergleich hat), von wirtschaftlicher Seite her zu begrüßen. Denn, nehmen wir mal die Optiker als Beispiel, so haben diese in Deutschland trotz Kettenkonkurrenz ca. 20% Gewinn vor Steuern. Eine Koexistenz ist also selbst mit Fielmann als Konkurrent unproblematisch. Wenn ich als Apotheker TROTZ Ketten und Vertikalisierung nur auf einigermaßen sichere 10% käme könnten meinetwegen auch Ketten in Deutschland kommen. Vom Habitus des Apothekers könnte man natürlich davon ausgehen, dass wir europaweit alle so naiv sind, dass ein Großteil der Selbstständigen für ein Einkommen auf Tarifhöhe oder darunter arbeiten geht wobei hier natürlich die Höhe des Tariflohns ausschlaggebend ist. Ergo wäre es schön, wenn ihr bei der Vorstellung der Länder den Tariflohn wie auch die prozentualen und absoluten Betriebsergebnisse vorstellen würdet. Denn, im vorgestellten Großbritannien welches seit jeher liberalisiert ist, kann ich mir nicht vorstellen, dass man sich dort ein Pharmaziestudium antut wenn danach wie bei uns als höchster, jemals zu erreichender Tariflohn, bloß 3600€ oder 3000 Pfund winken. Dann doch lieber die geistigen Fähigkeiten in einem BWL Studium einsetzen und ab in die City of London.

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