Gesundheitsminister a.D.

Was macht eigentlich.... Philipp Rösler?

Berlin - 31.08.2016, 12:00 Uhr

Philipp Rösler, da schon Bundeswirtschaftsminister,  stellt am 23.Oktoober 2013 in Berlin die Herbstprognose der Bundesregierung vor. (Foto: dpa)

Philipp Rösler, da schon Bundeswirtschaftsminister,  stellt am 23.Oktoober 2013 in Berlin die Herbstprognose der Bundesregierung vor. (Foto: dpa)


Apotheker erinnern sich noch gut an den früheren Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler, nicht nur wegen des Starts seines umstrittenen Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes. Der Liberale, der nicht plante, „demnächst nackt über die Friedrichstraße zu laufen“, arbeitet heute in leitender Position für das Weltwirtschaftsforum in der Schweiz. 

Philipp Rösler hat nach seinem Rücktritt als Parteivorsitzender Ende 2013 umgehend eine neue Wirkungsstätte beim Weltwirtschaftsforums (World Economic Forum, WEF) gefunden. Als Vorstand des Centre for Regional Strategies und Mitglied des Management Boards stehen weltpolitische Themen auf seiner Agenda. Die Stiftung mit Sitz im schweizerischen Cologny richtet hochkarätige Jahrestreffen in Davos aus. Sie wird von rund 1.000 Mitgliedsunternehmen finanziert. 

Gegenüber der FAZ erklärte Rösler, warum das WEF für ihn deutlich reizvoller ist als besser bezahlte Aufsichtsratsposten in der freien Wirtschaft: „Weil mich fasziniert, wofür das Forum steht: Wir bringen die führenden Köpfe aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft zusammen (...).“ Es geht um große Themen von Armut bis zum Klimaschutz. Wie hat sich seine Tätigkeit im Vergleich zum Ministeramt verändert? „Wir sind nicht Akteur, sondern Katalysator, bringen Menschen zusammen“, so Rösler. „Als Minister dagegen müssen Sie selbst die Dinge vorantreiben.“

Mehr Solidarität im Gesundheitswesen

Bei diesen Zitaten erinnern sich Apotheker an den Oktober 2009, als Philipp Rösler Bundesgesundheitsminister wurde. Er beerbte Ulla Schmidt (SPD), die von 2001 bis 2009 Deutschlands Gesundheitspolitik gelenkt hatte. Der promovierte Mediziner galt in Regierungskreisen als gute Partie. Er brachte Fachkompetenz mit, war jung und scheute sich auch nicht vor unpopulären Entscheidungen. So kritisierte er bei seiner Antrittsrede, im deutschen Gesundheitswesen gebe es zu wenig Solidarität. Bald darauf erarbeitete er ein Papier zum Thema. Kernpunkte waren eine Pauschale von 30 Euro sowie einkommensabhängige Beitragsgruppen für gesetzlich Versicherte. Dabei sollten Kapitalerträge aus Geldanlagen oder Immobilien ebenfalls berücksichtigt werden. Letztlich scheiterten Röslers Reformpläne am Widerstand der CSU.

Die Opposition warf ihm mangelnde Objektivität vor, als er Christian Weber zum Leiter der Abteilung für Grundsatzfragen machte. Weber war zuvor stellvertretender Direktor des Verbandes der privaten Krankenversicherungen (PKV). 

Rösler: Geburtshelfer des AMNOG

Deutlich mehr Erfolg hatte Philipp Rösler mit dem Arzneimittelsparpaket I Mitte 2010. Sein Ziel war, hohe Kosten bei Pharmaka ohne Festbetrag zu dämpfen. Plötzlich mussten Hersteller 16 statt zuvor sechs Prozent Abschlag berappen. Gleichzeitig griff ein Moratorium, das vorsah, Arzneimittelpreise auf dem Stand von August 2009 einzufrieren. 

Dem Liberalen unterlief jedoch ein handwerklicher Fehler. Er lockte Konzerne mit folgendem Bonbon: Freiwillige Preissenkungen sollten vom Herstellerabschlag abgezogen werden. Einige Firmen erhöhten kurzfristig ihre Preise, um sie bald darauf wieder zu senken. Durch diese „Preisschaukel“ sollen Rabatte um 16 Prozent geringer ausgefallen sein als geplant, analysierte das Bundesgesundheitsministerium. Kurz darauf wurde diese Lücke vom Gesetzgeber geschlossen.

Sawicki: Rösler als Sturzhelfer

Gleichzeitig verabschiedete die Bundesregierung ihr Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG). Selbst Kritiker hielt Rösler zu Gute, dass er die frühe Nutzenbewertung gegen starken Widerstand pharmazeutischer Hersteller durchgesetzt hatte.

Andererseits hatte er als niedersächsischer Wirtschaftsminister im Jahr 2009 eine Erklärung gegen das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) mit unterzeichnet. Auch seine Rolle bei der Demission von Ex-IQWiG-Chef Peter Sawicki ist bis heute nicht vollständig geklärt – Medien warfen ihm mangelnde Distanz zur Industrie vor. So schrieb das internationale Fachmagazin „Science“: „Under Fire From Pharma, Institute May Lose Its Director“. 

Krankenkassen kamen ebenfalls ungeschoren davon. Sie wurden in ihrer Möglichkeit, Rabattverträge abzuschließen, theoretisch beschnitten. Rösler machte klar, dass es durchaus kartellrechtliche Grenzen gebe. Bei bundesweiten Ausschreibungen hatte das Kartellamt aber keine Bedenken.  

Plante Rösler „demnächst nackt über die Friedrichstraße zu laufen“?

Weitere Maßnahmen zur Sanierung der Finanzen folgten. Anfang 2011 stieg der allgemeine beziehungsweise reduzierte GKV-Beitrag von 14,9 beziehungsweise 14,3 Prozent auf 15,5 beziehungsweise 14,9 Prozent. Rösler hob die Deckelung von Zusatzbeiträgen auf. Um sozial schwache Menschen nicht zu benachteiligen, etablierte er einen Sozialausgleich, falls Versicherte mehr als zwei Prozent ihres Bruttoeinkommens ausgeben müssten.

Krankenkassen hatten ebenfalls eine Kröte zu schlucken. Ihre Verwaltungskosten wurden zwischen 2011 und 2012 auf dem Wert von 2009 eingefroren.

Von der Gesundheit zur Wirtschaft

Trotz aller Erfolge ist das Bundesgesundheitsministerium bis heute nicht sonderlich beliebt. Nach seiner Wahl zum neuen Bundesparteivorsitzenden im Mai 2011 nutzte Philipp Rösler die Gunst der Stunde. Er folgte Rainer Brüderle (FDP) und wurde Bundesminister für Wirtschaft und Technologie. Als die Liberalen bei der Bundestagswahl 2013 an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterten, verlor Rösler seinen Ministerposten. Und mit den Worten „Es war mir eine Ehre, ihr Vorsitzender zu sein“ legte er sein Parteimandat nieder.

In einer seiner letzten Reden als Politiker klang auch Kritik durch. Wenn er locker ohne Jackett über die Friedrichstraße gehe, würde es in den Medien aus gut informierten Kreisen heißen, Rösler plane, „demnächst nackt über die Friedrichstraße zu laufen“. Bei seinen liberalen Parteikollegen kam der Witz nicht an – so wie Rösler selbst nie im politischen Berlin ankam. Er wohnte bis zuletzt in einer kleinen Mansardenwohnung neben dem Ministerium. Seine Familie, er ist verheiratet und hat Zwillingstöchter, blieb in Niedersachsen. In der Schweiz haben sie jetzt ihren gemeinsamen Lebensmittelpunkt gefunden. 



Michael van den Heuvel, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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