Zulassunsgempfehlung

HIV-Prophylaxe mit Truvada bald auch in der EU

Stuttgart - 22.07.2016, 17:30 Uhr

Positives Votum für die PrEP: Geht es nach dem CHMP geht Truvada in Zukunft auch zur Prophylaxe über den HV-Tisch deutscher Apotheken. (Foto: mbruxelle/Fotolia)

Positives Votum für die PrEP: Geht es nach dem CHMP geht Truvada in Zukunft auch zur Prophylaxe über den HV-Tisch deutscher Apotheken. (Foto: mbruxelle/Fotolia)


Risikoreicheres Sexualverhalten dank PrEP?

Trotz positiver Studienergebnisse ist die PrEP umstritten. Ein Kritikpunkt ist der hohe Preis: 30 Tabletten kosten derzeit über 800 Euro. Eine Modellrechnung ergab allerdings, dass für das Vereinigte Königreich (UK) eine gezielte PrEP ab dem Jahr 2016 bei Männern, die Sex mit Männern haben, mit Truvada® zum jetzigen Marktpreis kosteneffektiv sei. Auch Bedenken, dass PrEP zu einem risikoreicheren Sexualverhalten führt, das den Nutzen außerhalb von klinischen Studien am Ende kompensieren könnte, konnten bislang nicht bestätigt werden.

Bezahlbare Therapien für die Dritte Welt

Während sich die erste Welt Gedanken über die Kosten und Nutzen PreP macht, fehlt es in anderen Teilen der Welt an wirksamen Therapien. Darauf weisen die Ärzte ohne Grenzen im Zusammenhang mit der Welt-Aids-Konferenz hin. Für die Länder der Dritten Welt sind innovative Wirkstoffe schlicht nicht bezahlbar. Die Lage ist besonders kritisch bei Menschen, die gegen die gewöhnlichen HIV-Medikamente resistent sind und daher eine Behandlung mit Alternativen brauchen, heißt es in Meldung der deutschen Presseagentur.

Die Pharmaindustrie müsse Konkurrenz von Generika-Herstellern zulassen fordern die ÄoG anlässlich der Welt-Aids-Konferenz veröffentlichten Bericht. So sei der Preis für die älteren HIV-Arzneimittel seit 2014 erneut um ein Viertel gesunken, auf rund 100 Dollar (etwa 91 Euro) pro Jahr und Patient. Die zweite Behandlungsoption sei um 11 Prozent günstiger geworden, auf nunmehr 286 Dollar. Patienten mit Resistenzen gegen beide Kombinationen müssten jedoch auf die Medikamente der sogenannten dritten Therapielinie zurückgreifen. Diese kosten dem Bericht zufolge mindesten 1859 Dollar pro Jahr - zu viel für Gesundheitssysteme vieler ärmerer Länder.

Tenofovir

Tenofovir gehört zur Gruppe der nukleotidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NtRTI) und ist gegen HIV-1 und Hepatitis B wirksam. Eingesetzt wird es in Form des Tenofovirdisoproxilfumarats. Das Prodrug Tenofovirdisoproxil wird nach Resorption zum Nukleotid-Analogon Tenofovir, das strukturell dem Adenosinmonophosphat ähnelt, umgewandelt. Es hat einen dualen Wirkmechanismus: Nach Phosphorylierung zum Tenofovirdiphosphat blockiert es für die Virusreplikation essentielle Enzyme, die reverse Transkriptase beim HI-Virus, die DNA-Polymerase beim Hepatitis-B-Virus. Zudem wird es statt des natürlichen Substrats in die DNA eingebaut und führt zum Kettenabbruch. Tenofovir wird gemeinsam mit anderen Wirkstoffen zur im Rahmen einer antiretroviralen Kombinationstherapie zu Behandlung einer HIV-Infektion und zur PrEP (derzeit noch Off-Label) sowie zur Hepatitis-B-Behandlung eingesetzt. Handelsnamen: Viread® (in Kombination mit anderen Substanzen: Atripla®, Eviplera®, Stribild®, Truvada®) 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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4 Kommentare

Dieser Kommentar wurde von der Redaktion aufgrund eines Verstoßes gegen die allgemeinen Verhaltensregeln gelöscht.
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Prep für alle gegen Preis-Deal

von PREP-for all am 23.07.2016 um 19:49 Uhr

Könnten die Kassen in Deutschland die PREP zulassen, wenn GILEAD im Gegenzug den Preis massiv senkt? Die Kassenzulassung für millionen promisk lebende hetero- und homosexuelle würde der Firma entsprechend Einnahmen sichern. Wenn das Medikament weiterhin nur für positive Patienten gezahlt wird, und der Preis bei 800 Euro bleibt, wird Truvada ganz bestimmt nicht so schnell eine Alternative zum Kondom.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Es SOLL keine Alternative zum Kondom werden

von Christian Becker am 25.07.2016 um 7:39 Uhr

Das steht in dem Artikel nicht ausdrücklich drin, bei den Kollegen von der PZ wird aber darauf hingewiesen:
Truvada als PrEP soll zusammen mit Kondomen angewendet werden, nicht als Alternative dazu.
Kondome sind auch weiterhin DIE Maßnahme, um einer HIV-Infektion durch Geschlechtsverkehr vorzubeugen; zumal nur Kondome auch vor den ebenfalls sich auf dem Vormarsch befindlichen "normalen" SÜI wie Syphillis, Gonorrhoe etc. schützen.

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