Management

Die Rolle als Führungskraft

Warum Sie sich auf das Wesentliche fokussieren sollten

In der Rolle als Führungskraft angekommen, stellt sich für viele die Frage: „Was wird von mir erwartet?“ Eine Frage, die in den meisten Fällen auf die Erwartungen des Umfelds abzielt. Fachliches Können gehört in der Apotheke in jedem Fall dazu, alle weiteren Eigenschaften einer guten Führungskraft können aber durchaus „Geschmackssache“ sein und es ist fast unmöglich, jedem Wunsch zu entsprechen. Wer eine eigene Führungspersönlichkeit ent­wickeln möchte, sollte nicht vergessen, den Blick auch nach innen zu richten, um sich bei der Rollenentwicklung an den eigenen Erwartungen und Stärken zu orientieren.

Wenn wir kurz an die Größen der Politik, Wirtschaft oder Religion denken, fällt auf, dass diese Führungsrollen von ganz unterschiedlichen Persönlichkeiten ausgefüllt werden. Es gibt deutliche Unterschiede im Charakter, in der Kommunikation sowie den Kernbotschaften und dem Verhalten. Allen gemein ist, dass sie Massen von Menschen bewegen. Vielleicht gerade, weil ihre Persönlichkeit so deutlich erkennbar ist. Warum sollte dann nicht eine Führungskraft zunächst einmal ihre eigenen Erwartungen in den Mittelpunkt ihrer Rollenentwicklung stellen und ihre Persönlichkeit als Erstes in die Waagschale werfen, anstatt auf die Wünsche anderer zu hören? Denn die Erwartungen des Umfelds können vielseitig sein und im Widerspruch zur inneren Haltung der Führungskraft stehen, was möglicherweise zu Zerrissenheit und langfristig zu Demotivation und Leidenschafts­losigkeit führt.

Die eigene Persönlichkeit als Ausgangspunkt zu wählen, hört sich in der Theorie einfach an. In der Praxis ist es allerdings eher schwer zu benennen, wofür man selbst steht und was einen antreibt. Um dem auf die Schliche zu kommen, helfen verschiedene Impulse aus dem Führungskräftecoaching.

Die eigene Rolle definieren

Für die Ausgestaltung der Führungsrolle gibt es verschiedene Einflussfaktoren. Die Einhaltung vorgegebener Normen, in unserem Fall z. B. die Approbation oder die behördlichen Vorgaben, stellen ein unumgängliches Muss dar. Weitere Faktoren sind die Erwartungen des Umfelds und die eigenen Erwartungen. Der Glaube, die Erwartungen des Umfelds zu kennen, lässt Führungskräfte oft einen Weg einschlagen, der sich später als Sackgasse herausstellt. Wer sich auf die Suche nach dem eigenen Kern macht und lernt, diesen nach außen darzustellen, kann damit rechnen, authentischer zu wirken, stärker zu begeistern und weniger emotionalen Stress im Alltag zu haben. Auch die Positionierung gegenüber unpassenden oder überzogenen Erwartungen von außen fällt um ein Vielfaches leichter.

Auf der Suche nach der eigenen Persönlichkeit

Wenn Sie einer Führungskraft unvorbereitet die Frage stellen: „Sagen Sie mal, was ist denn so der Kern Ihrer Persönlichkeit?“, werden Sie sehr wahrscheinlich einen leeren Blick ernten. Vor dem Hintergrund einer neuen Rolle haben wir in den seltensten Fällen eine klare Vorstellung davon, was uns wirklich wichtig ist. Mit vertiefenden Fragen kann der Kern der Persönlichkeit Stück für Stück aufgedeckt werden.

  • Sind mir Werte in meinem Leben begegnet, auf die ich nicht verzichten kann?

Das eigene Wertesystem lässt sich selten verleugnen und ändert sich nur unter bestimmten Umständen, deswegen ergibt es Sinn, zu hinterfragen, welche Werte als entscheidend deklariert werden. Das können Freiheit, sowohl in zeit­licher als auch materieller Art, aber auch Ehrlichkeit, Nähe, Stadtleben oder viele andere sein. Wertesysteme sind individuell und ganz unterschiedlich angelegt.

  • Welches Ziel verfolge ich?

Eng mit den Werten verbunden können die Ziele sein, die ein Mensch verfolgt. Jemand, dem Geld ausgesprochen wichtig ist, wird sehr wahrscheinlich auch sein Handeln danach ausrichten und einen Beruf wählen, der ihm die Chance auf ein gefülltes Bankkonto bietet. Die Fragen „Warum bin ich hier? Was ist der Sinn speziell meines Lebens?“ sind vielleicht etwas zu hoch gegriffen, aber eine günstige weiterführende Frage wäre: „Welchen Sinn hat es, dass genau ich – und nicht jemand anders – in diesem Unternehmen Führungskraft bin?“ Denn Führungskraft zu sein, bedeutet nicht „Führen um der Führung willen“, vielmehr steckt meist ein persönliches Ziel dahinter, weit weg vom bloßen Geld verdienen.

  • Wie definiere ich Erfolg?

Wo für den einen schnelle Ergebnisse wichtig sind, ist für den anderen der Spaß auf dem Weg zum Ziel entscheidend, auch wenn das ggf. ein nicht ganz so gutes Ergebnis bedeutet. Erfolg wird unterschiedlich definiert. Gut zu wissen, was für einen selbst wichtig ist, um es später mit den Erfolgskriterien des Umfeldes abgleichen zu können. Auch die Momente im Leben, die uns stolz machen, sind in ganz besonderem Maß mit unserer Persönlichkeit verbunden. Denn es können Momente dabei sein, die wirklich nur uns und niemand anderem wichtig sind.

  • Wofür brennt mein Herz?

Um an gute Antworten zu kommen, sind unter Umständen kleine Umwege nötig. Ein Beispiel ist die Frage nach den Herzensthemen. Was wir gerne tun, können wir meist einfacher benennen als unsere Stärken. Beides hängt aber unmittelbar zusammen. Damit, was wir gerne tun, können wir uns länger beschäftigen, es fällt uns leicht, es fühlt sich nicht wie Arbeit an und wird dementsprechend auch schnell zu unserer Stärke.

  • Was würde ich tun, wenn ich eine Million Euro zur Ver­fügung hätte und nicht mehr arbeiten müsste?

Eine gute Kontrollfrage, um die ­vorangegangenen Antworten auf Gehalt zu prüfen. Nicht selten wird in diesem Moment der Abteilungsleiter einer Bank zum Motocross-Profi oder eine rationale Mathe­matikerin zur Besitzerin eines kleinen Vorstadt-Cafés. Im günstigsten Fall lassen sich – in Anbetracht der vorher genannten Ziele und Werte – Parallelen erkennen. Beim Banker vielleicht das Lebensgefühl „schneller, höher, weiter“ oder bei der Mathematikerin der Wunsch, (Geschäfts-)Zahlen mit Genuss zu verbinden. Finden sich aber selbst beim zweiten oder dritten Nachdenken keine Gemeinsamkeiten, dann könnte es sein, dass die derzeitige Tätigkeit sich unter Um­ständen nur schwer mit der eigenen Persönlichkeit verbinden lässt.

Foto: Jacob Lund – stock.adobe.com
Viele Führungskräfte wünschen sich, ihr Team besser mitreißen zu können. Das gelingt vor allem dann, wenn man selbst begeistert und dadurch authentisch ist.

Dafür stehe ich

Wenn die Führungskraft den Kern ihrer Persönlichkeit klar benennen kann, gilt es, diesen auch nach außen zu präsentieren. „Auf gar keinen Fall!“, wird der ein oder andere jetzt innerlich aufschreien: „Das macht uns doch angreifbar und lässt die nötige Distanz fehlen.“ „Persönlich“ bedeutet aber nicht „privat“. Wie bei einem gut gemachten Werbeflyer geht es nicht darum, alles zu offenbaren, sondern jene Alleinstellungsmerkmale hervorzuheben, die sich für eine gelungene Außenwirkung eignen. Zum Beispiel durch die Formulierung der eigenen Geschichte im Gegensatz zu anderen. Vielleicht gibt es sogar etwas, was für das Unternehmen von unschätzbarem Wert ist.

Verdichten lassen sich diese Ergebnisse bis hin zu einem Leit­gedanken, der sowohl die innere Haltung als auch das eigene Ziel darstellt. Wenn die Formulierung nah am eigenen Kern ist, wird sie wenig mit Zahlen, Daten oder Fakten zu tun haben, sondern mit einem mitreißenden Herzensthema. Wie würden Sie z. B. den Satz beenden: „Ich bin hier, um …“

Bei sehr kongruent wirkenden Menschen scheint auf diesen (inneren) Leitsatz alles abgestimmt zu sein. Ob Outfit, Kommunika­tion oder die Präsentation der eigenen Geschichte, alles zielt auf das ab, wofür dieser Mensch steht. Oder hatten Sie jemals Zweifel daran, was Martin Luther King in dieser Welt bewegen wollte?

Viele Führungskräfte wünschen sich, ihr Team besser mitreißen zu können. Über das zu sprechen, was einen selbst bewegt, und zwar im Einklang mit der inneren Haltung, kann ein Schlüssel zur Begeisterung anderer sein. Wir haben ein feines Gespür dafür, ob wir etwas „verkauft“ bekommen oder ob der Mensch, der vor uns steht, begeistert ist und dadurch eine leuchtende Ausstrahlung hat. Das reißt uns mit.


Zurück auf „Los“

Die Arbeit am eigenen Führungsprofil hört nicht auf. Auch wenn der Persönlichkeitskern der gleiche bleibt, gilt es doch immer wieder, z. B. durch Gespräche mit vertrauten Menschen, den Blick auf das Ich zu erweitern und sein Führungsverhalten zu verfeinern. Diese Reflexionsarbeit braucht Energie und ruhige Momente, am besten außerhalb des Tages­geschäftes. |

Anja Keck ist Fachapothekerin für Allgemeinpharmazie, Filialleiterin, Master-Coach (DGfC) und Systemische Beraterin, www.anjakeck.de

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