Arzneimittel und Therapie

Liegt es am Inhalator?

Von der Bedeutung der Persistenz und Adhärenz in der Therapie von Asthma und COPD

Obwohl die Therapien von Asthma und COPD sehr effektiv sind, wenden viele Patienten ihre Medikation nicht wie empfohlen an. Bisher wurde hauptsächlich die Adhärenz untersucht. Mittlerweile macht man sich verstärkt Gedanken über die Ursachen und Folgen eines eigenmächtigen Therapieabbruchs.

Es gibt ausreichend Evidenz dafür, dass gerade chronisch kranke Patienten ihre Therapie eigenständig und vorzeitig abbrechen. Dies gilt besonders für die Inhalationstherapie. Bei der Medikation mit Controllern (meist Glucocorticoide) kann es zu Abbruchraten von über 40% kommen [1]. Eine Studie zeigte, dass 59% von 5504 Patienten mit einer Erstverordnung über ein Controller-Device die Therapie abgebrochen und keine Wiederholungsverordnung eingelöst haben. Auch die Anzahl der Patienten, die eine Wiederholungsverordnung eingelöst haben, ist mit der Zeit gesunken: Nach zwölf Monaten wurden insgesamt nur noch 9% der Patienten behandelt [2].

Diese Zahlen lassen das Bewusstsein für die Bedeutung der Persistenz wachsen. Warum setzen so viele Patienten ihre Therapie eigenmächtig ab, und mit welchen Folgen muss gerechnet werden? Geringe Persistenzraten führen wahrscheinlich zu schlechteren Therapieergebnissen, darunter die Verschlimmerung der Erkrankung, eine verminderte Lebensqualität, Krankenhausaufenthalte, eine höhere Sterblichkeit und eine stärkere Belastung des Gesundheitssystems.

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Eine einfache Handhabung des Inhalators ist der Schlüssel zu einer guten Adhärenz und Persistenz bei der Therapie von Asthma und COPD.

Inhalatoren im Vergleich

Die Gründe für eine geringe Persistenz in der Therapie von Asthma und COPD sind sehr komplex und beinhalten das Fehlen von Symptomen, Handhabungsproblematik mit der Inhalationstechnik, Austausch durch Rabattartikel und fehlende Schulung des Patienten. Es gibt eine Vielzahl an Inhalationsgeräten auf dem Markt, die sich maßgeblich in der Handhabung unterscheiden. Der korrekte und regelmäßige Einsatz ist entscheidend für den Therapieerfolg.

Eine Studie mit Daten aus dem Therapiealltag (Real-World-Evidence) nahm sich dieser Fragestellung an und verglich die Inhalatoren Airflusal® For­spiro® und Seretide® Diskus® (in Deutschland unter dem Namen Viani® forte Diskus® im Handel) [5]. Beide Präparate enthalten die Controller-Medikation Salmeterol mit Fluticasonpropionat (FP). Die Studie war darauf ausgelegt, anhand von anonymisierten Abgabedaten aus deutschen Apotheken retrospektiv die Persistenzraten der beiden Produkte zu vergleichen. 11.744 Patienten wurden in eine Match-Pair-Analyse eingeschlossen, in der hinsichtlich Geschlecht, Alter und Monat des Behandlungsbeginns (um saisonale Effekte einzuschränken), aber nicht nach Krankheitsbild (Asthma oder COPD) oder Schweregrad der Erkrankung unterschieden wurde. Alle Patienten waren Erstanwender von Salmeterol/Fluticasonpropionat. Die Fortführung der Behandlung wurde über einen Zeitraum von zwölf Monaten analysiert.

Im Ergebnis zeigten Patienten mit Asthma oder COPD, die den Airflusal® Forspiro® Inhalator benutzten, eine doppelt so hohe Persistenzrate wie Patienten, die Viani® forte Diskus® anwendeten. Nach zwölf Monaten lag die Persistenzrate bei 22,9% gegenüber 10,5%.

Was ist der Unterschied?

Die Persistenz oder Beständigkeit bezieht sich auf die Fortsetzung der Behandlung während des verordneten Zeitraums und wird definiert als der Zeitraum vom Beginn bis zum Abbruch einer Therapie. Die Adhärenz (früher Compliance) bezeichnet dagegen das Ausmaß, zu dem das Verhalten einer Person hinsichtlich Medikamenteneinnahme, Diätbefolgung und/oder Lebensstiländerungen mit den vereinbarten Empfehlungen eines medizinischen Behandlers übereinstimmt. Es existiert keine Definition, die beide Begriffe zusammenfasst.

Beispiel: Die Inhalation eines Wirkstoffs soll zweimal täglich erfolgen. Bei einem Patienten, der stattdessen nur eine Inhalation pro Tag anwenden würde, läge zwar eine Persistenz der Behandlung vor, aber keine Adhärenz.

Limitationen der Studie

Anhand der Daten kann man zwar erkennen, wie häufig und wann der Patient seine Verordnung in der Apotheke eingelöst hat, allerdings geht nicht daraus hervor, ob und wie er sein Medikament tatsächlich benutzt hat. Somit können keine Rückschlüsse auf Endpunkte, wie Rückgang der Hospitalisierungsrate, Verbesserung der Asthmakontrolle, mit Blick auf die Persistenz gezogen werden. Weiterhin deckt die Datenbasis nur etwa 20% der deutschen Apotheken ab. Es könnte sein, dass ein Patient nach Studieneinschluss seine Verordnung in einer anderen Apotheke eingelöst hat, die nicht an der Analyse beteiligt war.

Es geht aus der Studie nicht klar hervor, ob eine Step-down-Therapie auf eine niedrigere Dosis des Viani® Diskus® (250/50 µg oder 100/50 µg) oder der Wechsel zu einem Dosieraerosol als Therapieabbruch definiert wurde. Die beiden niedriger dosierten Varianten wurden nicht ins Studiendesign einbezogen. Somit wären die Persistenzraten für den Diskus unterschätzt und ein korrekter Vergleich der beiden Inhalatoren nicht mehr möglich.

Inwieweit Rabattverträge eine Rolle gespielt haben, lässt sich nur noch schwer nachvollziehen. Sollte es aber zu einem Austausch der Inhalatoren auf ein anderes Produkt gekommen sein, sind die Persistenzdaten auch dann nicht mehr zu vergleichen.

Statement von GlaxoSmithKline (Viani® Diskus®)

GSK has been studying adherence with fluticasone/salmeterol fixed dose combination (FSC) among asthma and COPD patients for over a decade. Studies in asthma have found that both children and adults have more frequent prescription fill rates and increased medicine possession ratio with FSC compared to ICS (including FP) and salmeterol in separate inhalers [6]. GSK studies have evaluated the effect of increased adherence to FSC on asthma [7], and COPD [8] as well as, compared adherence and asthma outcomes with FSC to other ICS/LABA combinations [9] and ICS monotherapy [10].

We disagree with this interpretation as the study has multiple limitations in design, analytic technique, and interpretation that raise significant concerns about the reliability of the study conclusions that AirFluSal® Forspiro® patients were more likely to persist with treatment over 12 months compared with those using Seretide®(Viani® Diskus®).

Fazit

Obgleich diese retrospektive Datenbankanalyse einige Einschränkungen aufweist, wird klar, dass die Persistenz einer Behandlung für Erstverordnungen einer ICS/LABA-Kombination suboptimal ist. Um sowohl die Persistenz als auch die Adhärenz zu fördern, sollten immer eine Patientenschulung und die Auswahl eines geeigneten Devices mit kritischer Bewertung der Rabattverträge beachtet werden. Die Daten betonen den Bedarf für weitere Forschung, um das Persistenzverhalten von Patienten besser zu verstehen und Strategien zu entwickeln, um den noch immer inakzeptabel geringen Gesamtraten zu begegnen. |

Quellen

 [1] Vanelli M, et al. The role of patient inexperience in medication discontinuation: a retrospective analysis of medication nonpersistence in seven chronic illnesses. Clin Ther 2009;31:2628-2652

 [2] Bender BG, et al. Adherence and persistence with fluticasone propionate/salmeterol combination therapy. J Allergy Clin Immunol 2006;118:899-904

 [3] Cramer JA, et al. Medication compliance and persistence: terminology and definitions. Value Health 2008;11(1):44-47

 [4] Sabaté E, ed (2003). Adherence to long-term therapies: evidence for action (World Health Organization, Geneva, Switzerland). Reference Number: ISBN 92 4 154599 2 2003.

 [5] Bender B, et al. Comparative analysis of persistence to treatment amongstpatients with asthma or COPD receiving AirFluSal® Forspiro® or Seretide® Diskus® salmeterol/fluticasone proportionate combination therapy, J Allergy Clin Immunol Pract 2016;4(5):884-889

 [6] Stempel, 2006; Stempel, 2005; Stoloff, 2004; Delea, 2008.

 [7] Delea, 2008; Ismaila, 2014a.

 [8] Ismaila, 2014b.

 [9] Hagiwara, 2013.

[10] Delea, 2010; Hagiwara, 2014.

Apothekerin Ina Richling, PharmD

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