Recht

Die Abmahnung des Arbeitnehmers

Fehler können teuer werden!

Die Abmahnung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber ist sowohl eine wirksame Sanktion bei der Verletzung von arbeitsvertraglichen Pflichten als auch Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung. In der Praxis wird die Abmahnung jedoch oftmals formell fehlerhaft ausgesprochen oder falsch eingesetzt. Dies kann dazu führen, dass eine verhaltensbedingte Kündigung aufgrund der fehlerhaften Abmahnung unwirksam ist bzw. der Zweck der Abmahnung verfehlt wird.
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Warnstufe Gelb vom Arbeitgeber Die Abmahnung des Fehlverhaltens ­eines Arbeitnehmers ist für beide Seiten unangenehm, aber manchmal un­umgänglich. Und es gibt viele formalen Dinge zu beachten ...

Begriff und Abgrenzung von anderen Sanktionen

Mit der Abmahnung beanstandet der Arbeitgeber ein arbeitsvertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers (Rügefunktion), fordert den Arbeitnehmer zur Einstellung dieses Verhaltens auf und droht für den Fall eines weiteren gleichartigen Fehlverhaltens die Kündigung des Arbeitsverhältnisses an (Warnfunktion).

Abzugrenzen ist die Abmahnung von der bloßen Ermahnung. Bei der Ermahnung wird das Fehlverhalten des Arbeitnehmers schriftlich festgehalten und in die Personalakte übernommen. Bei der Ermahnung fehlt jedoch die Kündigungsandrohung, so dass sie als milderes Mittel zur Abmahnung aufgefasst werden kann.

Stellt der Arbeitgeber ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers fest, sollte er sich gut überlegen, welche arbeitsrechtliche Maßnahme er ergreift. Ist das Fehlverhalten nämlich durch eine Abmahnung sanktioniert, kann eben dieser konkrete Sachverhalt nicht auch noch für eine Kündigung herangezogen werden. Dieser konkrete Sachverhalt ist dann durch die erteilte Abmahnung „aufgebraucht“ worden.

Beispiel

Die auch für Botendienste eingeteilte Mitarbeiterin M hat trotz mehrmaliger Aufforderung wichtige eilbedürftige Arzneimittel nicht rechtzeitig ausgeliefert. Apotheker A erteilt M eine Abmahnung. Zwei Tage später kündigt A der M aufgrund dieses Vorfalls. Hier ist die Kündigung unwirksam, da das Fehlverhalten bereits durch eine ­Abmahnung „aufgebraucht“ wurde. Eine Kündigung wäre erst bei einem erneuten Fehlverhalten möglich.

Form und Inhalt der ­Abmahnung

Eine wirksame Abmahnung kann zwar auch mündlich erfolgen, der Arbeitgeber sollte jedoch aus ­Beweis- und Dokumentations­zwecken eine schriftliche Abmahnung erteilen.

Die Abmahnung besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen. Zunächst muss das Fehlverhalten des Arbeitnehmers in dem Schreiben möglichst genau und hinreichend bestimmt dokumentiert werden. Hierzu ist die Arbeitsvertragsverletzung mit der Angabe von allen relevanten Daten (Datum, Uhrzeit, Zeugen) im Detail zu beschreiben. Wird der Sachverhalt ungenau ­erfasst, droht die Abmahnung ­aufgrund mangelnder Bestimmtheit als unwirksam gewertet zu werden.

Auf die Dokumentation des Sachverhaltes folgt die Warnung des Arbeitnehmers, indem ihm deutlich vor Augen geführt wird, dass das abgemahnte Verhalten im Wiederholungsfall zu einer Kündigung führen wird (Warnfunktion). Dies muss sich aus der Formulierung des Abmahnungsschreibens eindeutig ergeben.

Oft werden mehrere Sachverhalte abgemahnt, etwa weil der Arbeitnehmer einerseits erneut zu spät gekommen ist, andererseits alkoholisiert zum Dienst erscheint. Wird in einem solchen Fall vor Gericht auch nur ein Teil der Abmahnung als unwirksam erachtet, hat dies die Unwirksamkeit der gesamten Abmahnung zur Folge. Der Arbeitgeber kann diese Gefahr umgehen, indem er jedes ­Vergehen gesondert abmahnt.

Die Abmahnung sollte schließlich nach einer Vertragspflichtverletzung des Arbeitnehmers möglichst zeitnah erfolgen. Zwar gibt es keine starre Frist, innerhalb derer die Abmahnung ausgesprochen werden muss, allerdings sollte die Abmahnung spätestens zwei Wochen nach dem (letzten) Fehlverhalten ausgesprochen werden. Wird mit der Abmahnung zu lange gewartet, kann dies dazu führen, dass sie nur noch eine schwache oder sogar keine Wirkung mehr entfaltet, wenn sich der Arbeitnehmer vor der Kündigung über eine gewisse Zeit vertragskonform verhält.

Rechtswirkung der ­Abmahnung

Eine wirksam erteilte Abmahnung ist, wenn das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung. Grundsätzlich reicht hierfür eine wirksame Abmahnung aus. Bei kleineren Pflichtverletzungen verlangen Arbeitsgerichte jedoch aufgrund des Verhältnismäßigkeitsprinzips, dass mehrere Abmahnungen ausgesprochen wurden. Andererseits können ­Abmahnungen auch zur leeren Drohung verkommen: Wird ein Arbeitnehmer zu oft ­abgemahnt, ohne dass Konsequenzen folgten, braucht er die Kündigungsdrohung nicht ernst zu nehmen.

Vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung kann eine Abmahnung entbehrlich sein, wenn es sich um eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung wie etwa eine Straftat handelt. Allerdings wird von der Rechtsprechung auch im Fall von schwerwiegenden Pflichtverletzungen eine vorherige Abmahnung gefordert, wenn das Fehlverhalten zu einem nur ge­ringen Schaden geführt hat und das Arbeitsverhältnis zuvor stets beanstandungsfrei verlaufen war.

Zu beachten ist, dass eine ver­haltensbedingte Kündigung nur dann auf eine Abmahnung gestützt werden kann, wenn es sich bei dem Abmahnungssachverhalt und dem Kündigungssachverhalt um gleichartige oder vergleich­bare Pflichtverstöße handelt.

Beispiel

PTA P hat bereits zwei Abmahnungen erhalten, weil sie ­Hygienevorschriften grob missachtet hat. Als P dann noch zu spät zur Arbeit erscheint, wird ihr gekündigt. Hier kann die Kündigung nicht auf die Abmahnungen gestützt werden, da es sich bei der Missachtung der Hygienevorschriften und dem Zuspätkommen um keine gleichartigen Pflichtverletzungen handelt. Es müsste somit erneut eine Abmahnung aufgrund des Zuspätkommens ausgesprochen werden, um sich auch für dieses Fehlverhalten eine Kündigungsmöglichkeit einzuräumen.

Eine erteilte Abmahnung wirkt circa zwei bis vier Jahre, abhängig von der Schwere der Pflichtverletzung. Nach diesem Zeitraum kann eine Kündigung nicht mehr auf die Abmahnung gestützt werden. Hat der Arbeit­nehmer nämlich nach erteilter Abmahnung sein Fehlverhalten nicht wiederholt, hat die Abmahnung ihren Zweck erfüllt. Sie wird durch Zeitablauf gegenstandslos.

Beispiel

PTA R hat 1986 eine Abmahnung wegen grober Unhöflichkeit gegenüber einem Kunden erhalten. Als R im Jahr 2005 erneut gegenüber einem Kunden ausfallend wird, kündigt Apotheker A der R aufgrund des neuen Fehlverhaltens. Allerdings kann die Abmahnung von 1986 nicht als Voraussetzung für die Kündigung herangezogen werden, da die Abmahnung nach so langer Zeit ihre Funktion als Kündigungsandrohung verloren hat.

Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitnehmers

Der Arbeitnehmer kann gegen die Abmahnung vorgehen. Eine erteilte Abmahnung wird zu den Personalakten genommen. Der Arbeitnehmer hat ein schutz­würdiges Interesse daran, dass eine unberechtigt erteilte Abmahnung wieder aus den Personal­akten entfernt wird. Er hat somit einen Entfernungsanspruch, den er auch gerichtlich durchsetzen kann.

Wenn der Arbeitnehmer Klage ­gegen die erteilte Abmahnung erhebt, muss der Arbeitgeber den Pflichtverstoß, der zur Abmahnung geführt hat, darlegen und beweisen. Für den Arbeitnehmer empfiehlt es sich deshalb, den ­Arbeitnehmer bei Erteilung der Abmahnung bestätigen zu lassen, dass sich der Sachverhalt, der zur Abmahnung geführt hat, so wie beschrieben ereignet hat.

Fazit

Bei einer Abmahnung sind viele formale Dinge zu beachten, damit sie auch als wirksame Kündigungsvoraussetzung herangezogen werden kann. Die Abmahnung ist jedoch auch ein wichtiges Mittel, um den Arbeitnehmer auf sein Fehlverhalten hinzuweisen, ohne dass eine Kündigung angestrebt wird. Daher sollte bei sich wiederholenden gleichartigen Pflichtverletzungen nicht allzu lange mit einer (schriftlichen) Abmahnung gewartet werden, da diese sehr häufig zu einer deutlichen Verbesserung der Situation führt.

Eine erteilte Abmahnung ist zudem ein wichtiges Signal für die übrigen Arbeitnehmer, die auch sehr genau darauf achten, wie der Arbeitgeber auf bestimmte Vertragspflichtverletzungen ­reagiert. |

Martin Wolf

Dipl.-Kfm. Martin Wolf, LL.M. ist Steuerberater und Partner bei der Fachkanzlei Dr. Schmidt und Partner mit Standorten in Koblenz, Dresden, Oberhausen und München. Sein Beratungsfokus liegt auf Unternehmensnachfolgen und Unternehmensbewertungen. | Martin.Wolf@dr-sup.de

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