Aus den Ländern

LOB – der Durchbruch

Die Leistungsorientierte Bezahlung (LOB) und der Arbeitsplatz Apotheke standen auf der Jahreshauptversammlung der Tarifgemeinschaft der Apothekenleiter Nordrhein (TGL) im Mittelpunkt. Die TGL-Vorsitzende, Dr. Heidrun Hoch, sprach im Zusammenhang vom Tarifvertrag zur LOB von einem "echten Durchbruch".
Dr. Heidrun Hoch, Vorsitzende der Tarifgemeinschaft der Apothekenleiter Nordrhein: "Wir sind keine Erfüllungsgehilfen von Krankenkassen, die uns immer mehr in die Rolle des Kaufmanns zwingen, den Heilberuf hingegen nicht angemessen honorieren." Foto: TGL

In ihrem Bericht ging die TGL-Vorsitzende auf aktuelle berufspolitische Probleme ein. Um ein angemessenes Honorar zu erhalten, werde man weiter kämpfen müssen. "Es stellt sich die Frage", so Hoch, "woran es liegt, dass Politik und Gesellschaft unsere Leistungen offenbar in ihrer Wertigkeit so unterschätzen." Möglicherweise habe sich auch bei unseren Forderungen zu lange nichts bewegt. Ein Versäumnis sei es gewesen, den Start der Umsetzung der Rabattverträge ohne vertragliche Vereinbarung an entsprechende Honorierung des Mehraufwands zu knüpfen. Die Standesorganisationen sollten aus den Fehlern lernen.

Ihr Appell an die ABDA: Für die Zukunft sei mehr Aufklärung und Transparenz in der Kommunikationsarbeit gefragt, ehrliche Information an Politik und Öffentlichkeit und vor allem "ein erlebbares Mehr" an Offenheit und Demokratie nach innen.

Beim Rückblick auf die Arbeit der TGL stellte Hoch vor allem die neue Gehaltstabelle heraus, mit der insbesondere die jüngeren Jahrgänge berücksichtigt werden. Der Durchbruch aber sei der Tarifvertrag zur Leistungsorientierten Bezahlung (LOB), der seit 1. Januar 2013 gültig ist. Mit diesem Konzept werden Gehälter, aufgesplittet in Pflicht- und Küranteile, abhängig vom Können erfolgs- bzw. ergebnisorientiert gezahlt. LOB fördere, so unterstrich Hoch, die eigenverantwortliche, selbstständige Arbeit und die Arbeitszufriedenheit.

Gehaltssituation: oft über Tarif

Mit der Gehaltssituation der Apothekenmitarbeiter im Tarifgebiet befasste sich die Steuerberaterin Dr. Barbara Petrick-Rump, Treuhand Hannover. Zum 1. September 2012 sei eine Anpassung der Tarifgehälter zwischen 48 und 150 Euro erfolgt. Wie ein Blick auf die Statistik zeige, werde bei den Bruttomonatsgehältern (West) durchschnittlich zwischen 6 und 12 Prozent über Tarif (bei Approbierten) gezahlt, abhängig von den Berufsjahren. Bei den PTAs liegt die übertarifliche Bezahlung bei etwa 6 Prozent. Über 80 Prozent der Approbierten erhalten, so die Statistik, ein übertarifliches Gehalt, bei den PTAs etwa 60 Prozent und bei den PKAs rund 65 Prozent. Bei Teilzeitkräften ist der Anteil über Tarif im Allgemeinen höher.

Der Anteil der Vollzeitarbeitsverhältnisse geht mit steigenden Berufsjahren zurück. Während im ersten Berufsjahr etwa 74 Prozent der Beschäftigten in Vollzeit beschäftigt sind, arbeiten ab dem 11. Berufsjahr und höher nur noch rund 20 Prozent Vollzeit.

Vertretung auf Honorarbasis?

Die aktuelle Frage, ob und inwieweit es zulässig ist, freie Mitarbeiter im Rahmen eines Honorarvertrags als Vertretung zu beschäftigen, griff TGL-Justiziar Carsten Vennemann auf. Die Entscheidung des Verfahrens vor dem Berufsgericht für Heilberufe in Bayern, wonach eine Vertretung grundsätzlich in einem Angestelltenverhältnis stattfinden müsse, wurde vor Kurzem aufgehoben. Mit der apothekenrechtlichen Beurteilung seien allerdings nicht die arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen ausgeräumt worden. Bei der Beschäftigung eines Vertreters auf Honorarbasis handele es sich um eine abhängige und damit sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, so Vennemann. Der Apothekenleiter haftet demnach für die Nachforderung nicht gezahlter Sozialversicherungsbeiträge, die in voller Höhe nachzuzahlen sind und im Nachhinein nicht vom bereits ausgeschiedenen Vertreter nachgefordert werden könnten. Der Sozialversicherungsträger kann den Nachforderungsanspruch für einen Zeitraum von bis vier Jahre beim Arbeitgeber geltend machen. Vennemann empfahl, die Vertretung des Apothekenleiters durch Abschluss eines besonders formulierten, befristeten Arbeitsvertrags zu regeln, Ein entsprechendes Arbeitsvertragsformular werde die TGL für ihre Mitglieder in Kürze auf ihrer Homepage anbieten.

Arbeitsplatz Apotheke

Die Podiumsdiskussion stand unter der Überschrift "Arbeitsplatz Apotheke zwischen Anspruch und Wirklichkeit – was wir können, was wir dürfen, was wir wollen", ein Thema, das viele Facetten hat und neben den Apothekenleitern und allen Mitarbeitern auch die Apotheke selbst und ihren Platz in unserer Gesellschaft tangiert. Fragen der Aufgabenverteilung in der Apotheke, der Tätigkeitsbereiche, der Honorierung spielen hier genauso eine Rolle wie der Ausblick auf den Apothekenarbeitsplatz der Zukunft.


Arbeitsplatz Apotheke Auf der TGL -Jahreshauptversammlung stand die Podiumsdiskussion unter der Überschrift "Arbeitsplatz Apotheke zwischen Anspruch und Wirklichkeit – was wir können, was wir dürfen, was wir wollen". Zu viel Bürokratie, zu wenig Heilberuf, kann das Fazit lauten. Es diskutierten (von links): Bettina Mecking, Hans-Joachim Krings-Grimm, Bernadette Linnertz, Heidrun Hoch, Thomas Preis, Max Breuer; Moderation: Peter Ditzel.
Foto: TGL

Dem Thema näherten sich unter der Moderation von Peter Ditzel, Herausgeber der DAZ, Max Breuer, angestellter Apotheker (Approbation 2012), Dr. Heidrun Hoch, Vorsitzende der TGL, Hans-Joachim Krings-Grimm, Apothekerverband Duisburg, Bernadette Linnertz, stellv. Vorsitzende des BVpta, Dr. Bettina Mecking, Justiziarin der Apothekerkammer Nordrhein, und Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein.

"Die 80-jährige Patientin, die vor einem am HV-Tisch steht und beraten werden möchte, interessiert sich nicht dafür, wo der Stickstoff und der Sauerstoff im Arzneimolekül sitzen", machte Max Breuer die Mängel der Ausbildung deutlich. Man sei im Studium nur im geringen Umfang für die Beratung in der Praxis ausgebildet worden, die Klinische Pharmazie habe dies nur in Ansätzen leisten können.

Bernadette Linnertz, selbst mit Herz und Seele gerne in der Apotheke, wie sie sagte, sieht sehr wohl auch die Kehrseite des Arbeitsplatzes Apotheke für eine PTA, die viele Tätigkeiten nur "unter Aufsicht" leisten dürfe. Sie selbst habe von ihrem Chef die Zustimmung nach der neuen Apothekenbetriebsordnung eingefordert, dass sie entsprechend ihren Kenntnissen beraten dürfe. Diese Berechtigung müsste sie bei einem Wechsel des Arbeitsplatzes allerdings erneut einfordern.

Thomas Preis stellte heraus, wie wichtig eine gute Betriebsatmosphäre ist. Dazu trage auch bei, dass die Mitarbeiter Verantwortung übernehmen können. Die schriftliche Festlegung der Kompetenzen nach der neuen ApBetrO begrüßte er.

In der Apotheke von Hans-Joachim Krings-Grimm sind die Verantwortlichkeiten im Rahmen eines QM-Systems geregelt. Da er in die Aufbauphase der leistungsorientierten Bezahlung (LOB-System) mit eingebunden war, konnte er hier schon Erfahrungen sammeln. Er habe sich selten so konstruktiv mit den Mitarbeitern ausgetauscht wie bei den Gesprächen im Rahmen von LOB. Er betonte, wie wichtig es ist, dass der Apotheker sich in der Sprache seines Patienten ausdrücken kann, denn "nur so habe ich die Chance, dass der Patient mich nicht als Schubladenzieher sieht, sondern Pharmazie erlebt".

LOB – nach den Erfahrungen von Heidrun Hoch kommt es sehr darauf an, dass man seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darüber gut informiert und sich den Zugang dazu gemeinsam erarbeitet. Die Leistungsmerkmale wurden gemeinsam mit den Vertretern der Mitarbeiter erarbeitet und im Tarifvertrag bestätigt. Sie garantieren ein hohes Maß an Transparenz und Fairness. Hoch bestätigte, dass die Mitarbeiter vor allem das persönliche Gespräch mit der Chefin, mit dem Chef, die Beurteilung der eigenen Leistung begrüßen und dies als Wertschätzung erfahren. "Es ist ein Motivationsschub", so Hoch, "der nicht nur über das Geld läuft." Mitarbeiter lassen sich so besser nach ihren Fähigkeiten einsetzen, sie erhalten das Gefühl, dass sie und ihre Fähigkeiten akzeptiert werden.

Eine leistungsorientierte Bezahlung könne auch er sich sehr gut vorstellen, so Breuer, sie sei allemal besser als eine Bezahlung nur nach Betriebszugehörigkeit. Man sollte allerdings darauf achten, wofür die Mehrentlohnung gewährt wird, so Bettina Mecking aus juristischer Sicht, es sollten Aktivitäten und Leistungen sein, die vor dem Hintergrund gesetzlicher Bestimmungen machbar sind.

Die Wirklichkeit des Arbeitsplatzes Apotheke wird von der Bürokratie beherrscht, wie in der Diskussion angesprochen wurde. Breuer räumte allerdings ein, dass beispielsweise die Rabattverträge für ihn hier nicht dazu gehören, "ich kenne das gar nicht anders" – im Gegensatz zur Einführung eines QMS, das auch er unter den Vorzeichen der Bürokratie sieht.

Überhaupt, so Krings-Grimm, habe die Bürokratie zugenommen, nicht nur durch QMS, sondern auch durch die Erfüllung der Rabattverträge und im Bereich der Rezepturen.

Änderungsbedarf am Arbeitsplatz Apotheke gibt es, betonte Linnertz. Beispielsweise beklagte sie die überbordende Dokumentation im Bereich der Rezepturen, die vom Leiter abgezeichnet werden müssten. Aus Sicht eines Juristen sind diese Vorgänge der Dokumentation und des Abzeichnens jedoch zur Absicherung wichtig, erwiderte Mecking. Dadurch werde aus ihrer Sicht die Kompetenz der PTA nicht infrage gestellt. Für Linnertz stellte sich die Frage, ob man einer PTA eine eigenständige Arbeit übertragen könne – aus ihrer Sicht sei das unter den heutigen Vorzeichen nicht möglich. Denn eine PTA arbeite nur unter Aufsicht eines Apothekers.

Weitgehend einig waren sich die Diskutanten bei der Frage, welcher Anspruch in Zukunft an den Arbeitsplatz Apotheke, an die Apotheke gestellt wird. Der Weg dürfte in Richtung Medikationsmanagement gehen, aber ohne die betriebswirtschaftlichen Herausforderungen zu ignorieren. Preis: "Wir werden neue Aufgaben übernehmen müssen." Vorschläge für neue Aufgaben und Dienstleistungen sollten allerdings, so Hoch, auch vonseiten der Apotheker kommen. "Wir sollten endlich tun dürfen, wofür wir ausgebildet sind. Wir sind keine Erfüllungsgehilfen von Krankenkassen, die uns immer mehr in die Rolle des Kaufmanns zwingen, den Heilberuf hingegen nicht angemessen honorieren", machte sie deutlich. Es habe sich eine problematische Abhängigkeit von Packungszahlen entwickelt. "Dabei darf es auch nicht weiter hingenommen werden, dass im Bereich Rezeptur und BtM-Abgabe der Zwang besteht, Geld mitzubringen statt zu verdienen." Über ein neues Honorierungssystem müsse nachgedacht werden. Hoch: "Es gilt, diese Herausforderung anzunehmen, und zwar jetzt!"


diz



DAZ 2013, Nr. 7, S. 71

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