Gesundheitspolitik

Landlust

Peter Ditzel

Szenario 2015: In dünn besiedelten Gebieten Deutschlands, in ländlichen Regionen haben zahlreiche Apotheken aufgrund der AMNOG-Belastungen schließen müssen. Patienten sind daher gezwungen, 30 km weit und mitunter noch weiter zu fahren, um die nächste Apotheke zu erreichen. Die Bundesregierung reagiert darauf mit dem Versorgungsstrukturgesetz II: Sie stellt 200 Mio. Euro zur Verfügung, um Apotheker in ländliche Regionen zu locken, um dort die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Landapotheken erhalten einen "Ba(h)r-Zuschlag" von 50 Cent auf das Apothekenhonorar von 8,10 Euro. Sie glauben nicht, dass dieses Szenario eintritt? Ich auch nicht.

Für die Ärzte ist dies dagegen schon heute Wirklichkeit geworden. Mit dem Versorgungsstrukturgesetz gegen den Ärztemangel ist ein Gesetz auf den Weg gebracht worden, das für diejenigen Ärzte und Zahnärzte insgesamt 320 Mio. Euro bereitstellt, die sich in unterversorgten Gebieten auf dem Land niederlassen. Eine feine Sache. Freilich, Landarzt zu sein, kann hart sein, hat aber durchaus positive Seiten und liegt im Trend von Landluft und Landlust. So kann es für den einen oder anderen Arzt nun durchaus verlockend sein, sich anlocken zu lassen. Kein Wunder, wenn Kritiker bereits von einem "Ärztebeglückungsgesetz" sprechen. Manche stellen sich sogar auf den Standpunkt, man dürfe die Ärzte nicht dafür belohnen, wenn sie es nicht schaffen, eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen.

Aber wie steht es eigentlich um die Unterversorgung mit Ärzten auf dem Lande? Hier räumt sogar der Minister ein, dass es aktuell keine Unterversorgung gebe. Das Problem dürfte vermutlich derzeit eher ein statistisches sein. Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung fehlen bundesweit 550 Praxen, die Zahl dürfte steigen, wenn Ärzte in Kürze in den Ruhestand gehen.

Und woher kommt das Geld zur Anlockung von Ärzten aufs Land? Mittelbar vielleicht aus den 93 Mio. Euro mehr an Zwangsrabatt (Erhöhung auf 2,05) den die Apotheken den Krankenkassen gewähren mussten? Vielleicht auch aus den Großhandelsabschlägen, die letztlich von den Apotheken zu zahlen sind?

Dabei hätte der Minister neben den Ausgaben für die Ärzte auch Einsparungen realisieren können, hätte er das ABDA/KBV-Papier mit ins Versorgungsstrukturgesetz gepackt. Es hätte ein innovativer Meilenstein in unserem Gesundheitswesen werden können.


Peter Ditzel



AZ 2011, Nr. 32-33, S. 1

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.