Kommentar

Abzocken beim Apotheker

Es sind zwar nur Eckpunkte einer Gesundheitsreform, doch sie verraten viel, in welche Richtung die Koalition im Bereich Apotheken und Arzneimittel denkt. Ganz deutlich wird: Es läuft darauf hinaus, dass die Apotheken erneut zur Kasse gebeten werden, im Klartext: Sie werden abgezockt. Da wird nicht lang gefackelt. 500 Mio. Euro sollen bei Arzneimitteln eingespart werden. Dazu denken sich die Politiker keine tiefsinnigen reformerischen Konzepte aus, wie der Apotheker vielleicht auf intelligente Art und Weise zu Einsparungen im Arzneimittelbereich beitragen kann. Nein, er soll - von Gesetzes wegen - Preisverhandlungen mit der Industrie führen, wie er verschreibungspflichtige Arzneimittel billiger - sprich mit Rabatt - einkaufen kann. Waren den Politikern noch bis vor wenigen Monaten Rabattgeschäfte ein Dorn im Auge, sollen sie jetzt gesetzlich festgeschrieben zu den Pflichten des Apothekers gehören. Damit die Rabatte dann auch den Kassen zugute kommen und ihn der Apotheker nicht selbst einstreicht, sollen diese Rabattgeschäfte den Kassen offen gelegt werden.

Das Perfide dabei ist: Der Apotheker ist quasi gezwungen, Preisnachlässe herauszuhandeln - sonst dürfen sich die Kassen die 500 Mio. Euro bei ihm holen - über eine Erhöhung des Zwangsrabatts (rein rechnerisch sind dies 23.000 Euro pro Apotheke). In anderen Kreisen würde man angesichts solcher Zwänge von Erpressung sprechen. Auf jeden Fall kommt das schon einer Nötigung zum Feilschen gleich. Stellen wir uns das Szenario vor: Was wäre, wenn die Industrie bei den erzwungenen Preisverhandlungen nicht mitspielt? Wenn sie gar nicht daran denkt, Rabatte einzuräumen? Abgesehen davon stehen solche Eckpunkte im Widerspruch zum AVWG - bisher dürfen die Hersteller nach Ansicht des Ministeriums ihren Herstellerabgabepreis nicht durch Rabatte unterschreiten.

Mich ärgert besonders, dass hier nicht die pharmazeutische Rolle des Apothekers gefragt ist, seine Arzneimittelkenntnisse. Warum kommt man zum Beispiel nicht auf die Idee, ein generelles Aut-idem zuzulassen? Warum traut man ihm nicht die Arzneimittelauswahl unter bestimmten pharmazeutischen und ökonomischen Kriterien zu? Warum fordert man den Apotheker nicht auf fachlichem Gebiet? Würden Fachfragen auch unter ökonomischen Gesichtspunkten entschieden, ließen sich hohe Einsparungen realisieren. Bleibt nur zu hoffen, dass diese hemdsärmelig gestrickten Eckpunkte durch Fachpolitiker (haben wir die?) korrigiert werden.

Peter Ditzel

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