Gesundheitspolitik

Patientencoaching statt Rabattverträge

DGbG beklagt fragwürdige Kosten-Nutzen-Relation

Berlin (ks). Die zahlreichen neuen Rabattverträge, die in Kürze vor allem auf AOK-Versicherte zukommen, werden nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für bürgerorientierte Gesundheitsversorgung (DGbG) e.V. die Arzneimittelversorgung erheblich beeinträchtigen. "Rabattverträge führen zur Verunsicherung der Patienten und gefährden deren Therapietreue" ließ die Gesellschaft vergangene Woche verlauten. Zudem erforderten die Verträge einen hohen Aufwand bei der Umsetzung.

Die DGbG verwies auf eine Studie der Apothekerverbände, wonach der organisatorische Mehraufwand im Zusammenhang mit den Rabattverträgen die Apotheken mit über 650 Mio. Euro pro Jahr belaste. Hinzu komme der zusätzliche Aufwand in den Arztpraxen (geschätzt auf bis zu 200 Mio. Euro) sowie die Kosten der Ausschreibungsverfahren bei den Herstellern und Krankenkassen. Demnach müssten die Kosten, die für die Umsetzung der Rabattverträge veranschlagt werden, auf nahezu eine Milliarde Euro geschätzt werden. Diesen Mehrkosten stünden aber nur etwa 500 Mio. Euro Einsparerwartungen des AOK-Bundesverbandes gegenüber. Auf alle gesetzlichen Krankenkassen hochgerechnet dürfte somit das Einsparpotenzial gleich oder geringer als die Kosten der Umsetzung sein, so die DGbG.

Mehrkosten durch verunsicherte Patienten

Doch die betroffenen Patienten zahlen unter Umständen einen höheren Preis: Die eingeschränkte Arzneimittelauswahl und rabattbedingte Umstellungen führten bei vielen Patienten zu Verunsicherung – mit der Folge, dass sich die ohnehin unzureichende Therapietreue weiter verschlechtere. Bei 31 Prozent der Patienten sei dies häufig, bei weiteren 38 Prozent immerhin gelegentlich der Fall, wie eine Studie der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein zu den Auswirkungen der Rabattverträge zeige. Diese "Non-Compliance-Kosten" werden auf 10 bis 15 Mrd. Euro pro Jahr geschätzt. Dazu gehören neben den Kosten für nicht eingenommene Arzneimittel und Therapieabbrüche in Höhe von ca. 2,3 Mrd. Euro unter anderem auch vermeidbare Krankenhausaufenthalte, Notfallaufnahmen durch Medikamentenverwechslungen und zusätzliche Arzt- und Apothekenbesuche. Um diesem Problem zu begegnen, fordert die DGbG Maßnahmen, die die Therapietreue der Patienten fördern (z. B. Patientencoaching). Ein solches Vorgehen sei "wesentlich intelligenter und nachhaltiger als Rabattverträge". Um Kosten zu begrenzen und dennoch mehr Transparenz und Wettbewerb zu ermöglichen, reiche das Instrument der Festpreise völlig aus.

Die DGbG bezeichnet sich selbst als pluralistischen Verein aus Leistungserbringern, Verbünden, Managementgesellschaften, Verbänden, Krankenkassen und Industrie. Ihr Präsident ist der Mediziner Prof. Dieter Adam, langjähriges Mitglied der Arzneimittelkommission der Ärzteschaft.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.