Arzneimittel und Therapie

Abatacept unterbindet die Aktivierung von T-Zellen

Einen bislang einzigartigen Wirkansatz verfolgt der Wirkstoff Abatacept (Orencia®) bei der rheumatoiden Arthritis. Er unterbindet die für die Aktivierung von T-Zellen notwendige Kostimulation und hemmt über diesen Weg die Progression der Gelenkdestruktion, wie aktuelle Studiendaten belegen.

Aktivierte T-Zellen spielen eine entscheidende Rolle bei der Unterhaltung einer chronisch entzündlichen Reaktion. Ein interessanter Ansatz besteht deshalb darin, die Aktivierung der Immunzellen zu unterbinden. Dass das Konzept aufgeht, belegen die vorliegenden Daten zum Wirkstoff Abatacept und speziell die jetzt beim Jahreskongress der Eular (European League for Rheumatism) in Paris vorgestellten Drei-Jahres-Daten der AIM-Studie (Abatacept in Inadequate responders to Methotrexat). Sie dokumentieren eine statistisch eindeutige, radiologisch gesicherte Hemmung der Progression struktureller Gelenkveränderungen unter dem Hemmer der T-Zell-Kostimulation.

In der Studie erhielten 433 Patienten mit moderater bis schwerer rheumatoider Arthritis, die auf eine Behandlung mit Methotrexat nicht ausreichend ansprachen, zunächst ein Jahr lang doppelblind randomisiert zusätzlich entweder 10 mg Abatacept alle vier Wochen oder Placebo. Bereits nach einem Jahr war ein deutlicher Vorteil in der Verumgruppe zu sehen, der sich in der sich anschließenden offenen Extensions-Studie noch verstärkte. In dieser Folgestudie wurde nach jeweils einem Jahr der Therapieerfolg per Röntgenuntersuchung der Hände und der Füße kontrolliert, wobei sich eine signifikante Hemmung der Gelenkdestruktion unter Abatacept ergab. Dies betraf die Scores zu der Gelenkspaltverengung wie auch der Gelenkläsionen. Die Zahl der Patienten, die keinerlei erkennbare Progression der Gelenkveränderungen aufwies, wurde dabei von Jahr zu Jahr größer.

Selektiver Kostimulationsmodulator

Abatacept ist ein Fusionsprotein aus der extrazellulären Domäne des humanen zytotoxischen T-Lymphozyten-Antigens-4 (CTLA-4), gebunden an einen modifizierten Fc-Teil des humanen Immunglobulins G1 (IG G1). Das Protein wird durch rekombinante DNA-Technologie aus Ovarialzellen des Chinesischen Hamsters gewonnen.

Abatacept moduliert selektiv eines der beiden kostimulatorischen Signale, die für die volle Aktivierung der CD28 exprimierenden T-Lymphozyten benötigt werden. Der wichtige kostimulatorische Signalweg beinhaltet die Bindung von CD80- und CD86-Molekülen auf der Oberfläche der antigenpräsentierenden Zellen an den CD28-Rezeptor auf den T-Lymphozyten. Abatacept hemmt diesen kostimulatorischen Signalweg selektiv, indem es spezifisch an CD80 und CD86 bindet. Als Folge kommt es unter einer Abatacept-Therapie zu einer dosisabhängigen Reduktion

  • der Serumspiegel von löslichem Interleukin-2-Rezeptor (einem Marker für die T-Lymphozyten-Aktivierung),

von Serum-Interleukin-6 (einem Produkt von aktivierten synovialen Makrophagen und fibroblastenähnlichen Synoviozyten bei der rheumatoiden Arthritis),

  • von Rheumafaktor (einem durch Plasmazellen gebildeten Autoantikörper) und
  • von C-reaktivem Protein (einem Akute-Phase-Reaktanten bei Entzündungen).

Darüber hinaus verringerten sich die Serumspiegel von Matrixmetalloproteinase-3, die Knorpelabbau und Gewebeveränderungen verursacht.

Die Experten setzen somit Hoffnungen darauf, durch das neuartige Wirkprinzip Patienten mit moderater bis schwerer rheumatoider Arthritis eine zusätzliche effektive Therapieoption anbieten zu können, bei der bereits auf Ebene der T-Zellen eine Modulation der Immunantwort mit antiinflammatorischer Zielrichtung erfolgt. Denn die T-Zellen brauchen zwei Signale, um voll aktiviert zu werden, wobei Abatacept, das zweite Signal, also die Kostimulation, blockiert.

Zum Weiterlesen

Selektiver Kostimulationsmodulator: Abatacept zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis


 

Neue Arzneimittel 2007, Nr. 8, S. 86 -90

 

Quelle

Prof. Dr. Michael Schiff, Denver; Prof. Dr. Paul Emery, Leeds: "A New Future for RA – Beyond Disease Control?”, Paris, 12. Juni 2008, veranstaltet von der Bristol-Myers Squibb GmbH & Co. KGaA, München.

 


Christine Vetter,
freie Medizinjournalistin

 

 

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