Arzneimittel und Therapie

Abatacept bei jugendlicher idiopathischer Arthritis

Einige Kinder mit juveniler idiopathischer Arthritis sprechen auf eine Behandlung mit Basistherapeutika (DMARDs, Disease modifying antirheumatic drugs) einschließlich der modernen TNF-Blocker nicht an oder vertragen diese nicht. Eine internationale Forschergruppe untersuchte daher nun erstmals den bei Erwachsenen bereits erfolgreich getesteten T-Zell-Kostimulationmodulator Abatacept (Orencia®) an Kindern, bei denen andere Therapieoptionen nicht erfolgreich waren.

Juvenile idiopathische Arthritis ist eine der häufigsten chronisch-rheumatischen Erkrankungen bei Kindern und somit eine ganz wesentliche Ursache verminderter Lebensqualität in der Kindheit. Häufig wird in dieser Indikation der Wirkstoff Methotrexat eingesetzt, der einen signifikanten klinischen Nutzen mit einem akzeptablen Nebenwirkungsprofil verbindet. Für Kinder, die nicht auf die Therapie mit Methotrexat ansprechen, ist die Behandlung mit TNF-Blockern eine Alternative. Für Patienten die auch auf die TNF-blockierenden Wirkstoffe nicht ansprechen oder diese nicht vertragen, steht mit der Modulation des kostimulatorischen Signals zur T-Zellaktivierung durch Abatacept eine weitere Therapieoption zur Verfügung: Zur vollständigen Antigen-induzierten T-Zellaktivierung sind zwei Signale nötig, die beide von Antigen-präsentierenden Zellen (APC) ausgehen. Das erste Signal besteht in der Interaktion des gebundenen Antigens mit einem T-Zellrezeptor, die T-Zellaktivierung erfolgt jedoch nur, wenn ein zweites sogenanntes kostimulatorisches Signal auftritt. Am besten untersucht ist das kostimulatorische Signal, das zustande kommt, wenn die auf der APC-Oberfläche lokalisierten CD80- und CD86-Molekülen an den CD28-Rezeptor der T-Zellen binden. Abatacept bindet an CD80/86 und moduliert damit selektiv das kostimulatorische Signal.

Auslassversuch soll Wirksamkeit belegen

Mit Hilfe eines speziellen Studiendesigns wurde nun erstmals auch an Kindern mit juveniler idiopathischer Arthritis die Wirksamkeit und Sicherheit von Abatacept untersucht. In die kontrollierte, randomisierte, doppelblinde Studie wurden 190 Patienten im Alter von sechs bis 17 Jahren eingeschlossen. Alle litten an juveniler idiopathischer Arthritis, wiesen mindestens fünf rheumatisch aktive Gelenke auf und hatten im Vorfeld auf mindestens ein Basistherapeutikum nicht angesprochen oder dieses nicht vertragen. In einer nicht verblindeten viermonatigen Einführungsphase erhielten alle Probanden einmal monatlich eine intravenöse Abatacept-Injektion von 10 mg/kg Körpergewicht. In der folgenden doppelblinden Auslassphase wurden 123 Responder randomisiert und erhielten für weitere sechs Monate alle 28 Tage entweder 10 mg/kg Abatacept oder Placebo. Der primäre Zielparameter war die Zeit bis zum Auftreten des nächsten arthritischen Schubs. Darüber hinaus wurde der ACR-Score (= Kriterienkatalog des American College of Rheumatology, basierend auf der Anzahl schmerzhafter Gelenke und subjektiver Patienteneinschätzung) zur Beurteilung der Krankheitsaktivität ermittelt.

Signifikante Reduktion der Rheumaschübe

Am Ende der unverblindeten Einführungsphase zeigten 65% der eingeschlossenen Probanden im ACR-Score eine Verbesserung von mindestens 30% (vordefinierte Responderschwelle). Während der sechsmonatigen Phase ohne Wirkstoff erlitten 53% der Probanden in der Placebo-Gruppe einen Rheumaschub, wohingegen es in der Abatacept-Gruppe nur 20% waren. 41 Probanden (zehn in der Verum- und 31 in der Placebo-Gruppe) brachen die Studie in der Auslassphase aufgrund mangelnder Wirksamkeit ab. Die mittlere Dauer bis zum Auftreten eines erneuten Schubs betrug in der Placebo-Gruppe sechs Monate, in der Verumgruppe lag die Fallzahl zu niedrig um eine statistisch abgesicherte Aussage zu treffen. Während der Entzugsphase traten bei 62% der Probanden in der Verumgruppe und bei 55% in der Kontrollgruppe Nebenwirkungen auf.

Wirksamkeit durch Studiendesign überbewertet?

Die Interpretation der Wirksamkeit auf der Basis dieses Designs ist nicht unumstritten. Einerseits biete ein Auslassversuch die Möglichkeit die Probanden von Anfang an mit Verum zu behandeln und die Zeit der Placebogabe zu reduzieren. Andererseits ist die Beweisführung der Sicherheit und Wirksamkeit schwierig, da anfänglich alle Probanden Verum erhalten und Non-Responder von der doppelblinden Entzugsphase ausgeschlossen werden. Damit kommt es zu einer Selektion von Probanden, die nicht aufgrund der eigentlichen Medikation sondern aufgrund eines Placeboeffektes positiv auf die Therapie reagieren und diese Response höchstwahrscheinlich auch in der zweiten Studienphase zeigen, unabhängig davon ob sie nun Placebo oder Verum erhalten. Die angelegten Maßstäbe (ACR-Score) zur Bewertung des Krankheitsverlaufes sind bei Studien mit Erwachsenen üblich, für Studien an Kindern ergeben sich aber Probleme. Insbesondere die in der Pädiatrie mit in den ACR-Score eingehende Einschätzung des Krankheitsverlaufs durch die Eltern ist einer Vielzahl von Störeinflüssen ausgesetzt. Die Kinder sind besonders bestrebt, den Hoffnungen und Erwartungen der Eltern zu entsprechen, die ihrerseits in besonderem Maße dazu neigen, an eine Verbesserung des Gesundheitszustandes ihrer Kinder zu glauben. Die genannten Faktoren führen möglicherweise zu einer Überbewertung der Wirksamkeit oder auch zu einer Unterschätzung der Verum-spezifischen Nebenwirkungen und können so das wahre Nutzen-/Risiko-Verhältnis verschleiern.

Übertragbarkeit von Ergebnissen kritisch betrachten

Zwar wurde die Wirksamkeit von Abatacept bereits in Studien an Erwachsenen mit rheumatoider Arthritis belegt, in denen durch eine Randomisierung aller Patienten vor Gabe der ersten Medikation auch der Placeboeffekt adäquat berücksichtigt wurde. Doch insgesamt ist die Übertragbarkeit von Erwachsenenstudien auf Kinder und Jugendliche aufgrund zahlreicher physiologischer und psychologischer Unterschiede eher kritisch zu betrachten. Auch müsste der im Kindesalter deutlich stärker ausgeprägten Placeboeffekt in angemessener Weise berücksichtigt werden.

 

Quelle
Ruperto N.; et al.: Abatacept in children with juvenile idiopathic arthritis: a randomised, double-blind, placebo-controlled withdrawal trial. Lancet 2008; 372: 383 – 91

 

Apotheker Dr. Andreas Ziegler

 

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