Arzneimittel und Therapie

Abatacept soll Beta-Zellen schützen

Durch den Kostimulations-Modulator Abatacept (Orencia®) kann das Fortschreiten eines frühen Diabetes verlangsamt werden. Eine differenzierte Bewertung dieses immunologischen Therapieansatzes ist derzeit noch nicht möglich. Ob Abatacept präventiv oder in Kombinationstherapien eingesetzt werden kann, müssen weitere Studien zeigen.

Die Pathogenese eines Typ-1-Diabetes ist mit T-Zell-vermittelten autoimmunologischen Vorgängen verbunden, die sich gegen die Insulin produzierenden Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse richten. Diese T-Zellen benötigen zu ihrer Aktivierung ein kostimulierendes Signal. Man hofft nun, durch die Unterdrückung dieser Kostimulation den weiteren Verlust von Beta-Zellen bei Patienten mit frisch diagnostiziertem Typ-1-Diabetes verhindern zu können. Autoimmunologische Therapieansätze mit Immunmodulatoren oder Antigenen wurden bereits in mehreren Studien untersucht. In einer US-amerikanischen Studie wurde zur Unterdrückung der Kostimulation der Wirkstoff Abatacept gewählt, der eine weitere T-Zell-Aktivierung verhindern und die Kostimulation modulieren kann.

Studie mit neu diagnostizierten Typ-1-Diabetikern

Für die multizentrische, randomisierte und doppelblinde Studie wurden 112 Patienten im Alter zwischen sechs und 45 Jahren ausgewählt, bei denen vor kurzem ein Typ-1-Diabetes festgestellt worden war. Sie wurden im Verhältnis 2: 1 (Verum zu Placebo) einer der folgenden Gruppen zugeteilt:

  • Verum-Gruppe (n = 77): Infusion mit Abatacept (10 mg/kg; max. 1000 mg) an den Tagen 1, 14, 28 und anschließend einmal monatlich über den Zeitraum von zwei Jahren.

  • Placebo-Gruppe (n = 35): Placebo-Infusion an den Tagen 1, 14, 28 und anschließend einmal monatlich über den Zeitraum von zwei Jahren.

Der primäre Studienendpunkt war die Blutkonzentrationen von C-Peptid nach einer Mahlzeit. C-Peptid fällt bei der Produktion von Insulin im Pankreas an und zeigt auf, ob und wie viel Insulin die Bauchspeicheldrüse noch selbstständig produziert und ins Blut ausschüttet, ist also ein Maß für die Funktionsfähigkeit der Beta-Zellen.

Kein Aufhalten der Erkrankung, aber Zeitgewinn

Die Abatacept-Injektionen führten in den ersten sechs Monaten zu einer deutlichen Verbesserung des Funktionserhalts der Betazellen, gemessen anhand der C-Peptidwerte. Die bereinigten C-Peptidwerte lagen nach zwei Jahren bei den Probanden der Verum-Gruppe um 59% höher als bei den Patienten der Placebo-Gruppe. Dieser Unterschied wurde bereits in den ersten sechs Monaten der Behandlung erreicht. Dann wurde in beiden Gruppen eine vergleichbare Abnahme der funktionierenden Beta-Zellmassen festgestellt. Die Zerstörung der Betazellen wurde also nicht aufgehalten, aber um durchschnittlich 9,6 Monate hinausgezögert.

Fazit der Autoren

Die festgestellte Verlangsamung des Krankheitsverlaufs lässt vermuten, dass die T-Zellaktivierung zum Zeitpunkt der klinischen Diagnose eines Typ 1 Diabetes weiterhin stattfindet. Es scheint aber dass die T-Zellaktivierung mit der Zeit nachlässt, da trotz kontinuierlicher Verabreichung von Abatacept über zwei Jahre hinweg der Rückgang der Beta-Zellfunktion unter Abatacept nach sechs Monaten Behandlung parallel zur Placebo-Therapie verlief. Weitere Beobachtungen müssen zeigen, ob der mit Abatacept erzielte Benefit – eine Verzögerung der Erkrankung – auch langfristig erhalten bleibt.


Abatacept hemmt die Aktivierung der T-Lymphozyten


Abatacept ist ein gentechnisch hergestelltes Fusionsprotein aus dem humanen zytotoxischen T-Lymphozyten-Antigen-4 (CTLA-4), das an einen modifizierten Fc-Teil des humanen Immunglobulins G1 gebunden ist. Abatacept moduliert selektiv ein wichtiges kostimulatorisches Signal, das zur vollständigen Aktivierung der T-Lymphozyten benötigt wird. Seine immunmodulierende Wirkung und seine hemmenden Effekte auf T-Zellen wird folgendermaßen erklärt: Die Aktivierung der T-Lymphozyten benötigt zwei Signale: Das Erkennen eines spezifischen Antigens durch einen T-Zell-Rezeptor sowie ein kostimulatorisches Signal. Ein wichtiger kostimulatorischer Signalweg besteht aus der Bindung von CD80- und CD86-Molekülen auf der Oberfläche der antigenpräsentierenden Zellen an den CD28-Rezeptor auf den T-Lymphozyten. Abatacept hemmt diesen kostimulatorischen Signalweg selektiv, indem es spezifisch an CD80 und CD86 bindet. In der Folge werden Aktivierung und Proliferation von T-Lymphozyten gehemmt.

In Deutschland ist Abatacept (Orencia®) in Kombination mit Methotrexat für die Therapie der mäßigen bis schweren rheumatoiden Arthritis bei Erwachsenen und zur Behandlung der mäßigen bis schweren polyartikulären juvenilen idiopathischen Arthritis im Handel.


Quelle

Orban T., et al.: Co-stimulation modulation with abatacept in patients with recent-onset type 1 diabetes: a randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet 378, 412-419 (2011)


Apothekerin Dr. Petra Jungmayr



DAZ 2011, Nr. 40, S. 48

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