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Gezielte Behandlung verspricht Erfolg

Welches sind die häufigsten Erreger einer Harnwegsinfektion? Muss jede bakterielle Infektion behandelt werden? Wie werden spezielle Patientengruppen therapiert und welche antibakteriellen Substanzen sollten eingesetzt werden? Mit diesen Fragen befasste sich die Krankenhausapothekerin Ulrike Teerling, Paderborn.

Unkomplizierte Harnwegsinfektionen sind in den meisten Fällen auf Escherichia coli, Enterobakterien und Staphylokokken zurückzuführen. Doch nicht jede nachgewiesene Bakteriurie ist behandlungsbedürftig. Bleiben klinische Symptome wie Dysurie, Pollakisurie (häufiger und/oder imperativer Harndrang), Fieber oder Schmerzen bei ansonsten gesunden erwachsenen Patienten aus, ist – falls keine Gravidität vorliegt und falls keine urologischen Eingriffe vorgesehen sind – keine medikamentöse Therapie angezeigt. Antibakterielle Therapien sind bei einer Zystitis, bei komplizierten Harnwegsinfekten, rezidivierenden Infekten sowie bei Erkrankungen im Kindesalter angezeigt.

Zystitis: empirische Therapie

Bei einer Zystitis, von der vor allem junge Frauen betroffen sind, weisen die klinischen Symptome auf die Erkrankung hin. Der Nachweis von Nitrit und Leukozyten mittels Teststreifen reicht in mehr als 90% aller Fälle zur korrekten Diagnosestellung aus. Die Therapie ist empirisch. Da nur der Hohlraum der Blase infiziert ist, müssen keine Gewebespiegel erzielt werden. Mittel der Wahl sind das nebenwirkungsarme Trimethoprim oder Co-trimoxazol (sofern keine regionalen Resistenzen vorliegen). Alternativ können Fluorchinolone (cave wegen steigender Resistenzen), Fosfomycin (als einmalige Dosis bei Frauen im Alter von 12 bis 65 Jahren) oder Cephalosporine wie Cefpodoxim oder Ceftibuten eingesetzt werden. Die Gabe von Nitrofurantoin ist aufgrund von Kontraindikationen wie Polyneuropathien und Nierenschäden kritisch zu bewerten und kommt nur für einen eher kleinen Patientenkreis infrage. Die Therapiedauer der Zystitis beträgt bei Co-trimoxazol in der Regel drei Tage, bei Trimethoprim und Nitrofurantoin fünf bis sieben Tage. Eine längere Behandlung (sieben bis zehn Tage) ist bei Diabetikern, Schwangeren, Männern oder Frauen in der Postmenopause erforderlich.

Rezidivierende Infektionen

Bei rezidivierenden Harnwegsinfektionen kommen neben unterstützenden Maßnahmen auch medikamentöse Interventionen infrage, unter anderem

  • eine niedrig dosierte Langzeitprophylaxe,
  • eine postkoitale Prophylaxe und
  • die patienteninitiierte Bedarfsbehandlung.

Die Wirksamkeit von Preiselbeerextrakten oder Säften beruht auf ihrem Gehalt an Proanthocyanidin und Fructose, die eine Adhäsion von E. coli an der Urothelzelle verhindern. Einem Cochrane-Review zufolge führt der regelmäßige Konsum von 50 ml Preiselbeersaft zu einer signifikanten Abnahme der Rezidivrate. Allerdings waren die Abbruchraten hoch, und die Signifikanz konnte nicht für ältere oder katheterisierte Teilnehmer gezeigt werden. Über die optimale Dosierung und die Art der Applikation (Saft oder Kapseln) liegen noch keine zuverlässigen Daten vor. Teerling wies darauf hin, dass Preiselbeerpräparate nicht gleichzeitig mit Warfarin eingenommen werden sollten und unter der Therapie der Oxalatspiegel im Urin ansteigen kann.


Nicht-medikamentöse Rezidivprophylaxe

  • viel trinken
  • Blase regelmäßig und vollständig entleeren
  • Miktion nach sexuellen Kontakten
  • keine übertriebene Hygiene im Genitalbereich
  • eventuell Wechsel der kontrazeptiven Methode
  • Wärmeapplikation bei Schmerzen
  • Unterkühlung vermeiden

Komplizierte Harnwegsinfektionen

Bei komplizierten Harnwegsinfektionen oder Nierenbeckenentzündung, bei denen zusätzlich Enterokokken eine Rolle spielen, ist in leichteren Fällen während sieben bis 14 Tagen eine empirische Therapie möglich. Bei schweren Infektionen sollte sich die Behandlung nach dem Antibiogramm richten. Mittel der Wahl sind Ciprofloxacin oder Levofloxacin, alternativ können Co-trimoxazol (bei sensiblen Erregern), Cefpodoxim, Ceftibuten und bei initial grampositiven Erregern Aminopenicillin plus Beta-Lactamasen-Inhibitor gegeben werden.

In der Schwangerschaft muss jede Bakteriurie behandelt werden, Mittel der Wahl sind Cephalosporine. Der Behandlungsgrundsatz gilt auch für Harnwegsinfektionen im Kindesalter, die unbehandelt zu Narben im Nierenparenchym und als Spätfolgen zu Bluthochdruck und Niereninsuffizienz führen können. Die Therapiedauer beträgt in der Regel zehn bis 14 Tage. Neben Cephalosporinen werden Trimethoprim, Co-trimoxazol, Amoxicillin/Clavulansäure und Nitrofurantoin eingesetzt. Eine Pyelonephritis im Säuglingsalter wird in der Regel stationär im Rahmen einer intravenösen Therapie behandelt. Der Benefit einer Infektionsprophylaxe wird kontrovers diskutiert.


pj

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