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Parmapharm: Selektive Preisstrategie contra Discount

HAMBURG (tmb). Der Preiskampf unter Hamburger Apotheken hat ein großes Medienecho ausgelöst. Doch was hat 35 Hamburger Parmapharm-Apotheker zu ihrer Preisoffensive bewogen und wie erleben sie selbst die Konsequenzen? Die DAZ fragte nach und erfuhr Hintergründe ihrer Strategie.

Die Hamburger Parmapharm-Apotheker fühlten sich nach eigenen Angaben "umzingelt" von Hannover und Lübeck, wo schon länger ein harter Preiskampf unter Apotheken herrscht.

In Hamburg wollten sie selbst auf jeden Fall die erste Presse haben und nicht als Zweite nur reagieren müssen. In Hannover und Lübeck verfolgen einzelne Apotheken Discounter-Konzepte, bei denen große Teile des OTC-Sortiments dauerhaft deutlich unter den Preisempfehlungen der Hersteller angeboten werden. Dagegen betonen die Hamburger Parmapharm-Apotheker ihre "selektive Preisstrategie", bei der nur die Preise von bis zu 100 Artikeln aktionsweise gesenkt werden. So soll die derzeitige Aktion am 10. November enden, die Preise sollen dann wieder angehoben werden, während für die nächsten 3 Tage in einer neuen Aktion andere Preise sinken. Wie die Kunden darauf reagieren werden, bleibt abzuwarten.

Die Parmapharm-Apotheken kündigen ihre Aktionen auf Flyern mit einheitlichem Layout an, doch die Auswahl der preisgesenkten Artikel und die Preise unterscheiden sich zwischen den beteiligten Apotheken. Preissenkungen um 50 Prozent gäbe es nur bei besonderen Indikatorartikeln, aber nicht etwa bei Homöopathika, wie im "Hamburger Abendblatt" behauptet worden war. Die ebenfalls in Hamburg aktiven "Partner-Apotheken" haben bereits mit einer "Bestpreis-Garantie" reagiert (siehe nachfolgenden Beitrag). Sie wollen jedem Kunden den günstigsten Preis bieten, den er aus der Werbung eines Hamburger Kollegen nachweisen kann. Wer eine solche Garantie gibt, kann aber die betreffenden Produkte zuvor nicht gezielt einkaufen.

Strategie für eine Kooperation? Im Gegensatz zu den auf Hamburg begrenzten "Partner-Apotheken" – von 57 Mitgliedern ist die Rede – stellt sich bei der bundesweit agierenden Parmapharm die Frage, was die Aktivitäten für die Gesamtkooperation bedeuten. Die Preiskampagne ist in der Hansestadt entstanden, war aber mit der Zentrale in Bielefeld abgestimmt, erklären die Hamburger. Preisaktive Hamburger Mitglieder betonen den gestärkten Zusammenhalt bei dieser Aktion und berichten über interessierte Anfragen von Kooperationsmitgliedern aus anderen Regionen, in denen schon beträchtlicher Preiswettbewerb unter Apotheken herrscht. Vermutlich würden dort bald ähnliche Aktionen beginnen.

Allerdings gibt es innerhalb der Kooperation keinen Druck zu Preissenkungen. Dies bestätigt Holger Gnekow, der sich mit seiner Adler-Apotheke in Hamburg-Wandsbek nicht an der Hamburger Aktion beteiligt hat, aber zur Kooperation steht. Größer scheint die Unruhe innerhalb der Parmapharm aufgrund der immer schneller zunehmenden organisatorischen Zusammenarbeit und der für die Zukunft angestrebten einheitlichen EDV zu sein. Doch sieht Parmapharm-Geschäftsführer Thomas Worch dies als notwendige Voraussetzung, um sich für den Fall einer Gesetzesänderung auf die befürchtete Konkurrenz durch Ketten wirksam vorzubereiten. So sieht er auch Austritte aus der Kooperation gelassen. "Denn eine intensivere Zusammenarbeit stärkt die Verbindlichkeit untereinander und die Zuverlässigkeit gegenüber den Industriepartnern", meint Worch.

Konsequenzen für Apotheken und Industrie So bleibt die Frage nach den Konsequenzen der Preissenkungen für die Apotheken. Preisaktive Hamburger Parmapharm-Mitglieder berichten über deutliche Umsatzzuwächse bei den Aktionsartikeln. Die erhöhte Kundenfrequenz fördere auch andere Umsätze. Gerade in Arbeitervierteln mit traditionell geringen OTC-Umsätzen würden nun vermehrt OTC-Produkte nachgefragt. Daher zeigen die Apotheker sich zurzeit – wenige Wochen nach dem Beginn der Aktion – mit den kurzfristigen betriebswirtschaftlichen Konsequenzen zufrieden. So zielt das Geschäft auf das Gewinnen von Umsätzen von anderen Kollegen vor Ort, aber auch aus dem Internet. Diesen Verdrängungswettbewerb betrachten die preisaktiven Parmapharm-Apotheker als politisch gewünscht. Allerdings seien die Kundenzahlen entgegen einigen Behauptungen keinesfalls um bis zu 80 Prozent gestiegen. Darum sei weiterhin genügend Zeit für die Beratung. Letztlich werde die durch das AVWG verlorene Kundenfrequenz ausgeglichen und in Stoßzeiten würden die Kunden durchaus warten, meint Heike Huhn, Fleethaus-Apotheke. Sie fühlt sich durch den Vorwurf der angeblich sinkenden Beratungsqualität persönlich angegriffen und erklärt, "Preisnachlässe bedeuten für mich nicht weniger Beratung."

Zu den Sorgen der Arzneimittelhersteller, ihre Marken könnten durch ein "billiges" Image leiden, erklärte Joachim Eggers, Nordsee-Apotheke, "große Hersteller fürchten schon lange um ihre Marken, aber die werden primär durch das Internet bedroht". Nach Einschätzung von Parmapharm-Geschäftsführer Worch ist es auch gegenüber der Industrie entscheidend, den Unterschied zwischen Dauertiefpreisen und einer "selektiven Preisstrategie" zu verdeutlichen.

So berichtete er: "Mit den Herstellern wurden kontroverse Gespräche geführt, aber keine Partnerindustrie hat deswegen die Zusammenarbeit mit uns beendet." Über langfristige Konsequenzen von Preissenkungsstrategien können aber alle Beteiligten nur spekulieren, denn der Preiskampf in Hamburg währt erst einige Wochen.

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