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Podiumsdiskussion: Vertretungsbefugnis für die PTA ist der falsche Weg

Beim PTAheute-Kongress am 12. März in Frankfurt gab es Ų neben viel fachlichem Input Ų auch eine berufspolitisch hochinteressante Podiumsdiskussion unter dem Motto "PTA samstags allein?". Moderiert von Margarete Ewers, Geschäftsführerin des BVpta, diskutierten die BVpta-Bundesvorsitzende Sabine Pfeiffer sowie Ingrid Simon, Apothekenleiterin und ehrenamtliche Pharmazierätin aus Dreieich, und Dr. Christian Rotta, Jurist und Geschäftführer des Deutschen Apotheker Verlages, über die Frage: Sollte es künftig eine begrenzte Vertretungsbefugnis für PTA geben?

Nach offizieller Meinung des BVpta, so Pfeiffer, sollte es PTA erlaubt sein, stundenweise zu vertreten, weil dies jetzt schon vielfach Realität ist. Damit würden die betroffenen PTA aus der Illegalität in legale Verhältnisse kommen, und ihre Eigenverantwortung würde gestärkt. Dies sollte aber an bestimmte Voraussetzungen gebunden sein: z.B. Fortbildungsmodule und einen Weiterbildungsabschluss über Kammern oder ABDA, sowie das beiderseitige Einverständnis von Chef und PTA.

Kontrolle praktisch unmöglich

Dagegen sah Simon einerseits praktische Schwierigkeiten wie die Frage, ob solch eine kurzzeitige Vertretung vorher angemeldet werden müsste. In der Praxis sei es nicht möglich, stundenweise Vertretungen zu kontrollieren. Zum anderen sei die Vertretungsbefugnis keine Frage des persönlichen Vermögens, sondern der beruflichen Qualifikation, die wiederum von der Ausbildung abhängt. Deshalb sei sie strikt gegen diese Forderung. Außerdem stelle sich die generelle Frage, ob man das unrechtmäßige Verhalten der betreffenden Apothekenleiter unterstützen solle – auch im Straßenverkehr führen die häufigen Rechtsverstöße ja nicht dazu, dass die gesetzlichen Vorschriften geändert werden.

Handy reicht nicht aus

Bestehende Rechtslagen seien zwar nicht "in Stein gemeißelt", so Rotta, doch müssten zunächst Sinn und Konsequenzen einer gesetzlichen Änderung geprüft werden – zum Beispiel die haftungsrechtlichen Folgen und Auswirkungen auf die Ausbildung von Apothekern und PTA, aber auch die gesundheitspolitischen Entwicklungen (Stichwort Versandapotheke). Deshalb sei er "eher skeptisch gegenüber der angestrebten Revolution".

Eine Dienstbereitschaft des verantwortlichen Apothekers in einem benachbarten Gebäude, der in spätestens 10 bis 15 Minuten anwesend sein könnte, wäre laut Rotta ein möglicher Schritt. Ein Kontakt über Handy sei aber nicht ausreichend.

Die Risiken und die Häufigkeit von Rückfragen bei der Arzneimittelabgabe, z.B. bezüglich Wechselwirkungen, seien in den letzten Jahren immens gestiegen, unterstrich Simon.

PTA werden ausgenutzt

Auch das Publikum beteiligte sich lebhaft an der Diskussion. Unter den anwesenden PTA gab es etliche, die selbst schon wiederholt Vertretungen geleistet haben. Ein bedauerliches Bild, so Simon. Nach ihrer Meinung müssten Apothekenleiter, die die PTA derartig ausnutzen und eine finanziellen Vorteil daraus ziehen, stärker sanktioniert werden. Karin Wahl, ehemalige Präsidentin der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg, gab zu, hier müssten sich die Kammern an die eigene Nase fassen: Ob in den Apotheken genug qualifiziertes Personal anwesend sei, werde nicht ausreichend geprüft.

Ingrid Heberle von der ADEXA-Fachgruppe PTA versuchte den Eindruck zu korrigieren, dass Vertretungen durch PTA weit verbreitet seien und deshalb legalisiert werden müssten. In ihrer 25-jährigen Laufbahn sei sie kein einziges Mal in diese Situation gekommen. Apotheken würden sich öffentlich angreifbar machen, wenn sich diese Forderung durchsetzen würde.

Ähnlicher Meinung war auch Rotta: Die Lidls und Schleckers würden sich einer solchen Forderung sicher anschließen, wenn sie dann künftig lediglich eine PTA bräuchten, um Arzneimittel abzugeben. Wichtig sei aber, jenseits der Vertretungsfrage die Kompetenzen und Aufgabenbereiche der PTA zu stärken, zum Beispiel bei den pharmazeutischen Dienstleistungen.

Randbemerkungen

Für mich als Nicht-Pharmazeutin war die Diskussionsrunde inhaltlich wie formal spannend. Aus meiner Sicht gab es einen klaren Punktsieg für die VerfechterInnen der ablehnenden Haltung zur PTA-Vertretungsbefugnis. Trotzdem blieb ein unbefriedigendes Gefühl, weil entscheidende Fragestellungen nicht geklärt wurden. Die für mich wichtigste ist:

Wie kann der Missbrauch, den offensichtlich nicht wenige Arbeitgeber treiben, indem sie PTA entgegen der Rechtslage Vertretungen zumuten, effektiv eingedämmt werden? Denn es sind ja die Apothekenleiter, die über den Einsatz ihres Personals entscheiden – und solange sich solch illegales unternehmerisches Verhalten wirtschaftlich rechnet und nicht oder viel zu selten geahndet wird, so lange wird es weiter fortgeführt. Hier sind also die Kammern gefordert, die Aufsicht entsprechend zu verbessern, und die Apothekerverbände, sich stärker um ihre schwarzen Schafe zu kümmern. Schließlich liegt es im ureigensten Interesse der Apothekenleiter, die Institution Apotheke vor Schaden zu bewahren. Was wäre erst, wenn die Medien oder Verbraucherschützer bei Testkäufen auf diesen wunden Punkt aufmerksam würden?

ADEXA und ADA arbeiten schon seit längerem an klaren tariflichen Regelungen, die auch die Leistungen von kompetenten PTA angemessen honorieren sollen. Je eher dies umgesetzt wird, desto besser. Ein Pharmaziestudium darf nicht die einzige Aufstiegsoption für PTA bleiben. In anderen Berufen kann man doch auch über persönliche Qualifikation Karriereschritte machen, ohne gleich den Beruf wechseln zu müssen. Schade, dass die Berufsvertretung die Diskussion um die Bachelor/Master-Studiengänge so schnell abgewürgt hat.

Dr. Sigrid Joachimsthaler

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