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Podiumsdiskussion über Pharmazieingenieure und PTA: Heiß begehrt, nicht imme

Anlässlich des fünfzigsten Geburtstages der Pharmazieschule Leipzig am 25. November fand eine Podiumsdiskussion "Zur Rolle der mittleren pharmazeutischen Berufe" statt. Da die Reise in die Vergangenheit durch die Festreden von Herrn Taube und Herrn Schlüter schon beendet war (s. DAZ 49, S. 95), nahm Reinhild Berger, Chefredakteurin der Zeitschrift PTA heute, das Podium und Publikum mit zu einer kleinen Reise durch Gegenwart und Zukunft. Dabei ging es nicht nur um die Wertschätzung der Pharmazieingenieure und PTA sowie deren Fort- und Weiterbildung, sondern auch um die Themen Versandhandel und Internetapotheken. Mit der "Oberreiseleiterin" Reinhild Berger reisten die "Unterreiseleiter" Ingrid Heberle, Fachgruppe PTA und Apothekenassistenten im BVA, Birgit Engelmann, Fachgruppe Pharmazieingenieure und Apothekerassistenten im BVA, Hans Knoll, Präsident der Sächsischen Landesapothekerkammer, Monika Oppenkowski, Vorsitzende des BVA, sowie Friedhelm Schlüter, Fachbereichsleiter Pharmazie am Berufsschulzentrum 9 in Leipzig.

Wertschätzung für Pharmazieingenieure?

Zumindest in der Theorie sprach Hans Knoll den Pharmazieingenieuren, die schließlich 60 bis 80% der pharmazeutischen Leistung in der Apotheke erbringen würden, seine Wertschätzung aus. Er sieht es als großen Vorteil und Entlastung der Apothekenleiter, dass die Pharmazieingenieure im Gegensatz zur PTA eigenverantwortlich arbeiten und vertreten dürfen. Selbstständige Mitarbeiter könnten den Apothekenleiter, etwa beim Notdienst, gut entlasten.

In der Praxis sei es mit der Würdigung der Pharmazieingenieure und ihrer hervorragenden Ausbildung aber nicht ganz so weit her, konterte Birgit Engelmann. Weder für ihre Anstrengungen nach der Wende noch für ihre freiwillige Fortbildung bekämen sie nach Auffassung der meisten Pharmazieingenieure die entsprechende (finanzielle) Würdigung. Auch Monika Oppenkowski unterstrich, dass sich die Apothekenleiter sehr glücklich über das Vorhandensein der Pharmazieingenieure schätzen dürften, denn ohne deren qualifizierte Tätigkeit könnte so manche Apotheke nicht existieren.

Kammer nicht für Tarife zuständig

Hans Knoll stellte auf Nachfrage von Reinhild Berger das Fortbildungskonzept der Sächsischen Apothekerkammer vor, das auf die Initiative des Sächsischen Apothekerverbandes (SAV) zustande gekommen ist. Obgleich eine Apothekerkammer eigentlich der Fortbildung für Apotheker verpflichtet ist, hält die sächsische Kammer auch die Fortbildung für mittlere pharmazeutische Berufe für sinnvoll.

Knoll bedauerte, dass die tarifliche Seite des Projektes in Sachsen nicht zustande gekommen ist. In diesem Konzept sollte nicht nur das Alter für die tarifliche Einstufung, sondern auch eine Leistungskomponente (z. B. für Fortbildung) aufgenommen werden. Mittlerweile sei diese Idee auch von den Tarifpartnern aufgegriffen worden, und Sachsen lehne sich nun beruhigt zurück, im Geheimen schmunzelnd, da nun der Anstoß gegeben ist.

Eine Fragerin aus dem Publikum wollte die Kammer aber nicht im Lehnstuhl grinsend sehen: Was kann die sächsische Kammer tun, damit der SAV in den Arbeitgeberverband (ADA) zurückkehrt? Knoll versprach, seine Stimme als Mitglied im SAV zu erheben und nach Wegen zu suchen, die eine Rückkehr erleichtern. Aber die Kammer sei nun mal nicht für Tarife zuständig.

Fortbildungszertifikate für alle

Eine weitere Frage aus dem Publikum beschäftigte sich mit der Zertifizierung von Fortbildung nicht nur für Apotheker. Die Bundesapothekerkammer empfiehlt mittlerweile freiwillige Fortbildungszertifikate, die einige Kammern schon umgesetzt haben, aber zumeist nur für Apotheker. In Sachsen erhalten auch die mittleren pharmazeutischen Berufe bereits ein Zertifikat, andere Kammern sind noch längst nicht so weit.

Der BVA strebt Zertifikate für alle Berufsgruppen an und lässt seine schon seit langem durchgeführten Fortbildungen bereits von einigen fortschrittlichen Kammern zertifizieren (z. B. Niedersachsen)

Mehr Eigenverantwortung für PTA

Ingrid Heberle sah die PTA, die seit 30 Jahren in den alten und seit zehn Jahren in den neuen Bundesländern arbeiten, in einer guten Position. Sie verfügen über eine qualifizierte Ausbildung und sind in der Apotheke unverzichtbar. Eine Vertretungsbefugnis wird derzeit nicht angestrebt, wohl aber eigenverantwortliches Arbeiten in verschiedenen Bereichen, wie etwa Labor, Rezeptur oder Defektur. Dies wäre eine auch nach außen hin sichtbare Aufwertung des Berufes der PTA, die die PTA einen großen Schritt nach vorn brächte.

Unterschiede zu den Pharmazieingenieuren bestehen in der Verantwortlichkeit, bekräftigte Monika Oppenkowski, die vor ihrer Apothekerausbildung selbst jahrelang als PTA tätig war. Als der letztendlich Verantwortliche mache man sich ganz andere Gedanken über bestimmte Situationen. Friedhelm Schlüter brachte es dann auf den Punkt: PTA und Pharmazieingenieure leisten im Handverkauf nebeneinander die gleiche Arbeit. Der Unterschied in der Kompetenz, sprich Verantwortlichkeit, habe aber politische Gründe. Hier müsse angesetzt werden, nicht bei der Ausbildung!

Er brach eine Lanze für die PTA-Schüler, die im Praktikum eine Apotheke nicht als fertige Arbeitskräfte, sondern als Lernende betreten, und warnte vor zu hohen Anforderungen.

Zukunftskompetenz

Fachkompetenz ist unverzichtbar, so Reinhild Berger, aber was ist mit Zukunftskompetenz - mit der Fähigkeit, flexibel auf die Anforderungen der Zukunft zu reagieren? Wird das in der Ausbildung vermittelt?

In Leipzig schon, so Schlüter. Hier wirke auch das Vorbild des Lehrers, dessen Berufsbild und seine Anerkennung sich mittlerweile sehr gewandelt haben. Die Lehrkräfte müssen ständig neuen Anforderungen gerecht werden und sich lebenslang fortbilden - das leben sie ihren Schülern vor.

Die BVA-Vorsitzende sah ebenfalls eine lebenslange Verpflichtung zum Lernen (sprich Fort- und Weiterbildung) für alle in der Apotheke Tätigen und wünscht sich mehr Unterstützung bzw. Honorierung durch den Apothekenleiter.

Knoll hingegen hielt Zukunftskompetenz für "Mumpitz". Die Grundfundamente seien schließlich relativ konstant, in der Apotheke werde in Zukunft eine zweistufige Hierarchie benötigt. Apotheker und mittlere pharmazeutische Berufe. Der PKA beschied er bündig: "Brauchen wir nicht". Bei der möglichen zukünftigen Aufgabe aut idem sieht er die Kompetenz des mittleren pharmazeutischen Personals gefordert.

Internet und Versandhandel

Unter das Stichwort "Zukunft" fiel auch das Thema Internet und Versandhandel. Oppenkowski bezeichnete das Modell des BVA, das dieser im Sommer 2000 vorgeschlagen hatte, als ideal: Die Bestellung erfolgt über das Internet, abgeholt wird in einer Apotheke nach Wahl des Patienten. Damit bleibt die Arzneimittelsicherheit gewährleistet, und die notwendige Beratung kann in der Apotheke erfolgen.

Birgit Engelmann hatte beim Thema Versandhandel zwar Bauchschmerzen, sah aber Pharmazieingenieure auch bei veränderten Apothekenstrukturen gut gerüstet. Gewerkschaftlich könnten andere Strukturen sogar eine Chance bedeuten, etwa die Gründung von Betriebsräten. Sie wünschte Pharmazieingenieuren den Mut, sich der Zukunft zu stellen (und auch heute schon ihren Chefs ...).

Knoll als Vertreter der Apothekenleiter sah den Versandhandel naturgemäß wesentlich dramatischer. In seinem Gefolge würde das Fremd- und Mehrbesitzverbot kippen, und es sei fraglich, ob anonyme Kapitalgeber tatsächlich besser mit Pharmazieingenieuren und anderem Personal in der Apotheke umspringen würden. Seine Antwort: Wohl eher nein! Auch Reinhild Berger sah im Zuge des Versandhandels noch andere Bestimmungen gefährdet, etwa dass die Arzneimittelabgabe nur durch pharmazeutisches Personal zu erfolgen hat.

Warum Angst vor der Zukunft?

Aber warum so viele Ängste vor der Zukunft und so viele Frustrationen, wenn die Lage der Pharmazieingenieure und PTA so rosig ist und sogar Hans Knoll bald übertarifliche Gehälter in Sachsen prophezeite?

Monika Oppenkowski sah einen Grund in den drohenden Strukturveränderungen, die Angst um den eigenen Arbeitsplatz und Unsicherheit auslösen. Alles Neue mache zunächst Angst. Und den mittleren pharmazeutischen Berufen fehle oft das nötige Selbstbewusstsein: "Ich kann mehr als Tarif, und das will ich auch haben."

Sie appellierte an die Anwesenden, den BVA als gewerkschaftliche Vertretung durch einen Eintritt zu stärken. Dieser Appell wurde von Reinhild Berger und Ingrid Heberle unterstützt. Nur wenn Viele sich einer Sache annehmen, kann man Veränderungen bewirken, Einzelne können da (fast) nichts ausrichten.

Spezialisierung und Pharmazeutische Betreuung

Auch eine Spezialisierung auf bestimmte Bereiche, etwa Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, kann die mittleren pharmazeutischen Berufe und damit ihr Selbstbewusstsein fördern, so Birgit Engelmann. Außerdem fänden PTA und Pharmazieingenieure zukünftig auch ihren Platz bei der pharmazeutischen Betreuung. Unterscheiden müsse man hier laut Hans Knoll aber die "kleine" pharmazeutische Betreuung (etwa Dokumentation) und die "große", die oftmals eine Gratwanderung bedeutet und dem Apotheker vorbehalten bleiben sollte.

Jeder Apothekerleiter könne bereits heute der PTA eigenverantwortliche Bereiche zuteilen, jede Apotheke mache dabei aber unterschiedliche Erfahrungen. Die Bundesapothekerkammer sei hier auf dem besten Wege, und Hans Knoll ist fest davon überzeugt, dass das eigenverantwortliche Arbeiten für PTA kommen wird.

Wünsche an die Zukunft

Zum guten Schluss sprach jeder noch einen Wunsch an die Zukunft aus: Ingrid Heberle: "Ich wünsche mir sehr gut ausgebildete PTA, die sich ständig fort- und weiterbilden. Besonders wünsche ich mir mehr Weiterbildung für PTA."

Birgit Engelmann: "Mein Wunsch sind selbstbewusste Kolleginnen, gestandene Persönlichkeiten, die für andere einstehen und solidarisch füreinander sind. Außerdem wünsche ich mir Zuwachs für die Fachgruppe im BVA, denn nur gemeinsam können wir das für PI rausholen, was uns zusteht."

Hans Knoll: "Mein dringender Wunsch sind Politiker mit ruhiger Hand, die nicht Dinge ändern, von denen sie nichts verstehen." Monika Oppenkowski: "Hoffentlich fallen die Veränderungen im Gesundheitswesen nicht so aus, dass der Patient darunter leidet. Auch für die Zukunft muss qualifiziertes Personal in ausreichender Zahl in der Apotheke tätig sein, damit die Arzneimittelsicherheit gewährleistet bleibt."

Friedhelm Schlüter: "Ich teile meinen Wunsch in zwei Hälften: Den Apothekern soll es gut gehen, und das sollen sie ihren Mitarbeitern zugute kommen lassen. Das wird auch der Schule gut tun. Der Schule wünsche ich weiterhin so tolle, wissbegierige junge Menschen, die mit Tatendrang und Optimismus in die Apotheke gehen, denn der Nachwuchs ist selbstbewusst!"

Reinhild Berger: "Pharmazieingenieure und PTA sollten ihre Stärken erkennen und sich ihres Wertes bewusst sein. Um politische Ziele durchzusetzen, sollten sie noch mehr als bisher die Gemeinschaft eines Verbandes suchen, denn Gemeinsamkeit macht stark."

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