Fortbildung

Scheinbar ähnlich und doch anders

Asthma und COPD sind zwei unterschiedliche Erkrankungen, die aber bei einigen Patienten gemeinsam auftreten. Asthmatiker profitieren von einer Basistherapie mit inhalativen Glucocorticoiden. COPD-Patienten benötigen in erster Linie eine Raucherentwöhnung. Zwei wichtige Neuerungen in der Asthmatherapie: Mit dem inhalativen Glucocorticoid Ciclesonid (Alvesco®) ist ein Prodrug auf den Markt gekommen, das erst in der Lunge aktiviert wird. Die Ein-Gerät-Therapie nur mit Budesonid plus Formoterol scheint der Zwei-Geräte-Therapie, die Terbutalin als Bedarfsmedikament verwendet, überlegen zu sein.

Den Atemwegserkrankungen Asthma und chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist eine Entzündung der Atemwege und eine Behinderung des Atemflusses gemeinsam. In Pathophysiologie, Behandlung und Verlauf unterscheiden sich die beiden Erkrankungen aber erheblich. Ein Teil der Asthma-Erkrankungen ist allergisch bedingt, der andere endogen verursacht. COPD wird überwiegend auf eine Schädigung durch Zigarettenrauch zurückgeführt; zwischen 10 und 15% aller Raucher erkranken daran.

Am Asthma sind CD4-T-Lymphozyten und eosinophile Granulozyten beteiligt, an der COPD dagegen CD8-T-Lymphozyten, Makrophagen und neutrophile Granulozyten. Während eine Entzündung durch eosinophile Granulozyten gut auf Glucocorticoide anspricht, reagieren neutrophile Granuloyzten praktisch nicht darauf. Neutrophile Granulozyten führen zu einem Überschuss von Proteasen gegenüber Antiproteasen mit der Folge einer Lungengewebszerstörung.

Die asthmatische Entzündung behindert den Ausatemfluss reversibel. Dagegen ist die Atemwegsobstruktion bei COPD nur partiell reversibel und wird im weiteren Verlauf irreversibel. Bei 10 bis 20% aller Asthma- und COPD-Patienten überschneiden sich die beiden Erkrankungen: Die Patienten haben ein chronisches Asthma, das mit strukturellen Veränderungen wie bei COPD einhergeht.

Handwerkszeug des Asthmatikers: Peakflowmeter

Zur Diagnose und Verlaufskontrolle bei Asthma eignet sich die Peakflow-Messung (maximaler Ausatemstrom). Der Peakflow eines Asthmatikers

  • schwankt abhängig von der Tageszeit (nachts und morgens niedrig),
  • bessert sich rasch nach Inhalation eines kurz wirksamen α2-Sympathomimetikums,
  • bessert sich allmählich bei regelmäßiger Inhalation eines Glucocorticoids.

Ein COPD-Patient hat dagegen einen konstant erniedrigten Peakflow.

Vorteile der Inhalation

Die Atemwegserkrankungen werden bevorzugt inhalativ behandelt. Dieser Applikationsweg hat den Vorteil des kurzen Weges, der raschen Anflutung und der niedrigen Dosierung. Darüber hinaus scheint die Inhalation von Glucocorticoiden bei Asthma bestimmte Gene in Epithelzellen der Atemwege abzuschalten und damit die Synthese von Entzündungsmediatoren zu unterdrücken. Der Patient muss die Anwendung eines Dosieraerosols erlernen und üben. Schwierig ist die Koordination zwischen der Betätigung des Dosieraerosols und der tiefen Einatmung. Diese Koordination entfällt bei Pulverinhalatoren. Hier löst der Einatemfluss die Inhalation aus.

Nur noch ein einziges Dosieraerosol?

Inhalative Glucocorticoide und lang wirksame α2-Sympathomimetika sind die Säulen der Asthmabehandlung. Im Bereich der Bedarfsmedikation bahnt sich aufgrund neuester Studien eine Veränderung an, die dem Patienten die Therapie erleichtert: die so genannte Single-Inhaler-Therapie, bei der ein Dosieraerosol mit zwei Arzneistoffen für Basis- und Bedarfsmedikation genügt.

In randomisierten Doppelblindstudien mit etwa 2700 Asthmatikern wurde die Inhalation von Budesonid plus Formoterol als Basismedikation (zweimal täglich) und Bedarfsmedikation mit der Anwendung eines anderen Bedarfsmedikaments – des kurz wirksamen α2-Sympathomimetikums Terbutalin – verglichen. Die Ein-Gerät-Therapie erzielte in allen Endpunkten, nämlich Peakflow, Asthma-Exazerbationen und Bedarf an oralen Glucocorticoiden, signifikant bessere Ergebnisse als die Zwei-Geräte-Therapie mit Budesonid plus Formoterol als Basismedikation und Terbutalin als Bedarfsmedikation.

Der Vorteil der Ein-Gerät-Therapie besteht vermutlich in der besseren Compliance. Die zusätzliche Inhalation eines Glucocorticoids im Asthmaanfall ist vermutlich nicht nur unschädlich, sondern auch nützlich, weil die asthmatische Entzündung nicht ausreichend unterdrückt ist. Formoterol eignet sich im Gegensatz zu anderen lang wirksamen α2-Sympathomimetika auch zur Bedarfstherapie, weil es rasch zu wirken beginnt.

Eine bemerkenswerte Neuentwicklung auf dem Gebiet der inhalativen Glucocorticoide ist Ciclesonid (Alvesco®, Abb. 1), das seit Februar 2005 auf dem Markt ist. Die Substanz ist ein Isobutyryl-Ester und ein nahezu inaktives Prodrug. Erst nach der Inhalation wird sie in der Lunge durch Esterspaltung in den aktiven Wirkstoff umgewandelt, dessen Rezeptorbindungsaffinität 100-mal so groß ist.

Mehr Asthma-Patienten sind weniger krank

Die Asthma-Prävalenz in der Bevölkerung hat zugenommen; so zeigen Daten aus Finnland von 1981 bis 1996 eine Verdreifachung des Asthmatiker-Anteils. Gleichzeitig sind Morbidität und Mortalität an Asthma auf ein Drittel des Ausgangswertes gesunken. Demnach erkranken heute zwar mehr Patienten an Asthma, sie sind aber wegen der guten Behandlungsmöglichkeiten weniger gefährdet, schwere Asthmaanfälle zu erleiden oder sogar daran zu sterben.

Eine wirklich optimale Asthmakontrolle mit Symptomfreiheit und annähernd normaler Lungenfunktion wird nach den Ergebnissen der weltweit mit 3416 Asthma-Patienten durchgeführten GOAL-Studie (Gaining optimal asthma control) dennoch nur bei einem Teil der Patienten erzielt. Insgesamt wird bei etwa 50% der Patienten mit geringgradigem bis mittlerem und bei 20% der Patienten mit schwerem Asthma eine optimale Asthmakontrolle erreicht.

Die beste COPD-Therapie: nicht mehr rauchen

Die COPD ist im Gegensatz zum Asthma eine progrediente Erkrankung. Die Prognose lässt sich nur verbessern, wenn der Patient aufhört zu rauchen. Die Behandlung erfolgt ausschließlich symptomatisch, vor allem mit Bronchodilatatoren. Nach dem Stufenplan der COPD-Therapie wird bei leichter Erkrankung das lang wirksame Anticholinergikum Tiotropium und/oder ein α2-Sympathomimetikum inhaliert. Bei mittlerer Erkrankung kann, falls nötig, zusätzlich Theophyllin gegeben oder drei Monate lang versuchsweise ein Glucocorticoid inhaliert werden. Nur bei nachgewiesener Wirkung (meist bei Überschneidung von Asthma und COPD) sollte das Glucocorticoid weiter verordnet werden. In vier großen Studien hatten nämlich inhalative Glucocorticoide das Fortschreiten der COPD nicht aufhalten können.

Die einmal tägliche Inhalation von 18 µg Tiotropium wirkte sich in einer prospektiven Studie nach 6 Monaten mindestens ebenso günstig auf die Einsekundenkapazität (FEV1; maximal ausatembares Volumen innerhalb der ersten Sekunde nach maximaler Einatmung) aus wie die zweimal tägliche Inhalation von Salmeterol. Retardiertes Theophyllin ist eine wichtige Begleitmedikation bei COPD: Die Einnahme von Theophyllin und die Inhalation von Salmeterol über 12 Wochen beeinflusste in einer Studie mit knapp 1000 COPD-Patienten die Einsekundenkapazität signifikant besser als die Anwendung nur eines der beiden Bronchodilatatoren.

Orale Glucocorticoide bei COPD?

Orale Glucocorticoide werden nicht zur Dauertherapie der COPD, sondern nur bei Verschlimmerungen eingesetzt. Weitere Maßnahmen bei Exazerbationen bestehen in einer höheren Dosierung der Bronchodilatatoren, der Gabe von Antibiotika und eventuell einer Sauerstofftherapie.

Quelle Prof. Dr. Ralf Wettengel, Jena, Vortrag "Obstruktive Lungenerkrankungen: Asthma, COPD", 10. April 2005, zentrale wissenschaftliche Vortrags- und Fortbildungstagung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe in Münster.

Susanne Wasielewski, Münster

 

Quelle

Prof. Dr. Ralf Wettengel, Jena, Vortrag

„Obstruktive Lungenerkrankungen: Asthma, COPD“, 10. April 2005, zentrale wissen- schaftliche Vortrags- und Fortbildungs- tagung der Apothekerkammer Westfalen- Lippe in Münster

Antibiotika und hormo- nelle Kontrazeptiva

Im Beitrag „Hormontherapien für Frauen“ in DAZ 12, Seite 76 – 77 heißt es fälschlich, bei einer An- tibiotika-Therapie seien hormo- nelle Kontrazeptiva kontraindi- ziert.

Richtig ist: Während einer Anti- biotika-Therapie ist die Wirkung hormoneller Kontrazeptiva nicht zuverlässig und daher nicht emp- fehlenswert. Frauen sollten bei Einnahme von Antibiotika und bis 14 Tage danach auf nicht-hormo- nelle Weise verhüten.      cae

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