Arzneimittel und Therapie

Pulmologie: Moderne Asthmatherapie

In den letzten 15 Jahren hat sich die Asthmatherapie erheblich gewandelt. Die Erkenntnis, daß dem Bronchialasthma eine Entzündung zugrunde liegt, hat zum Konzept der antientzündlichen Therapie geführt. Glucocorticoide werden in immer früheren Asthmastadien eingesetzt. Die lang wirksamen Beta2-Sympathomimetika Salmeterol und Formoterol sind neue Bronchodilatatoren zur regelmäßigen Inhalation bei mittelschwerem und schwerem Asthma. Die neueste Wirkstoffgruppe, Leukotrien-Antagonisten, vereinigen antientzündliche und bronchienerweiternde Eigenschaften.

Die Asthmatherapie setzt sich aus einer bronchienerweiternden Therapie und einer Behandlung der zugrunde liegenden Entzündung zusammen. Die Therapie sollte einem Stufenplan folgen. Die Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga unterscheiden drei Asthmastufen, internationale Empfehlungen sind meist vierstufig.

Bedarfsmedikation: rasche Bronchodilatation Zur schnellen Bronchienerweiterung bei drohendem oder eingetretenem Asthmaanfall bekommen alle Patienten - vom leichten bis zum schweren Bronchialasthma - ein kurz wirksames Beta2-Sympathomimetikum zur Inhalation. Inhaliert wird mit einem vorzugsweise FCKW-freien Dosieraerosol. Beta2-Sympathomimetika, z.B. Fenoterol oder Salbutamol, senken durch Angriff an den Beta2-Adrenozeptoren den Tonus der Bronchialmuskulatur unabhängig von der Art des anfallauslösenden Reizes. Die Wirkung tritt schon nach wenigen Minuten ein und hält nur wenige Stunden an. Kurz wirksame Beta2-Sympathomimetika sollten nur bei Bedarf und nicht regelmäßig eingesetzt werden. Da ein Großteil der Substanzmenge nicht in den Bronchialbaum, sondern in den Magen-Darm-Trakt gelangt, besteht die Gefahr systemischer Nebenwirkungen. Hier sind Substanzen von Vorteil, die im Gastrointestinaltrakt nur mäßig resorbiert werden und/oder präsystemisch eliminiert werden. Dies trifft beispielsweise für Terbutalin zu, das im Magen-Darm-Trakt nur zu 50% resorbiert wird und in der Darmschleimhaut und in der Leber durch Sulfatierung inaktiviert wird. Zu den systemischen Nebenwirkungen der Beta2-Sympathomimetika gehören Tremor und Tachykardie, eine Aktivierung der Glykogenspaltung in der Leber sowie eine Hypokaliämie. Die Hypokaliämie birgt die Gefahr von Herzrhythmusstörungen. In Neuseeland traten im Zusammenhang mit der Anwendung von Fenoterol vermehrt Todesfälle bei Asthmapatienten auf. Obwohl die genaue Ursache unklar blieb, muß generell vor zu häufiger Inhalation kurz wirksamer Beta2-Sympathomimetika gewarnt werden, weil sie die Sterblichkeit der Asthmapatienten möglicherweise erhöht.

Dauerhafte Bronchodilatation Patienten mit mittelschwerem oder schwerem Bronchialasthma bekommen zusätzlich eine Dauermedikation mit einem Bronchodilatator. Dies kann sein:
• ein orales retardiertes Theophyllinpräparat,
• ein orales retardiertes oder protrahiert wirkendes Beta2-Sympathomimetikum,
• ein lang wirkendes Beta2-Sympathomimetikum zur Inhalation. Problematisch an Theophyllin sind seine Nebenwirkungen: Es kann zu Übelkeit und Kopfschmerzen führen. Es beeinflußt eine Refluxkrankheit ungünstig. Sowohl am Herzen als auch am ZNS wirkt es erregend; Unruhe und Krämpfe bzw. Tachykardie und Arrhythmien können die Folge sein. Theophyllin wird abhängig vom Alter des Patienten, Raucherstatus und von Begleitmedikationen unterschiedlich rasch verstoffwechselt. Bei Einnahme retardierter Theophyllinpräparate sollte daher der Serumspiegel bestimmt werden. Die orale Dauertherapie mit Beta2-Sympathomimetika (z.B. Clenbuterol, Bambuterol) ist möglich, birgt aber auch die Gefahr systemischer Nebenwirkungen.

Beta2-Sympathomimetika Als Alternative stehen seit einigen Jahren lang wirksame inhalierbare Beta2-Sympathomimetika zur Verfügung: das Salbutamol-Derivat Salmeterol und der Fenoterol-Abkömmling Formoterol. Beide haben eine Wirkungsdauer von 12 Stunden. Die Wirkung von Salmeterol setzt spät (Maximum erst nach vier Stunden), die von Formoterol früh ein. Salmeterol ist aufgrund des verzögerten Wirkungseintritts nicht geeignet, um einen akuten Asthmaanfall zu verhindern. Auch Formoterol ist nicht für die Anfallstherapie, sondern nur für die Dauermedikation zugelassen. Salmeterol wirkt vermutlich deshalb so lange, weil es sich zusätzlich mit seiner langen Seitenkette in eine Nebenbindungsstelle des Beta2-Adrenozeptors einlagert. Die lange Wirkung von Formoterol ist auf molekularer Ebene bislang nicht erklärt. Die bronchienerweiternde Wirkung von Salmeterol ging in einer klinischen Studie auch nach achtwöchiger Behandlung nicht verloren. Eine Toleranzentwicklung bleibt demnach aus. Denkbar ist, daß die Inhalation lang wirksamer Beta2-Sympathomimetika in Zukunft die bronchodilatatorische Dauertherapie der Wahl sein wird. Problematisch erscheint nur die Compliance: Blicken Patienten, die ein drittes Spray zur Asthmatherapie bekommen, wirklich noch durch?

Antientzündliche Dauermedikation Patienten mit persistierendem Bronchialasthma inhalieren zur Entzündungshemmung regelmäßig Cromoglicinsäure, Nedocromil (bei leichtem Asthma) oder ein Glucocorticoid. Cromoglicinsäure und Nedocromil wirken zumindest leicht antientzündlich. Im Gegensatz zu Glucocorticoiden sind sie praktisch frei von Nebenwirkungen. Inhalative Glucocorticoide wirken stärker, können jedoch zu schweren Nebenwirkungen, wie Osteoporose, Katarakt und Cushing-Syndrom, führen. Kinderärzte verschreiben häufig Cromoglicinsäure und selten Glucocorticoide, möglicherweise aus Angst vor Nebenwirkungen. Glucocorticoide sollten immer mit Hilfe eines Spacers inhaliert werden. Das verringert die Ablagerung im Mund, so daß weniger lokale Nebenwirkungen (vor allem Mundsoor) zu befürchten sind. Gleichzeitig erhöht der Spacer das Verhältnis aus in die Lunge aufgenommener gegenüber in den Magen-Darm-Trakt gelangter Substanzmenge. Patienten mit schwerem Bronchialasthma nehmen zur Entzündungshemmung zusätzlich ein orales Glucocorticoid ein. 10 mg Predisolon-Äquivalent sind bei diesen Patienten angemessen. Höhere orale Dosen sollten wegen der Gefahr schwerer Nebenwirkungen vermieden werden.

Leukotrien-Antagonisten Leukotrien-Antagonisten werden die Asthmatherapie möglicherweise revolutionieren. Sie vereinigen antientzündliche und sofort einsetzende bronchienerweiternde Wirkungen. In Deutschland ist mit Montelukast bereits ein Leukotrien-Antagonist zur Behandlung von leichtem bis mittelschwerem Bronchialasthma auf dem Markt. Unter dem in den USA schon seit 1996 zugelassenen Leukotrien-Antagonisten Zafirlukast wurde allerdings in acht Fällen eine schwere Nebenwirkung berichtet: ein klinisches Syndrom mit Eosinophilie, Lungeninfiltraten und Kardiomyopathie (s. Berichte auf S.44-47).

Quellen [1]Prof. Dr. Klaus Mohr, Bonn, Priv.-Doz. Dr. Rolf Dieter Merget, Bochum, Wissenschaftliche Vortrags- und Fortbildungsveranstaltung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, Münster, 26. April 1998. [2]Wettengel, R., et al.: Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga zum Asthmamanagement bei Erwachsenen und Kindern. Med. Klin. 89, 57-67 (1994). (Neue Empfehlungen sind nach Angaben der Deutschen Atemwegsliga in Vorbereitung.)

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