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Gesundheitsreform: Bereitschaft zum parteiübergreifenden Konsens vorhanden

BERLIN (ks). Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hat sich für dieses Jahr viel vorgenommen: Um die gesetzliche Krankenversicherung nach ihren Vorstellungen zu reformieren, muss sie sich gegen die Widerstände vieler im Gesundheitswesen Tätiger durchsetzen, nicht zuletzt gegen jene der Ärzte und Apotheker. In weiten Teilen wird das Gesetzesvorhaben aber auch davon abhängen, ob die Opposition mitspielt. Denn derzeit ist nicht absehbar, dass sich die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat zugunsten der Sozialdemokraten wenden könnten. Doch die grundsätzliche Bereitschaft, einen Konsens zu finden, ist vorhanden. Dies erklärten Horst Seehofer (CSU) und die Ministerin diese Woche in Zeitungsinterviews.

Unter der Bedingung, dass mit der Gesundheitsreform zeitgleich die Ausgaben- sowie die Finanzierungsseite in Angriff genommen werde, sei die Union zur Mitarbeit bereit, sagte Seehofer der "Welt" (Ausgabe vom 20. Januar). In der Rürup-Kommission säßen ohnehin "lauter alte Hasen", die in der Lage seien, rasch Vorschläge vorzulegen.

Schmidt ist anderer Ansicht: In einem ebenfalls am 20. Januar erschienenen Interview mit der FAZ sagte sie, dass Ausgaben- und Einnahmenseite wohl zusammengehörten. Dennoch dürfe man sich nicht "von Anfang an Hoffnung auf neue Einnahmen machen" – dies nehme den Druck auf der Ausgabenseite raus. Ohne die ineffizienten Strukturen zu beseitigen, würde das System aber "an die Wand gefahren". Zudem gebiete Europa Eile: Die EU-Kommission wolle bis Mai Vorschläge zum Defizitabbau sehen – auch im Gesundheitssystem, so die Ministerin.

Viele Übereinstimmungen – und einige Differenzen

Dennoch sieht Schmidt viele Übereinstimmungen zwischen ihren Reformideen und jenen der Union. Mehr Qualität, Transparenz und Wettbewerb haben sich beide großen Parteien auf die Fahne geschrieben. Erhebliche Meinungsunterschiede bestehen allerdings in puncto Eigenverantwortung und Selbstbeteiligung. Diese will die Union stärken: "Eine Erhöhung der Zuzahlung bewirkt mehr Generationengerechtigkeit" wird Seehofer in der "Welt" zitiert. Rentner würden von dieser Belastung zwar mehr betroffen sein – doch auch wenn dies unpopulär sei: die Reduzierung von Leistungen sei bei älteren Menschen noch unpopulärer.

Keine Unterstützung der Unionsparteien findet auch das Vorhaben der Ministerin, ein Institut zur Sicherung der Qualität in der Medizin aufzubauen. Seehofer kritisiert, ein solches Zentrum bedeute nur mehr Bürokratie und Staatsdirigismus. Statt dessen sei mehr Patientenorientierung gefragt: Selbsthilfegruppen und Patientenvertreter müssten in den Entscheidungsgremien vertreten sein und mitentscheiden können, so der CSU-Gesundheitspolitiker. Doch Schmidt will sich von ihrem Qualitätsinstitut nicht abbringen lassen. Für seine Einrichtung sei die Zustimmung des Bundesrats nicht nötig, so die Ministerin.

Konsens auch bei Reformen in der Arzneimittelversorgung möglich?

Soweit die Union ihre Versprechen des Bundestagswahlkampfes hält, könnte der Konsens auch bei den angedachten Veränderungen im Apothekenwesen schwierig werden. Auf die Befürchtungen der Apothekerschaft angesprochen, sagte die Ministerin der FAZ: "Wenn sich die ganze Welt ändert, kann bei den Apothekern nicht alles bleiben, wie es ist".

Der Arzneimittelversandhandel werde unter "klaren Voraussetzungen" genehmigt, die Preisgestaltung bei Medikamenten verändert. Auch für die Freigabe der Preise von nichtrezeptpflichtigen Arzneimitteln ist die Ministerin "prinzipiell offen". Und: "Warum sollte nicht ein Apotheker mehrere Apotheken besitzen dürfen oder jemand eine Apotheke kaufen, der kein Apotheker ist, solange das Personal qualifiziert ist?"

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hat sich für dieses Jahr viel vorgenommen: Um die gesetzliche Krankenversicherung nach ihren Vorstellungen zu reformieren, muss sie sich gegen die Widerstände vieler im Gesundheitswesen Tätiger durchsetzen, nicht zuletzt gegen jene der Ärzte und Apotheker. In weiten Teilen wird das Gesetzesvorhaben aber auch davon abhängen, ob die Opposition mitspielt. Denn derzeit ist nicht absehbar, dass sich die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat zugunsten der Sozialdemokraten wenden könnten. Doch die grundsätzliche Bereitschaft, einen Konsens zu finden, ist vorhanden. Dies erklärten Horst Seehofer (CSU) und die Ministerin diese Woche in Zeitungsinterviews.

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