Modellprojekt der Deutschen Aidshilfe

Fentanyl in Heroin-Proben gefunden

Stuttgart - 19.02.2024, 09:15 Uhr

Das Modellprojekt der Deutschen Aidshilfe zeigt: Synthetische Opioide sind in Deutschland angekommen. (Foto: fotomaximum/AdbStock)

Das Modellprojekt der Deutschen Aidshilfe zeigt: Synthetische Opioide sind in Deutschland angekommen. (Foto: fotomaximum/AdbStock)


Das synthetische Opioid Fentanyl wirkt stärker als Heroin. Wenn Konsumierende nicht wissen, dass ihr Heroin mit Fentanyl verunreinigt ist, kann es schnell zu lebensbedrohlichen Zuständen kommen. Nun hat die Deutsche Aidshilfe in einem Modellprojekt Fentanyl-Verunreinigungen in Heroin-Proben gefunden - und fordert Maßnahmen, um Drogennutzer zu schützen.

Die Deutsche Aidshilfe hat in dem bundesweiten Modellprojekt „Rapid Fentanyl Tests in Drogenkonsumräumen“ (RaFT) 1.401 Heroin-Proben auf Verunreinigungen mit Fentanyl getestet. Die Teststreifen lassen nur qualitative Aussagen zu, also ob Fentanyl dem Heroin beigemengt war oder nicht, aber nicht wie viel. 3,56 Prozent (50 Tests) der Heroin-Proben wurden positiv auf Fentanyl geprüft.

In dem Projekt wurden über sechs Monate in 17 Drogenkonsumräumen Fentanyl-Schnelltests angeboten, bei denen bereits ein kleiner Abstrich vom Verpackungsmaterial genügt. Die Deutsche Aidshilfe zeigt sich in der Pressemitteilung zu den Projektergebnissen alarmiert: „Illegal hergestellte synthetische Opioide als Zusatz in anderen Substanzen sind auf dem Vormarsch, weil sie billig und einfach zu produzieren sind. Fentanyl, Nitazene und andere ähnliche Substanzen wirken dabei sehr viel stärker als Heroin. Während bei Heroin 200 Milligramm tödlich wirken, sind es bei Fentanyl schon 2 Milligramm. Wenn Konsumierende nichts von der Beimengung wissen, sind sie daher in Lebensgefahr.“ 

Die Aufklärung der Konsumierenden über (mögliche) Beimengungen sei daher wichtig, um Drogennotfälle zu vermeiden, heißt es von der Deutschen Aidshilfe. Außerdem solle das Notfallmedikament Naloxon, das die Wirkung synthetischer Opioide aufhebt, im Rettungsdienst und bei der Polizei vorrätig sein. Drogenhilfemitarbeitende und Konsumierende selbst sollten ebenfalls Naloxon-Nasenspray zur Hand haben. Der Verband weist auch darauf hin, dass es mehr Drogenkonsumräume braucht und das Drugchecking-Angebot ausgeweitet werden muss.


„RaFT hat wichtige Erkenntnisse geliefert, wie wir Leben und Gesundheit von Drogen konsumierenden Menschen besser schützen können. Die Situation für diese marginalisierte Gruppe verschärft sich immer mehr […]. Die Drogenpolitik muss dringend die Voraussetzungen für angepasste Hilfsangebote schaffen“

Winfried Holz, Vorstand in der Deutschen Aidshilfe in einer Pressemitteilung


Das Schnelltestangebot müsse verstärkt werden, sodass Heroin-Konsumierende von der Verunreinigung mit einem stärker wirkenden synthetischen Opioid wissen. RaFT-Projektleiterin Maria Kuban ergänzt: „Mit den Erfahrungen aus dem Projekt steht nun eine gut erprobte und erfolgreiche Vorgehensweise zur Verfügung: Die Tests stoßen auf hohe Akzeptanz, liefern verlässliche Ergebnisse und schützen Gesundheit und Leben der Konsumierenden.“ In den am Projekt teilnehmenden Einrichtungen nahmen 70 Prozent der Drogennutzer und Drogennutzerinnen das Angebot an und ließen ihre Substanz untersuchen.

„Synthetische Opioide sind in Deutschland angekommen“

2022 sind in Deutschland 83 Menschen unter Einwirkung synthetischer Opioide gestorben (2021: 102). Da bei drogenbedingten Todesfällen meist kein toxikologisches Gutachten erstellt wird, liegt die tatsächliche Zahl wohl höher.

Das Modellprojekt fand Fentanyl-Verunreinigungen in Herion-Proben vor allem in Hamburg, Düsseldorf und Münster. Aber auch in Berlin, Frankfurt, Hannover und Wuppertal gab es einige wenige positive Tests. Winfried Holz vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe konkludiert: „Synthetische Opioide sind in Deutschland angekommen. Es ist nun höchste Wachsamkeit geboten. Internationale Erfahrungen zeigen: Viele Menschen könnten so ihr Leben verlieren. Die Bundesländer sowie die Kommunen müssen jetzt dafür sorgen, dass Drogenhilfeeinrichtungen und Konsumierende vorbereitet sind!“ In Dublin kam es letztes Jahr zu 54 Drogennotfällen aufgrund synthetischer Opioide (Nitazenen), in Birmngham starben 2023 30 Personen an mit synthetischen Opioiden verunreinigtem Heroin.


Juliane Russ, M.Sc., Volontärin


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