Ende des Lieferengpasses?

Ab sofort: Verorab löst bisherigen Tollwut-Impfstoff von Sanofi ab

Stuttgart - 25.01.2024, 17:50 Uhr

Tollwut-Impfstoff HDC von Sanofi geht, Verorab kommt. (Foto: imago images / YAY Images)

Tollwut-Impfstoff HDC von Sanofi geht, Verorab kommt. (Foto: imago images / YAY Images)


Ein Engpass bei Tollwut-Impfstoffen hat in den vergangenen Monaten wieder einmal den Alltag in den Apotheken geprägt. Jetzt meldet Impfstoffhersteller Sanofi, dass ab sofort, mit der Neueinführung von Verorab, die Lieferketten stabilisiert werden sollen. Auch der Engpass von Rabipur der Firma Bavarian Nordic soll bald enden. Was bedeutet das für die Beratung in der Praxis? Sind die verschiedenen Impfstoffe untereinander austauschbar?

In den aktuellen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) und der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e.V. (DTG) zu Reiseimpfungen (Epidemiologisches Bulletin 14/2023) heißt es noch, dass Rabipur von Bavarian Nordic und Tollwut-Impfstoff (HDC) inaktiviert von Sanofi die einzigen beiden in Deutschland zugelassenen Tollwut-Impfstoffe und innerhalb einer Impfserie miteinander kombinierbar sind [1]. 

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Allerdings ist Rabipur schon länger nicht mehr lieferbar und am 18. Dezember 2023 verkündete die STIKO schließlich, dass auch die Alternative, der Tollwut-Impfstoff HDC, entfällt [2]:


„Durch Einstellung des Inverkehrbringens von Tollwut-Impfstoff (HDC) inaktiviert steht derzeit kein alternativer Tollwutimpfstoff zur Verfügung. Während die Belieferung von Notfalldepots der Landesapothekerkammern sichergestellt wird, kann es in der Peripherie zu Lieferengpässen kommen.“

Aus den Mitteilungen der STIKO zum Impfen bei eingeschränkter Verfügbarkeit von Impfstoffen, 18.12.2023


Das war vergangenes Jahr offensichtlich keine gute Nachricht für Menschen auf der Suche nach einem Tollwut-Impfstoff. Allerdings war absehbar, dass sich die Versorgung mit Tollwut-Impfstoff Ende Januar 2024 wieder bessern könnte. So soll Rabipur voraussichtlich ab 31. Januar wieder verfügbar sein. Und bereits seit Juni 2023 ist mit Verorab von Sanofi ein weiterer Tollwut-Impfstoff in Deutschland zugelassen worden – nur auf dem Markt war dieser noch nicht [3,4].

Verorab soll Lieferkette stabilisieren

In der Lauer-Taxe ist Verorab nun seit 1. Januar gelistet [5]. Außerdem verkündet Sanofi heute in einer Pressemitteilung, dass die Firma in Deutschland von Tollwut-Impfstoff (HDC) inaktiviert auf Verorab umstellt. Ab Anfang 2024 soll das Pulver mit Lösungsmittel verfügbar sein. Auf Nachfrage der DAZ bestätigt Sanofi, dass Verorab ab sofort verfügbar ist.

In der Mitteilung wird betont, dass Verorab ausschließlich in Frankreich hergestellt wird, was die Unabhängigkeit und Stabilität in der Lieferkette sicherstelle. Insgesamt sei Verorab in mehr als 70 Ländern zugelassen, darunter in elf westeuropäischen. 

Der Hauptunterschied zwischen Tollwut-Impfstoff (HDC) inaktiviert und Verorab liegt laut Sanofi im Herstellungsverfahren: Während der bisherige Impfstoff in humanen diploiden Zellen (HDC) hergestellt wurde, stamme Verorab aus Vero-Zellen. So sei eine Versorgung „in allen Ländern kontinuierlich und schnell möglich“ [6].

Können Tollwut-Impstoffe untereinander ausgetauscht werden?

Laut Fachinformation ist Verorab zur präexpositionellen und postexpositionellen Prophylaxe gegen Tollwut in allen Altersgruppen indiziert, sollte aber gemäß den offiziellen Empfehlungen angewendet werden [7]. Diese stehen in Deutschland vonseiten der STIKO nun noch aus. Auch der bisherige Tollwut-Impfstoff von Sanofi und Rabipur von Bavarian Nordic sind für alle Altersgruppen geeignet, und waren wie oben erwähnt miteinander kombinierbar [8,11]. In der Fachinformation von Verorab heißt es nun: „Verorab kann als Auffrischimpfung nach einer Grundimmunisierung mit einem in einer Zellkultur hergestellten Tollwut-Impfstoff angewendet werden (ein in VERO-Zellen oder humanen diploiden Zellen [HDCV] hergestellter Tollwut-Impfstoff).“ Wer also bereits mit dem alten Impfstoff von Sanofi geimpft wurde, kann nun auch mit Verorab geimpft werden [7]. Der Tollwut-Impfstoff (HDC) enthielt inaktivierte Tollwut-Viren des Stamms WISTAR PM/WI 38 1503–3M, gezüchtet in humanen diploiden Zellen (HDC). Auch Verorab enthält inaktivierte Tollwut-Viren des Stamms WISTAR PM/WI38 1503-3M und wurde in VERO-Zellen hergestellt [7,8]. Dabei handelt es sich laut Paul-Ehrlich-Institut um eine Zelllinie, die sich von Nierenzellen der Afrikanischen Grünen Meerkatze ableitet [9]. 

Die inaktivierten Tollwutviren in Rabipur gehören zum Stamm Flury LEP und wurden in gereinigten Hühnerfibroblasten-Zellen (PCEC, Purified chick embryo cell) hergestellt. In der Fachinformation von Rabipur heißt es, dass „Personen, die zuvor mit einem humanen diploiden Zellkultur-Tollwut-Impfstoff (HDCV) immunisiert wurden, eine schnelle anamnestische Antwort nach Auffrischimpfung mit Rabipur entwickelten“ [10,11].

Auf der Travax-Webseite des britischen NHS (National Health Service) war im Oktober 2012 anlässlich eines Engpasses an Tollwut-Impfstoffen zu lesen, dass Rabipur und Verorab ausgetauscht beziehungsweise miteinander kombiniert werden können [12]. In einem kanadischen Leitfaden zur Tollwutimpfung von 2015 heißt es hingegen, dass – wann immer möglich – Impfserien mit demselben Produkt abgeschlossen werden sollten. Sei das nicht möglich, werden auch in dieser Empfehlung PCEC und HDC als austauschbar genannt [13].

Literatur 

[1] Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko) und der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e.V. (DTG) zu Reiseimpfungen (Epidemiologischen Bulletin 14/2023), Stand: 11.01.2024, https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2023/14/Art_01.html

[2] Mitteilungen der STIKO zum Impfen bei eingeschränkter Verfügbarkeit von Impfstoffen, Stand 18.12.2023, https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Lieferengpaesse/Lieferengpaesse_node.html

[3] Lieferengpässe von Human-Impfstoffen laut Paul-Ehrlich Institut, Stand 25. 01.2024, https://www.pei.de/DE/arzneimittel/impfstoffe/lieferengpaesse/lieferengpaesse-node.html

[4] Zugelassene Tollwut-Impfstoffe laut Paul-Ehrlich Institut, Stand 19.12.2023, https://www.pei.de/DE/arzneimittel/impfstoffe/tollwut/tollwut-node.html

[5] Eintrag in der Lauer-Taxe zu VERORAB Plv.u.LM z.Her.e.Inj.-Susp., Stand 07.12.2023

[6] E-Mail-Austausch zwischen DAZ und Sanofi vom 25. Januar 2024

[7] Fachinformation zu Verorab® Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionssuspension Tollwut-Impfstoff, inaktiviert, Stand Mai 2023, www.fachinfo.de/

[8] Fachinformation zu Tollwut-Impfstoff (HDC) inaktiviert, Stand September 2022, www.fachinfo.de/

[9] Mitteilung des Paul-Ehrlich-Instituts vom 02.12.2021, www.pei.de/DE/newsroom/hp-meldungen/2021/211202-ema-rolling-review-ganzvirusimpfstoff-valneva-gestartet.html

[10] Barth R. Purified chick embryo cell (PCEC) rabies vaccine for human use. Laboratory data. Behring Inst Mitt 1984,,https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/6525146/

[11] Fachinformation zu Rabipur, Stand 11 / 2023, www.fachinfo.de/

[12] Travax-News: Rabies Vaccine Shortage (Update), Stand 29. Oktober 2012, https://www.travax.nhs.uk/news/news-record-page?newsid=1592#:~:text=If%20a%20patient%20has%20already,pre%2D%20or%20post%2Dexposure.

[13] Government of Canada. Rabies vaccines: Canadian Immunization Guide, Stand Januar 2015, https://www.canada.ca/en/public-health/services/publications/healthy-living/canadian-immunization-guide-part-4-active-vaccines/page-18-rabies-vaccine.html


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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