Medikationsanalyse bei Osteoporose

Osteoporose – Welche Arzneimittel das Risiko für Knochenbrüche steigern

Stuttgart - 22.09.2023, 09:15 Uhr

Neben Arzneimitteln, die den Knochenabbau steigern, ist auch auf solche zu achten, die die Sturzneigung erhöhen. (Foto: Photographee.eu / AdobeStock)

Neben Arzneimitteln, die den Knochenabbau steigern, ist auch auf solche zu achten, die die Sturzneigung erhöhen. (Foto: Photographee.eu / AdobeStock)


Eine Reihe von Arzneimitteln sind bei Patient:innen mit Osteoporose mit einem erhöhten Frakturrisiko assoziiert – etwa weil sie die Sturzneigung erhöhen oder weil sie den Abbau der Knochensubstanz begünstigen. Die jüngst aktualisierte S3-Leitlinie zur Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei Männern ab dem 50. Lebensjahr zeigt die wichtigsten Wirkstoffe mit diesen Nebenwirkungen auf.

„Medikamente, die eine Osteoporose und/oder Stürze begünstigen können, sollen bei allen betroffenen Personen bezüglich ihres individuellen Nutzen-Risiko-Verhältnisses regelmäßig überprüft werden.“ Diese Empfehlung mit dem Empfehlungsgrad A fand sich bereits in der letzten Version der S3-Leitlinie zur Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und Männern ab 50 Jahren und ist auch in die nun erschienene Aktualisierung übernommen worden. In der Begründung der Empfehlung heißt es weiter, dass eine Überprüfung und Revision des Medikamentenplans bei gefährdeten Patient:innen Stürze und Frakturen verringern könne. Auf welche Wirkstoffe können Apotheker:innen etwa im Rahmen einer Medikationsanalyse also besonders achten?

Arzneimittel können bei Osteoporose-Patient:innen auf verschiedene Weisen das Risiko für Knochenbrüche erhöhen. Zum einen können Arzneimittel sich unmittelbar negativ auf den Knochenstoffwechsel auswirken und somit den Abbau von Knochenmasse begünstigen. Zum anderen können Medikamente das Risiko für Frakturen erhöhen, indem sie die Sturzneigung der Patient:innen steigern. Weiterhin gibt es auch Wirkstoffe, bei denen eine erhöhte Frakturneigung beobachtet wurde, ohne dass der zugrunde liegende Mechanismus eindeutig geklärt werden konnte.

Glucocorticoide und mehr

Besonders bekannt für ihre negative Auswirkung auf die Knochendichte sind Glucocorticoide. Eine systemische Glucocorticoid-Therapie erhöht das Frakturrisiko in Abhängigkeit von der Dosis und der Anwendungsdauer. „Das Frakturrisiko steigt rasch nach Beginn der Glucocorticoid-Therapie an, vor allem wenn Dosen >7,5 mg täglich angewendet werden, und ist im Verlauf von einem Jahr nach Absetzen der Glucocorticoide zumindest teilweise reversibel“, heißt es hierzu in der Leitlinie. Allerdings: bei Patient:innen, die aufgrund einer rheumatoiden Arthritis 2,5 bis 5,0 mg Prednisolonäquivalent täglich oral einnahmen, habe man kein erhöhtes Frakturrisiko festgestellt.

Zu der inhalativen Glucocorticoid-Anwendung liegen laut Leitlinie uneinheitliche Studienergebnisse vor. Im Rahmen der Asthma-Therapie angewandt, wurde kein erhöhtes Frakturrisiko festgestellt. Dermal appliziert wirken sich Glucocorticoide bei hohen kumulativen Dosen negativ auf das Frakturrisiko aus.

Weiterhin führt die Leitlinie folgende Wirkstoffgruppen als Risikofaktoren für vertebrale (die Wirbelsäule betreffend) und Schenkelhalsfrakturen auf:

  • Protonenpumpeninhibitoren
  • Sedativa (Benzodiazepine und Z-Drugs, insbesondere in den ersten beiden Therapiewochen)
  • Aromatasehemmer
  • Thiazolidindione (Glitazone, bei Frauen)
  • Antipsychotika (insbesondere Vertreter der 1. Generation)
  • Opioide (in Dosierungen ab 50 mg/Tag)

Als weitere Wirkstoffgruppen, die das Frakturrisiko erhöhen, nennt die Leitlinie zudem Antidepressiva (SSRI, sowie sedierende), Antikonvulsiva, Medroxyprogesteronacetat, Antiandrogene, Heparin, Calcineurininhibitoren, einige Chemotherapeutika, Medikamente gegen Morbus Parkinson, Schilddrüsenhormone und Schleifendiuretika.

All diese Wirkstoffe können etwa im Rahmen einer Medikationsanalyse identifiziert und besprochen werden. Zu bedenken ist hierbei, dass die negative Wirkung eines einzelnen das Frakturrisiko steigernden Wirkstoffes gering sein mag, sich die negative Wirkung jedoch summiert, wenn gleich mehrere solcher Wirkstoffe eingenommen werden. Nicht in allen Fällen ist es möglich oder sinnvoll, entsprechende Medikamente zu ersetzen oder abzusetzen.

Dosis und Dauer so gering wie möglich

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Dann ist es ratsam, die niedrigste wirksame Dosis einzusetzen und über den Einnahmezeitpunkt und die Begleitumstände der Arzneimitteltherapie zu sprechen. Um Stürze bei nächtlichen Toilettengängen zu vermeiden, sollten etwa Diuretika nicht abends eingenommen werden. Zusätzlich hilft es, die Sehkraft des Patienten/der Patientin und die Beleuchtung der Wohnung zu prüfen und Stolperfallen wie etwa Teppichkanten zu beseitigen.


Dr. Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


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