Parasitologie

Wurmerkrankungen – Ungebetene Mitbewohner

07.09.2023, 09:45 Uhr

Ascaris lumbriocodes ist ein parasitärer Wurm, der in Menschen und Affen auftritt. Die Larven befallen Lunge und Atemwege, die adulten Würmer befinden sich im Verdauungstrakt des Wirts. Foto: Lara/AdobeStock

Ascaris lumbriocodes ist ein parasitärer Wurm, der in Menschen und Affen auftritt. Die Larven befallen Lunge und Atemwege, die adulten Würmer befinden sich im Verdauungstrakt des Wirts. Foto: Lara/AdobeStock


Parasitäre Würmer benötigen Wirts­organismen, in denen sie sich entwickeln und vermehren können. Neben diversen Tierarten spielt auch der Mensch eine Rolle als Zwischen-, End- oder Fehlwirt. Der Wurmbefall kann harmlos verlaufen, führt jedoch je nach Spezies auch zu schweren Erkrankungen, die unbehandelt tödlich enden. 

Wurmerkrankungen durch parasitisch lebende Würmer, den sogenannten Helminthen, kommen weltweit vor, jedoch vor allem in den Tropen und Subtropen. Zu den klinisch relevanten Helminthen zählen die Nema­toden (Fadenwürmer), die Trematoden (Saugwürmer) und die Zestoden (Bandwürmer). Oxyuren (Madenwürmer) sind vor allem in Mitteleuropa von Bedeutung. Seltener ist der Befall mit Spul- und Fuchsbandwürmern. Andere diagnostizierte Helminthosen werden als Reisekrankheit oder durch Migration aus dem Ausland importiert [1].

Madenwurminfektionen im Kindesalter

Die ubiquitär verbreiteten Madenwürmer (Enterobius vermicularis, auch als Oxyuris vermicularis) bezeichnet, zählen zu den häufigsten Helminthen des Menschen [2]. Schätzungsweise sind eine Milliarde Menschen weltweit infiziert [3]. Vor allem Kinder sind von einer Madenwurminfektion (Enterobiasis, Enterobiose oder Oxyuriasis genannt) betroffen. Die Prävalenz bei Vier- bis Elfjährigen in Europa liegt bei etwa 20 %. Bei Erwachsenen tritt der Madenwurmbefall seltener auf [4].

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Der zu den Nematoden gehörende Darmparasit nutzt den Menschen als einzigen Wirt [2]. Über den Mundkontakt mit kontaminierten Händen oder Gegenständen werden die nur Mikrometer kleinen Wurmeier oral aufgenommen. Im Wirtsdarm schlüpfen die Larven, die sich innerhalb von fünf bis sechs Wochen zu geschlechtsreifen Würmern entwickeln. Diese leben auf der Dickdarm- und unteren Dünndarmschleimhaut. 

Während die männlichen Würmer nach der Kopulation absterben, überleben die etwa ein Zentimeter großen Weibchen bis zu hundert Tage. Sie wandern vor allem nachts zum Anus und legen bis zu 10.000 Eier auf der Perianalhaut des Wirts ab. Die Wanderung der Würmer verursacht starken Juckreiz, der vor allem im Schlaf zu unbewusstem Kratzen führt. Über die kontaminierten Finger gelangen die stark klebrigen Eier in die Umgebung. Durch Daumenlutschen werden erneut Eier aufgenommen, was die Infektion aufrecht erhält [3]. Bereits auf der Perianalhaut freigesetzte Larven können in den Darm zurückwandern.

Sichtbare Madenwürmer im Stuhl treten nur bei starkem Befall auf. Mithilfe eines gewöhnlichen Klebestreifens, welcher morgens nach dem Aufwachen auf die Perianalregion gedrückt wird, können die Eier gewonnen werden, um eine Infektion durch den Arzt zu bestätigen [4].

Hygiene- und Präventivmaßnahmen beim Madenwurmbefall

  • regelmäßige gründliche Handhygiene vor allem vor den Mahlzeiten
  • Fingernägelkauen vermeiden
  • Analregion täglich reinigen
  • Unterwäsche täglich wechseln und ebenso wie Handtücher und Bettwäsche bei 60 °C waschen
  • Handtücher nicht untereinander teilen
  • enge Kontaktpersonen ebenfalls medikamentös behandeln
  • Spielzeug mit heißem Wasser reinigen
  • Achtung: Absaugen verteilt die Eier in der Umgebung, daher beim Staubsaugen z. B. einen Mundschutz tragen [3, 4]

Eine Madenwurminfektion verläuft in der Regel mild und ist gut behandelbar, als Leitsymptom gilt der starke Juckreiz am After. Selten dringt der Parasit in die Bauchhöhle oder in andere anliegende Organe vor und verursacht Kom­plikationen. Eingesetzt werden die Anthelminthika Mebendazol, Pyrantel oder Pyrvinium (siehe Tabelle).

Eine essenzielle Rolle bei der Genesung spielen Hygiene- und Präventivmaßnahmen, da nicht die medikamentöse Therapie als Herausforderung gilt, sondern Re- und Auto­infektionen [4].

Spulwurmlarven: Erst Lunge, dann Darm

Auch Ascaris lumbricoides, die Spulwurmart mit der größten klinischen Relevanz, infiziert weltweit etwa eine Milliarde Menschen [3]. In Mitteleuropa kommt die Spulwurminfektion (bezeichnet als Askariasis oder Askariose) aufgrund hygienischer Maßnahmen jedoch nur noch sporadisch vor [1].

Wie der Madenwurm lebt der zu den Nematoden gehörende A. lumbricoides als Darmparasit, dessen Eier über fäkalien­haltiges Wasser auf bodennahen pflanzlichen Lebensmitteln wie Salat gelangen und beim Verzehr aufgenommen werden [3]. Die widerstandsfähigen Eier können auch unter ungünstigen klimatischen Bedingungen sieben bis fünfzehn Jahre lebensfähig bleiben. Anders als beim Madenwurm durch­wandern die im Dünndarm schlüpfenden Larven in ihrem Entwicklungsprozess das venöse System und die Lunge, bevor sie wieder in den Darm gelangen und zu adulten Würmern heranreifen.

Fasten, subtherapeutische Anthelminthika-Dosen oder hohes Fieber bedeuten Stress für die Würmer und ver­anlassen sie in andere Teile des Gastrointestinaltraktes vorzudringen, z. B. in den Gallengang.

Etwa zwei Monate nach der Infektion produzieren die bis zu 35 cm langen Weibchen 200.000 Eier pro Tag, die mit dem Stuhl ausgeschieden werden. Die Eier im Kot dienen der Diagnosestellung. Auch die Würmer selbst werden nach einer Lebenszeit von bis zu 24 Monaten über den Darm ausgeschieden [7].

Eine geringe Wurmlast verläuft häufig asymptomatisch. Die Gewebeschädigungen der wandernden Larven insbesondere in der Lunge verursachen die ersten akuten Symptome wie Atemnot, Husten und Fieber sowie immunvermittelte Reaktionen [2, 7]. Die sich im Darm ansammelnden adulten Würmer führen zu den Symptomen der chronischen Askariasis mit Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Gewichtsverlust. Die häufigste Komplikation ist ein Darmverschluss, ausgelöst durch eine große Anzahl an Würmern, die das Lumen verstopft. Weitere Komplikationen betreffen den Gallengang und den Pankreas.

WirkstoffHandelsname (Status)ausgewählte IndikationenDosierungAnwendungs­hinweiseunerwünschte Arzneimittelwirkung/Kontraindikation (KI)
Mebendazol

Vermox® 100 mg Tabletten

(Rx)

Enterobiasiseinmal täglich 100 mg für 3 Tage, Wiederholung nach 2 bis 4 Wochen empfohlen

Einnahme zerkaut oder unzerkaut,

zugelassen ab 2 Jahren

 
Askariasiszweimal täglich 100 mg für 3 Tage

Vermox® forte 500 mg Tabletten

(Rx)

zystische und alveoläre Echino­kokkose

1.bis 3. Tag: zweimal täglich 500 mg

4.bis 6. Tag: dreimal täglich 500 mg

dann: dreimal täglich 1000 bis 1500 mg,

bei zystischer Echino­kokkose für etwa 4 bis 6 Wochen, bei alveolärer Echino­kokkose über Jahre

Einnahme zerkaut oder unzerkaut mit einer fettreichen Mahlzeit,

zugelassen ab 14 Jahren

UAW: Verdauungsstörungen, Übelkeit, Haarausfall, Leberwerte↑, Neutropenie

KI: Leberschäden

Albendazol

Eskazole® 400 mg Tabletten

(Rx)

zystische und alveoläre Echino­kokkose

2 bis 3 Behandlungszyklen:

ab 60 kg Körpergewicht:

zweimal täglich 400 mg;

< 60 kg Körpergewicht:

15 mg pro kg Körpergewicht pro Tag, max. 800 mg pro Tag, verteilt aus 2 Einzeldosen;

Einnahme für 28 Tage,

dann 14-tägige Pause

Einnahme zerkaut oder unzerkaut mit einer fettreichen Mahlzeit,

zugelassen ab 6 Jahren

UAW: Schwindel, gastrointestinale Symptome, Haarausfall, Fieber, Leberwerte↑
Trichinosezweimal täglich 400 mg für 6 Tage
Pyrantel

Helmex® 250 mg Kautabletten

(Rx)

Helmex® 250 mg pro 5 ml Suspension

(Rx)

Enterobiasis

Askariasis

einmalig 10 mg pro kg Körper­gewicht,

maximale Dosis 1 g,

Wiederholung bei Enterobiasis nach 2 bis 4 Wochen empfohlen

Kautabletten: ab 2 Jahren bzw. 12 kg Körper­gewicht,

Suspension: ab 6 Monaten

UAW: Kopfschmerzen, Schwindel, gastro­intestinale Symptome, Leberwerte↑

KI: Leberschäden

Pyrvinium

Molevac® 50 mg pro 5 ml Suspension

(OTC)

Enterobiasis

einmalig 50 mg pro 10 kg Körpergewicht,

maximale Dosis 400 mg

Suspension zugelassen ab 1 Jahr

UAW: gastro­intestinale Symptome

KI: Leberschäden, entzündliche Darmerkrankungen, Nieren­insuffizienz

Praziquantel

Biltricide® 600 mg Film­tabletten

(Rx)

Schistoso­miasisverschiedene Dosierungen je nach Schistosoma-Art, siehe Fachinfo

Einnahme zu den Mahlzeiten,

zugelassen ab 1 Jahr

UAW: gastrointestinale Symptome, Kopfschmerzen, Urtikaria, Müdigkeit

KI: intraokulare Zystizerkose

Niclosamid

Yomesan® 500 mg Kautabletten

(OTC)

Taeniasis

Erwachsene und Kinder ab 6 Jahren: einmalig 2000 mg,

Kinder von 2 bis 6 Jahren: einmalig 1000 mg,

Kinder < 2 Jahren: einmalig 500 mg

zerkaut oder zerkleinert nach dem Frühstück nehmen,

frühestens zwei Stunden nach Einnahme ist ein drastisches Abführen nötig

UAW: gastrointestinale Symptome, Schwindel
Ivermectin

Dipronin® 3 mg Tabletten

(Rx)

Strongy­loidiasiseinmalig 200 µg pro kg KörpergewichtNüchterneinnahme, zwei Stunden vor und nach der Einnahme nichts essen, für Kinder unter 6 Jahren zerkleinerbarUAW: gastrointestinale Symptome, Schwindel

 

Die in der Regel kurative Therapie erfolgt auch bei asymptomatischen Patienten mit Mebendazol oder Pyrantel (siehe Tabelle) [7]. Als Präventivmaßnahme gilt die gründliche Reinigung von roh zu verzehrenden pflanzlichen Lebensmitteln, besonders in Regionen, in denen Pflanzen mit Oberflächenwasser bewässert und mit Jauche gedüngt werden. Eine hohe Relevanz kommt hier einer einfachen Regel zu: „Koch es, schäl es oder vergiss es!“ [3].

Fuchs- und Hundebandwurmlarven in der Leber

Zu den humanpathogenen Bandwürmern der Gattung Echinococcus zählen der Fuchs- und der Hundebandwurm. Der Mensch tritt als Fehlzwischenwirt für den Hundebandwurm (Echinococcus granulosus) anstelle von Hufnutz­tieren weltweit dort auf, wo Hunde mit infizierten Schlacht­abfällen gefüttert und unter niedrigen Hygienestandards gehalten werden. In Europa sind vor allem die Mittelmeerländer und der Balkan betroffen. Hunde, die aus südlichen Ländern nach Deutschland kommen, sollten daher zwingend entwurmt werden. 

Im Gegensatz dazu kommt der Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis) nur in der nörd­lichen Hemisphäre vor und befällt den Menschen als Fehlwirt anstelle von Nagern. Die Inzidenz in Deutschland liegt bei 50 bis 60 Fällen pro Jahr, wobei die Haupt­infektionsgebiete in Bayern und Baden-Württemberg liegen. Bei beiden Arten erfolgt die Übertragung durch die orale Aufnahme der mit dem Fuchs- bzw. Hundekot ausgeschiedenen Parasiteneier. Fuchsbandwurmeier können z. B. beim Verzehr von bodennahen Waldbeeren aufgenommen werden.

Die im Wirtsdarm geschlüpften Larven dringen durch die Darmwand und befallen die Leber. Bei E. granulosus können auch seltener Lunge und andere Organe betroffen sein. Die Larven des Hundebandwurms bilden in der Regel eine einzelne gewebeverdrängende Zyste. Dieses Krankheitsbild nennt sich zystische Echinokokkose. Im Gegensatz dazu wachsen die Fuchsbandwurmlarven in die Leber und Nachbarorgane mit schlauchförmig verbundenen Vesikeln ein, was als alveoläre Echinokokkose bezeichnet wird. Über den Blutweg kann es zur metastasenartigen Streuung in z. B. Lunge und Gehirn kommen. In der Literatur spricht man auch von einem alveolären Tumor.

Das unterschiedliche Wachstumsverhalten der beiden Parasitenarten ist wahrscheinlich durch Unterschiede in nur einem einzigen Gen verantwortlich. Die Diagnose ist über bildgebende Verfahren möglich. Da die Zystenbildung bzw. Infiltration sehr langsam verläuft, kann die Infektion über mehrere Jahre unbemerkt bleiben, bevor erste Symptome wie Oberbauchbeschwerden auftreten.

Die Ruptur der einzelnen Zyste kann zu tödlichem anaphylaktischem Schock, aber auch zur Spontanheilung führen. Neben der medikamentösen Therapie kommen operative Maßnahmen zum Einsatz. Im Fall der zystischen Echino­kokkose sind die Chancen einer kurativen chirurgischen Entfernung deutlich größer.

Bei der alveolären Echinokokkose ist die operative Entfernung häufig nicht mehr möglich. Das infiltrierende Wachstum der Parasiten kann dann nur noch mit Albendazol oder Mebendazol verlangsamt werden. Ohne Therapie verläuft die alveoläre Echinokokkose tödlich [3, 9, 10]

Wie wirken Anthelminthika?

  • Die Benzimidazol-Derivate Mebendazol und Albendazol binden an β-Tubulin und stören die Mikrotubulifunktion in intestinalen Wurmzellen. Das führt dazu, dass die Zellteilung der Würmer gehemmt wird und diese absterben [10, 14]. Beide Wirkstoffe werden nur mäßig resorbiert und unter­liegen einem hohen First-Pass-Effekt, sodass weniger als 10% der Dosis systemisch wirkt [15, 16, 17]. Im Gegensatz zur Therapie von Darmparasiten wie Maden- oder Spulwürmern müssen die Larven bei einer Echinokokkose systemisch erreicht werden. Das erfordert hohe Gaben der Anthelmin­thika, um die systemische Dosis zu erhöhen. Die höheren, systemisch wirksamen Konzentrationen sind für den menschlichen Organismus weniger gut verträglich, da sich para­sitisches und menschliches β-Tubulin ähneln. Unerwünschte Wirkungen wie Alopezie, Hepatotoxizität und Neutropenie sind die Folge. Benzimidazole wirken zudem auf E. multilocularis lediglich parasitostatisch, was bei inoperabler alveolärer Echinokokkose eine lebenslange Therapie bedeutet [9, 10, 14].
  • Pyrantel lähmt Darmparasiten durch eine neuromuskuläre Blockade, wodurch diese lebend ausgeschieden werden. Auch Pyrantel wird nur mäßig resorbiert [14, 18].
  • Pyrvinium beeinflusst bei Madenwürmern die Resorption von Glucose, wodurch die Parasiten absterben [14]. Eine enterale Resorption findet wahrscheinlich nicht oder lediglich in geringen Mengen statt [19].
  • Praziquantel erhöht die Calcium-Permeabilität der äußeren Hautschicht (Tegument) der Würmer und führt über eine Dauerdepolarisation zur spastischen Lähmung der Wurm­muskulatur. Die gelähmten Würmer werden mit dem Stuhl ausgeschieden. Praziquantel wird gut resorbiert und wirkt gegen Saug- und Bandwürmer. Aufgrund seiner Liquor­gängigkeit ist es besonders für die Neurozystizerkose durch den Schweinebandwurm geeignet.
  • Niclosamid wirkt gegen die im Darm befindlichen Rinder- und Schweinebandwürmer durch Hemmung der oxidativen Phosphorylierung in den Mitochondrien. Die Bandwürmer sterben ab und werden mit dem Stuhl ausgeschieden. Bei einer bestehenden Zystizerkose ist Niclosamid allerdings wirkungslos, da es enteral kaum resorbiert wird [14].
  • Ivermectin erhöht die Membranpermeabilität von Nerven- und Muskelzellen durch Bindung an Glutamat-gesteuerte Chlorid-Kanäle, die nur in wirbellosen Lebewesen vor­kommen. Bestimmte Parasiten sterben ab [20].

Tropische Parasiten in Europa

Obwohl die meisten Helmintheninfektionen in Ländern vorkommen, in denen ungenügende Gesundheits- und Abwassersysteme vorherrschen, werden diese auch in Mitteleuropa diagnostiziert [11]. Reisende oder Auswanderer infizieren sich beim Aufenthalt in endemischen Gebieten und zeigen erst Wochen oder Jahre später Krankheitszeichen [1, 11]. Zu den wichtigsten importierten Wurminfektionen gehören:

  • Schistosomiasis (Bilharziose): Die Larven von Schisto­soma-Arten, die zu den Trematoden gehören, bohren sich in tropischen Süßgewässern durch die Haut und wandern über das venöse System je nach Art in Leber, Harnblase oder Mastdarm ein. Die abgelegten Eier der herangereiften adulten Würmer führen zu Entzündungen, fibrotischen und später auch zu malignen Veränderungen [3, 11]. Eine Therapie erfolgt mit Praziquantel [12].
  • Taeniasis: Der Mensch als Endwirt infiziert sich mit den Larven des Rinder- oder Schweinebandwurms (Taenia saginata und Taenia solium) beim Verzehr von rohem Rind- oder Schweinefleisch. Im Darm reift der adulte Wurm und produziert Eier. Die Taeniasis verläuft häufig symptomlos, kann jedoch auch Verdauungsstörungen hervorrufen [3]. Die Therapie erfolgt mit Niclosamid [13]. Bei oraler Aufnahme von Schweinebandwurmeiern ist auch eine Zystenbildung durch Larven im zentralen Nervensystem, in der Haut, Muskulatur oder im Auge (Zystizerkose) möglich.
  • Strongyloidiasis: Die Larven der Nematodenart Strongylo­ides stercoralis dringen über die Haut in den Wirt ein und wandern über den Blutweg und die Lunge in den Darm, wo ausschließlich die Weibchen heranreifen und pro Tag 1000 Eier produzieren. Aus den Eiern schlüpfen direkt im Darm die Larven, von denen ein Teil mit dem Stuhl ausgeschieden wird. Der andere Teil nistet sich in der Darmwand und anderen Organen ein oder bohrt sich nach Verlassen des Darms wieder in die Haut, wodurch sichtbare Larvengänge entstehen. Je nach Absiedlungsort der Larven kommt es zu weiteren unterschiedlichen Symptomen. Die Therapie erfolgt mit Ivermectin [3].

Anthelminthika in der Schwangerschaft?

Sämtliche Anthelminthika sind nach den jeweiligen Fachinformationen nicht in Schwangerschaft und Stillzeit zugelassen oder ausschließlich unter strenger Nutzen-Risiko-­Abwägung indiziert. Zwar konnte für Mebendazol und Albendazol bei bestimmten Nagern ein erhöhtes Auftreten von Fehlbildungen gezeigt werden, nach der aktuellen Datenlage lässt sich jedoch kein teratogenes Risiko beim Menschen feststellen [21, 22]. Das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie hält den Einsatz von Mebendazol, Albendazol, Pyrvinium und Niclosamid für vertretbar [22].

Literatur

 [1] Auer H, Aspöck H. Helminths and helminthoses in Central Europe: general overview and diseases caused by trematodes (flukes). Wien Med Wochenschr 2014;164(19-20):405-413

 [2] Auer H, Aspöck H. Helminths and helminthoses in Central Europe: diseases caused by nematodes (roundworms). Wien Med Wochenschr 2014;164(19-20):424-434

 [3] Hof H, Schlüter D. Duale Reihe Medizinische Mikrobiologie. 8. Auflage, Thieme Verlag 2022

 [4] Wendt S, Trawinski H, Schubert S et al. The Diagnosis and Treatment of Pinworm Infection. Dtsch Arztebl Int 2019;116(13):213-219

 [5] Friesen J, Bergmann C, Neuber R et al. Detection of Enterobius vermicularis in greater Berlin, 2007-2017: seasonality and increased frequency of detection. Eur J Clin Microbiol Infect Dis 2019;38(4):719-723

 [6] St Georgiev V. Chemotherapy of enterobiasis (oxyuriasis). Expert Opin Pharmacother 2001;2(2):267-275

 [7] Schindler-Piontek M, Chaubal N, Dehmani S et al. Ascariasis, a review. Med Ultrason 2022;24(3):329-338

 [8] Trichinellose. Informationen des Robert Koch-Instituts (RKI) ,Abgerufen am 12. Juli 2023, www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Trichinellose.html

[9] Echinokokkose. Informationen des Robert Koch-Instituts (RKI), Abgerufen am 8. Juli 2023, www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Echinokokkose.html

[10] Brehm K. Die Echinokokkose – Eine Übersicht und neue Erkenntnisse in der Diagnostik, Therapie und Parasitenbiologie. Epidemiologisches Bulletin des Robert Koch-Instituts (RKI) 2017;15:127-132

[11] Norman FF, Chamorro S, Comeche B et al. Update on the major imported helminth infections in travelers and migrants. Future Microbiol 2020;15:437-444

[12] Fachinformation Biltricide®. Stand: Januar 2022, www.fachinfo.de/pdf/000280

[13] Fachinformation Yomesan®. Stand: Juni 2020, www.fachinfo.de/pdf/002512

[14] Aktories K, Förstermann U, Hofmann FB, Starke K. Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. 11. Auflage, Elsevier Urban & Fischer 2013

[15] Fachinformation Vermox®. Stand: Januar 2021, https://static.janssen-emea.com/sites/default/files/Germany/SMPC/DE-PL-0008.pdf

[16] Fachinformation Vermox forte®. Stand: Januar 2021, https://static.janssen-emea.com/sites/default/files/Germany/SMPC/DE-PL-0008.pdf

[17] Fachinformation Eskazole®. Stand: November 2020, https://imedikament.de/eskazole/fachinformation

[18] Fachinformation Helmex®. Stand: Dezember 2019, https://imedikament.de/helmex/fachinformation

[19] Fachinformation Molevac®. Stand: Mai 2020, www.apotheken.de/beipackzettel/AADLGW/MOLEVAC

[20] Fachinformation Dipronin®. Stand: Oktober 2022, https://mygrace.ch/wp-content/uploads/2021/02/Ivermecetin-Driponin-3-mg-Fachinfo.pdf

[21] Djakovic A, Tappe D, Dietl J. Diagnostik und Therapie von Enterobius vermicularis-Infektionen in der Schwangerschaft: Literaturübersicht und Kasuistik. Z Geburtshilfe Neonatol 2006;210(4):147-152


Apothekerin Judith Esch, DAZ-Autorin
redaktion@daz.online


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