Erneute Beschwerde in Brüssel

Boniverbot und E-Rezept-Diskriminierung: EU-Versender legen Beschwerde ein

Berlin - 07.07.2023, 10:45 Uhr

Will nochmal an das Verbot von Preisnachlässen bei verschreibungspflichtigen Medikamenten ran: DocMorris. (Foto: Zur Rose Group)

Will nochmal an das Verbot von Preisnachlässen bei verschreibungspflichtigen Medikamenten ran: DocMorris. (Foto: Zur Rose Group)


Der Arzneimittel-Versandhändler DocMorris sieht sich in Deutschland benachteiligt und fordert einen diskriminierungsfreien volldigitalen Zugang zum E-Rezept. In diesem Zusammenhang reichte er nun zusammen mit seinem Konkurrenten Shop Apotheke eine Beschwerde bei der EU-Kommission ein. Aber nicht nur das: DocMorris geht auch gegen das seit Ende 2020 geltende Verbot von Preisnachlässen bei Rx-Arzneimitteln vor.

Seit dem 1. Juli können Patienten in Deutschland ihr E-Rezept über die elektronische Versichertenkarte (eGK) einlösen. Diese Funktion gefällt den deutschen Vor-Ort-Apotheken, schließlich lässt sich die Karte, die die Versicherten so selbstverständlich im Portemonnaie tragen, nicht bei den großen EU-Versendern in ein Terminal stecken. Ganz anders sehen es DocMorris und Shop Apotheke, die beiden niederländischen Platzhirsche. Sie warten schon lange auf den Durchbruch beim E-Rezept – endlich wollen sie mit seiner Hilfe auch den Rx-Markt erobern, zumal ihnen seit Ende 2020 verboten ist, gesetzlich Versicherten auf verschreibungspflichtige Arzneimittel Rabatte zu gewähren.

Nun wird ihnen das Warten offenbar zu bunt. In einer Pressemitteilung vom gestrigen Donnerstag beklagt sich DocMorris über die bisherigen Einlösewege für das E-Rezept. Bei der eGK sind sie außen vor. Um ein E-Rezept bei einem Online-Versandhändler volldigital einzulösen, braucht es die E-Rezept-App der Gematik mit PIN und Kontaktlosfunktion (NFC). „Die Downloadzahlen der App lassen darauf schließen, dass diese Option nur von sehr wenigen Versicherten genutzt werden wird“, konstatiert DocMorris in einer Pressemitteilung.

Deshalb sieht sich das Unternehmen „strukturell benachteiligt“. Denn „wir haben in unser pharmazeutisches Fachpersonal und Know-how sowie unsere Technologie und Infrastruktur investiert, um auf Basis der gesetzlichen Vorgaben fürs E-Rezept bereit zu sein“, erklärt Konzernchef Walter Hess.

Aus diesem Grund habe DocMorris nun zusammen mit Shop Apotheke Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht, und zwar gegen das Verbot von Preisnachlässen auf verschreibungspflichtige Arzneimittel (das sogenannte Rx-Boniverbot) in Verbindung mit der verzögerten und diskriminierenden E-Rezept-Einführung. 

Beide Themen seien eng miteinander verbunden, heißt es in der Pressemitteilung. Die EU-Kommission habe die Schließung des Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Bundesrepublik Deutschland zum Rx-Boniverbot mit der verpflichtenden E-Rezept-Einführung zum Januar 2022 begründet. Obwohl die EU-Kommission anerkannt habe, dass das mit dem Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken wieder eingeführte Rx-Boniverbot gegen EU-Recht verstoße, habe sie das Verfahren unter der Prämisse eines diskriminierungsfreien Zugangs zur E-Rezept-Infrastruktur für EU-ausländische Online-Apotheken eingestellt.

Bis zur deutschlandweit verpflichtenden Nutzung des E-Rezepts – derzeit geplant ab 1. Januar 2024 – fordert DocMorris ein einfaches Einlöseverfahren, das auch Versandhändlern offenstehen soll. „Es gilt, jetzt die technischen sowie gesetzlichen Grundlagen für vollständig digitale Einlösewege zu schaffen und im Sinne der Patientinnen und Patienten auch die Apothekenwahlfreiheit wiederherzustellen. Wir hoffen, dass das Bundesgesundheitsministerium Chancengleichheit für alle Marktteilnehmer herstellt“, betont Hess.


dpa / DAZ.online
redaktion@daz.online


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4 Kommentare

Es kann kein Diskriminierung der Apotheken geben !

von ratatosk am 11.07.2023 um 10:36 Uhr

Wie sollen denn hier Apohteken diskriminiert werden, wenn die meisten Versender rechtlich gar keine Apotheken sind. Behaupten ja nich mal die Niederländer, deshalb ja auch nicht die strengen Anforderiung wie an richtige Apotheken.
Alles Schiendeibatten wie bei des Kaisers neuer Kleider , nur verantwortungslose und charakterlose Politiker und GKV Apparattschicks tun so als ob.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Gute Argumente

von Dr. Radman am 07.07.2023 um 11:06 Uhr

Sehr geehrte ABDA,
lesen Sie sich diese Stellungsnahme von Frau Hänel und lernen Sie, wie man argumentiert. Im übrigen bin ich der Meinung, dass Frau Hänel Herrn Arnold ersetzen soll.


Ich fühle mich diskriminiert und benachteiligt, weil ich als Inhaberin einer dt. Apotheke Notdienste machen, ein Labor und Rezeptur vorhalten und den Kontrahierungszwang bei Arzneimitteln einhalten muss, von Kammer und Regierungspräsidium vor Ort in regelmäßigen Abständen kontrolliert werde, für die Abgabe von Hilfsmitteln ein Botenfahrzeug mit Transportkiste und Transportbedingungen dokumentieren und belegen muss, einen Beratungsraum mit Sitzgelegenheiten vorhalten muss, die den Empfehlungen
des GKV-Spitzenverbandes entsprechen müssen und alles natürlich DSGVO-konform.
Ich fühle mich diskriminiert und benachteiligt, weil ich immer erreichbar und anwesend sein muss, keine Rosinen picken darf, Temperaturkontrollen inklusive Dokumentation durchführen und pharmazeutisches Personal vorhalten muss.
Ich fühle mich diskriminiert und benachteiligt, weil ich Steuern zahlen und mich an Gesetze und Verordnungen halten muss, dass ich im
eigenen Land weniger wertvoll bin, als der ausländische Versandhandel.
Und ich fühle mich diskriminiert und benachteiligt, weil Tiere in der EU mehr geschützt, umsorgt werden und mehr wert sind als der Mensch, aufgrund des Versandverbotes von Arzneimitteln für Tiere und dem Tier-AMG.
Und ich bin fest davon überzeugt, dass ganz viele selbständige Apothekerinnen und Apotheker genauso betroffen sind, wie ich.

Frau Hänel

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: #Ergänzung

von Michael Weigand am 07.07.2023 um 12:46 Uhr

...ich fühle mich diskriminiert, weil ich keine Quittungen über die doppelte Summe ausstellen darf (und docmorris wurde dafür noch nicht mal zur Rechenschaft gezogen)...
...ich fühle mich diskriminiert, weil trotz dieses Anfangsverdachtes der falsch ausgestellten Quittungen dieser Staat gegen solche Betrügereien nicht aktiv vorgeht und dies ein Kollege machen muss...
...ich fühle mich diskriminiert, dass deutsch Gerichte anscheinend einfach keine Lust haben, solches Verhalten...

ach was solls...Großkonzerne gedeckt von Justiz und Politik...

und dann wundern sich unsere Politiker, wenn extreme Parteien (die ich als Christ und Demokrat nicht wählen werde) Zulauf bekommen...dann heißt es wieder, der Wähler hat dies oder das nicht verstanden....doch die Wähler haben verstanden und genau das ist mittlerweile das Problem für bestimmte Parteien...

AW: ich fühle mich auch diskriminiert

von Thomas B am 07.07.2023 um 20:42 Uhr

Ergänzung, die zweite:
Ich fühle mich zusätzlich diskriminiert, weil ich (fast) keine Industrierabatte bekommen darf und mit 19% MwSt belegt bin.....

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