Digitalisierung des Gesundheitswesens

DocMorris empfiehlt Scan-Technologie der „E-Rezept-Enthusiasten“

Berlin - 12.07.2023, 11:15 Uhr

DocMorris fürchtet um seinen Zugang zu E-Rezepten. (Foto: DocMorris)

DocMorris fürchtet um seinen Zugang zu E-Rezepten. (Foto: DocMorris)


Die Arzneimittel-Versandhändler fürchten, wegen der Abrufmöglichkeit des E-Rezepts über die elektronische Versichertenkarte ins Hintertreffen geraten zu sein. Deswegen legten DocMorris und Shop Apotheke vergangene Woche Beschwerde bei der EU-Kommission ein und fordern „diskriminierungsfreie“ Möglichkeiten zum Einlösen des E-Rezepts. Die DAZ fragte bei DocMorris nach, um welche es gehe – und wurde von dem Konzern auf die Webseite der „E-Rezept-Enthusiasten“ verwiesen.

Die Woche begann für die in den Niederlanden ansässigen Arzneimittelversender mit einem leichten Dämpfer. Die Aktien von DocMorris sackten am Montag um 2 Prozent ab, die von Redcare Pharmacy um 3,4 Prozent. Dabei lagen letztere am Freitag noch bei etwa 110 Euro und damit auf dem höchsten Punkt seit Februar 2022. Überhaupt sind die Aktien von Redcare Pharmacy in diesem Jahr mit einem Anstieg um zuletzt 140 Prozent „mit Abstand beste Performer unter den Werten in den drei großen Indizes Dax, MDax und SDax“, wie die Deutsche Presseagentur am Montag berichtete.

Als Grund für die jüngste Entwicklung galt die Einführung des neuen E-Rezept-Einlösewegs über die Versichertenkarte (eGK) am 1. Juli – denn die Online-Händler haben davon nichts. Laut dpa sei die Verunsicherung durch einen Bericht des Branchendienstes Apotheke Adhoc verstärkt worden, dem zufolge „die Suche nach einer Alternative für den Online-Handel ohne physisches Auslesen der Karte“ stocke.

Bereits am vergangenen Donnerstag hatten DocMorris und Shop Apotheke in einer Pressemitteilung erklärt, dass sie Beschwerde bei der EU-Kommission eingelegt haben. Es geht dabei nicht nur das E-Rezept via eGK, sondern auch um das nunmehr im Sozialrecht verankerte Verbot von Preisnachlässen auf verschreibungspflichtige Medikamente („Rx-Boniverbot“) in Deutschland. DocMorris sieht sich „strukturell benachteiligt“, weil es auf die E-Rezept-App der Gematik angewiesen ist. Deren Downloadzahlen aber „lassen darauf schließen, dass diese Option nur von sehr wenigen Versicherten genutzt werden wird“, wie es am Donnerstag in einer Pressemitteilung des Unternehmens hieß.

DocMorris fordert daher bis zur bundesweit verpflichtenden Nutzung des E-Rezepts ab dem 1. Januar 2024 die „Realisierung eines niedrigschwelligen nutzerfreundlichen Einlöseverfahrens, welches auch Online-Apotheken offensteht“. Eine Idee, wie das aussehen könnte, hat der Konzern aber ganz offensichtlich. In seiner Pressemitteilung erwähnt er unter anderem ein „papierloses ‚Scan-Verfahren‘ unter Nutzung der Kartenterminals in den Arztpraxen“ – die DAZ fragte nach, was es damit genau auf sich hat. DocMorris verwies in seiner Antwort auf die „E-Rezept-Enthusiasten“: Sie hätten „dieses Verfahren maßgeblich entwickelt und vorangetrieben“.

Auf der Webseite des Vereins, der auch Shop Apotheke und die Zur-Rose-Tochter eHealthTec zu seinen Mitgliedern zählt, wird erklärt, wie das Verfahren funktionieren soll: in einem ersten Schritt stellt der Arzt das E-Rezept aus, in einem zweiten wird dann der E-Rezept-Token auf dem Kartenterminal in der Arztpraxis angezeigt, in einem dritten Schritt nun scannt die Patientin oder der Patient den Token mit einer E-Rezept-App auf das Smartphone und kann dann von diesem aus das E-Rezept in jeder Apotheke – oder eben bei einem Versandhändler – einlösen.

Kein Kommentar aus dem BMG

Laut „E-Rezept-Enthusiasten“ hat dieses Verfahren drei Vorteile: zum einen ist es schnell umsetzbar, weil bereits in den Arztpraxen vorhandene Technik verwendet werden kann. Zudem sei die Handhabung dadurch vereinfacht, dass Versand oder Papierausdruck wegfallen und schlussendlich seien perspektivisch weitere Anwendungsbereiche denkbar, wie zum Beispiel Terminvergabe oder Adressenaustausch.

Diese Option scheint DocMorris zufolge also „im Sinne der Patientinnen und Patienten auch die Apothekenwahlfreiheit wiederherzustellen“, wie CEO Walter Hess in der Pressemitteilung erklärt – mit der Hoffnung verbunden, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) „Chancengleichheit für alle Marktteilnehmer herstellt“. Das BMG äußerte sich gegenüber der DAZ bislang nicht zu der Frage, ob es sich mit den EU-Versendern wegen der Beschwerde in Gesprächen befinde und die sich berechtigt Hoffnungen machen.

Unterdessen haben sich die Aktienpreise von DocMorris und Redcare Pharmacy knapp unter den Höchstwerten der vergangenen Woche eingependelt. Tiefgreifend verunsichert scheinen die Anleger der Arzneimittel-Versandhändler bislang demnach nicht zu sein, ob der Abruf des E-Rezepts über die eGK den Vor-Ort-Apotheken einen allzu großen Vorteil verschafft hätte.


Matthias Köhler, Redakteur DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

„E-Rezept-Enthusiasten“

von ratatosk am 25.07.2023 um 11:01 Uhr

Netter Name für eine verdeckte Marketing und Lobbygruppe der ausländischen großkapitalistischen Versender, die offensichtlich vermeiden wollen auf der 1. Seite zu stehen. Offensichtlich will man anfälligen Politiker_innen_* suggerieren, daß es auch wirklich viele richtige Apotheken gäbe, die diesen Irrsinn unterstützten würden und es sich nicht um die reinen Partikularinteressen der Versender und online Praxen handeln würde.

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E Rezept auf Smart Phon

von Jakobs am 12.07.2023 um 20:38 Uhr

Leider kann man ohne Pin der Krankenkasse nicht einlogen . Wegen Datenschutz muss man vor Ort bei der Krankenkasse persönlich vorstellig sein.
Meine Kasse ist ungefähr 100 Km entfernt.
Eine persönliche Autofizierung ist mir leider wegen der Entfernung nicht möglich.
Wurde vertröstet auf Ende 2023 .Vielleicht gibt es bis dahin eine Lösung.

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