Zugang zu Verhütungsmitteln

Minipille in den USA möglicherweise bald rezeptfrei

Stuttgart - 11.05.2023, 17:50 Uhr

Bei Gestagenmonopräparaten zur Verhütung entfällt die einwöchige „Pillenpause“. (Foto: AdobeStock/thingamajiggs)

Bei Gestagenmonopräparaten zur Verhütung entfällt die einwöchige „Pillenpause“. (Foto: AdobeStock/thingamajiggs)


Orale hormonelle Kontrazeptiva unterliegen in vielen Ländern, darunter Deutschland, aber auch die USA, der Verschreibungspflicht und erfordern so Millionen von Arztkontakten jedes Jahr. In den USA könnte sich dies möglicherweise bald ändern: Ein Beratungsgremium hat der US-Arzneimittelaufsichtsbehörde den Entlass eines Gestagenmonopräparates aus der Verschreibungspflicht empfohlen.

Den USA könnte ein spannender OTC-Switch bevorstehen: Am gestrigen 10. Mai gab ein Beratungsgremium der US-amerikanischen Arzneimittelaufsichtsbehörde FDA sein Votum zum beantragten OTC-Switch der Minipille Opill® bekannt und sprach sich positiv für den Entfall der Verschreibungspflicht aus.

Den entsprechenden Antrag hatte die Firma HRA Pharma im Juli 2022 gestellt. Bei dem betroffenen Präparat handelt es sich um ein bereits seit 1973 den USA zugelassenes orales Kontrazeptivum, welches damals noch von Pfizer unter dem Namen Ovrette® vertrieben wurde. Mit 75 µg Norgestrel als Wirkstoff zählt Opill® zu den auch als Minipillen bezeichneten Gestagenmonopräparaten. Diese weisen bekanntermaßen ein geringeres Thromboserisiko als Kombinationen aus Estrogenen und Gestagenen auf, haben jedoch ein kürzeres Zeitfenster, in dem vergessene Tabletten nachgenommen werden können. Der Vertrieb von Ovrette® wurde 2005 aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt. HRA Pharma hat seit 2015 die Rechte inne.

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Voraussetzungen für eine Anwendung außerhalb der Verschreibungspflicht bzw. einen OTC-Switch in den USA sind, dass der Nutzen eines Produkts seine Risiken überwiegt und dass das Missbrauchspotenzial gering ist. Mit seinem Antrag muss der Hersteller weiterhin nachweisen, dass Anwender:innen mithilfe der etikettierten Angaben in der Lage sind, das Vorliegen der Indikation sowie mögliche Gründe, die ein Absetzen oder einen Arztkontakt erforderlich machen, bei sich selbst zu erkennen sowie das Präparat korrekt anzuwenden. Offensichtlich konnte HRA Pharma das Beratungsgremium mit seinem unter Verwendung verbraucherfreundlicher Sprache angepassten Etikett und den 14 durchgeführten Studien überzeugen.

Befürworter für den Entlass aus der Verschreibungspflicht, darunter auch ärztliche Fachgesellschaften wie die American Medical Association, erhoffen sich durch den Wegfall der Rezeptpflicht eine bessere Zugänglichkeit des Verhütungsmittels und damit auch eine Verringerung der Raten ungewollter Schwangerschaften. Insbesondere vor dem Hintergrund des aktuell laufenden Rechtsstreits um das für Abtreibungen genutzte Medikament Mifepriston erhält der Zugang zu sicheren Verhütungsmitteln in den USA eine besondere Bedeutung.

Die endgültige Entscheidung der FDA wird in den kommenden Monaten erwartet. Die Empfehlung der Beratungsgremien ist für diese nicht bindend, üblicherweise folgt der FDA dieser jedoch. Tut sie das auch dieses Mal, wäre Opill® das erste orale Kontrazeptivum, das in den USA ohne ein Rezept erhältlich ist.


Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


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