Landtagswahl am Sonntag

Was planen die Parteien in Schleswig-Holstein für die Apotheken?

Berlin - 06.05.2022, 09:15 Uhr

In Schleswig-Holstein wird am 8. Mai der Landtag gewählt. Was ist für die Apotheken drin? (b/Foto: IMAGO / Winfried Rothermel)

In Schleswig-Holstein wird am 8. Mai der Landtag gewählt. Was ist für die Apotheken drin? (b/Foto: IMAGO / Winfried Rothermel)


Am kommenden Sonntag wählen die Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein ihren Landtag für die kommenden fünf Jahre. Die DAZ hat nachgefragt, was die Parteien für die Apotheken im Köcher haben.

Schleswig-Holstein ist aktuell das einzige Bundesland, das von einer sogenannten Jamaika-Koalition, bestehend aus den Fraktionen der CDU, FDP und der Grünen, regiert wird. Ministerpräsident ist Daniel Günther, der aktuell gute Chancen hat, im Amt zu bleiben: Seine CDU wähnt sich laut ZDF-Politbarometer mit 38 Prozent der Stimmen weiterhin deutlich an der Spitze (2017: 32,0 Prozent), Wechselstimmung ist im Norden nicht zu spüren. Die Grünen liegen bei 17 Prozent (2017: 12,9 Prozent), die FDP bei 7 Prozent (2017: 11,5 Prozent) der Stimmen – damit wäre es der CDU sogar möglich, allein mit den Grünen als Juniorpartner und ohne die FDP weiter zu regieren.

Infrage käme dafür theoretisch auch die SPD, die mit 19 Prozent (2017: 27,3 Prozent) Platz zwei im Politbarometer belegt. Die AfD kann derzeit 6 Prozent (2017: 5,9 Prozent) der Stimmen auf sich verbuchen, der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) 5 Prozent (2017: 3,3 Prozent). Letzterem kommt in Schleswig-Holstein eine Sonderrolle zu: Der SSW ist als Vertretung der dänischen Minderheit von der 5-Prozent-Hürde ausgenommen.

Vier Sitze für Fraktionsstatus nötig

Für alle anderen Parteien gilt, dass sie mindestens vier Sitze benötigen, um eine Fraktion bilden zu können. Das hatte die AfD im Jahr 2017 zunächst geschafft – allerdings verlor sie ihren Fraktionsstatus im Jahr 2020, als der Abgeordnete Frank Brodehl überraschend seinen Austritt aus der Partei bekannt gab. Brodehl schloss sich im Januar 2021 der Partei Liberal-Konservative Reformer (LKR) an.

Seit dem Jahr 2000 wird der Landtag mit einem modifizierten Verhältniswahlrecht mit zwei Stimmen und 5-Prozent-Hürde gewählt, ähnlich wie bei der Bundestagswahl. Seit 2017 sind auch Jugendliche ab 16 Jahren stimmberechtigt. Seinen Sitz hat der Schleswig-Holsteinische Landtag im Landeshaus Kiel.

CDU will KurSHalten

Am kommenden Sonntag wählen die Bürgerinnen und Bürger nun ihren neuen Landtag. Dabei dürfte die CDU das Rennen machen. KurSHalten lautet das Motto des Wahlprogramms der Christdemokraten – das gilt offenbar auch beim Thema Gesundheit. „Schleswig-Holstein besitzt eine erprobte, zuverlässige und bedarfsorientierte Gesundheitsversorgung“, halten sie in ihrem Programm fest. „Sie wird ganz wesentlich von ihrer mittelständischen, selbstständigen und freiberuflichen Struktur geprägt. Wir wollen sie erhalten und verbessern.“

Lesen Sie auf den folgenden Seiten, was die Landtagsfraktionen der Jamaika-Partner für die Apotheken planen. Anfragen der DAZ an die Oppositionsfraktionen blieben leider unbeantwortet.

CDU: Keine Sympathie für Arzneimittelversender

Welche Rolle spielen die Apotheken vor Ort in Ihrem Bundesland aus Sicht Ihrer Partei? Hat sich diese Sicht möglicherweise durch die Pandemie verändert? 

Die Apotheken leisten einen wesentlichen und zentralen Beitrag zu einer umfassenden und bestmöglichen gesundheitlichen Versorgung in Schleswig-Holstein und haben daher für uns einen sehr hohen Stellenwert. 

Können Sie sich vorstellen, dass Apotheken künftig weitere Leistungen anbieten? 

Die Coronapandemie hat gezeigt, dass Apothekerinnen und Apotheker beispielsweise auch Leistungen wie das Impfen von Coronaimpfstoffen sehr gut erbringen können. Das finden wir gut und befürworten wir sehr, da es einer niedrigschwelligen Versorgung der Bevölkerung dient. Ob Apothekerinnen und Apotheker auch zukünftig weitere und ähnliche Leistungen anbieten können, muss beraten und geprüft sowie auf Bundesebene entschieden werden. 

Die Ampel-Koalition im Bund hat sich in den Koalitionsvertrag geschrieben, die Arzneimittelversorgung durch Apotheken an integrierten Notfallzentren in unterversorgten Gebieten zu verbessern. Sehen Sie auch auf Landesebene Möglichkeiten, unter Einbeziehung der Apotheken die Gesundheitsversorgung in strukturschwachen Gebieten zu verbessern?

Apotheken gehören für uns selbstverständlich auch zu einer wichtigen Säule der Gesundheitsversorgung. Wir wollen sie daher insbesondere auch in ländlichen und strukturschwachen Gebieten stärken. 

Wie stehen Sie zum Arzneimittelversandhandel? 

Den Arzneimittelversandhandel sehen wir kritisch. Wir verweisen auf die fehlende fachliche Expertise und Beratung durch die Apothekerinnen und Apotheker, die nicht durch den Versandhandel ersetzt bzw. erbracht werden können. Pharmazeutische Produkte und Medikamente sollten nur über die Apotheken verkauft werden. Hierbei ist die Trennung zwischen Drogeriehandel und Arzneimittelhandel zu beachten. Für Personen, die bezüglich ihrer Mobilität eingeschränkt sind und nicht zur Apotheke fahren oder laufen können, gibt es bereits jetzt unterstützende Servicedienstleistungen, wie zum Beispiel den Bestell- und Lieferservice der örtlichen Apotheken. 

Zählen für Sie das Fremd- und eingeschränkte Mehrbesitzverbot bei Apotheken zu den Grundpfeilern der Versorgung – oder können Sie sich hier Aufweichungen vorstellen? 

Das Fremd- und Mehrbesitzverbot sind wichtige Instrumente für den Verbraucherschutz. Daher sehen wir keinen Anlass dafür, die derzeit geltende rechtliche Verankerung zu verändern oder aufzuweichen.

Die Apotheken leiden unter Nachwuchsmangel in den pharmazeutischen Berufen. Wie könnte dem aus Ihrer Sicht entgegengewirkt werden? Gibt es etwa Pläne mit Blick auf die Pharmazie-Studienplätze? 

Wie in sämtlichen wirtschaftlichen, sozialen und medizinischen Bereichen und Branchen gibt es leider auch bei den pharmazeutischen Berufen einen Mangel an Nachwuchskräften. Diese Problematik und Herausforderung nehmen wir sehr ernst. Wir wollen diese wichtige Thematik aufgreifen und zukünftig über Maßnahmen, Mittel und Konzepte diskutieren und beraten, mit denen die pharmazeutische Branche für junge Menschen attraktiver gestalten kann.

Grüne: Apotheken in kommunale Gesundheitszentren einbinden

Welche Rolle spielen die Apotheken vor Ort in Ihrem Bundesland aus Sicht Ihrer Partei? Hat sich diese Sicht möglicherweise durch die Pandemie verändert? 

Apotheken sind enorm wichtig für die Arzneimittelversorgung der Bürger*innen in Schleswig-Holstein. Ebenso hat sich während der Pandemie gezeigt, dass viele Apotheken sich schnell an die neue Situation angepasst haben und Bereitschaft gezeigt und übernommen haben, um beispielsweise Corona-Schnelltests und Schutzimpfungen durchzuführen. Apotheken sind neben der originären Tätigkeit der Arzneimittelversorgung eine wichtige persönliche Anlaufstelle für Beratung rund um die Gesundheit. Diese Sicht hatten wir schon vor der Pandemie und sie hat sich in der Pandemie bestätigt. 

Können Sie sich vorstellen, dass Apotheken künftig weitere Leistungen anbieten? 

Wir Grüne haben uns während der Corona-Pandemie erfolgreich dafür eingesetzt, dass die Corona-Schutzimpfung auch in Apotheken von Apotheker*innen durchgeführt werden können, falls die Apotheken das wünschen. Ziel war es, pragmatische Lösungen zu finden und – überall wo es möglich ist – Impfangebote für die Schleswig-Holsteiner*innen zu schaffen. Daher können wir Grüne es uns gut vorstellen, dass Apotheken auch künftig weitere Leistungen anbieten, soweit diese im direkten Zusammenhang mit dem originären Aufgabenprofil von Apotheken stehen. 

Die Ampel-Koalition im Bund hat sich in den Koalitionsvertrag geschrieben, die Arzneimittelversorgung durch Apotheken an integrierten Notfallzentren in unterversorgten Gebieten zu verbessern. Sehen Sie auch auf Landesebene Möglichkeiten, unter Einbeziehung der Apotheken die Gesundheitsversorgung in strukturschwachen Gebieten zu verbessern? 

Ja. Es ist wichtig, die Versorgung von Arzneimitteln auch in ländlichen Räumen sicherzustellen. Dafür ist es aus unserer Sicht sinnvoll in den von uns geplanten kommunalen Gesundheitszentren Apotheken zu beteiligen. 

In Ihrem Wahlprogramm heißt es unter anderem, dass Sie „die Einrichtung von kommunalen Gesundheitszentren unterstützen, in denen alle Gesundheitsberufe auf Augenhöhe zusammenarbeiten“. Sehen Sie hier auch die Apotheken eingebunden? Wie kann das konkret aussehen? 

Ja. Bei den von uns vorgesehenen kommunalen Gesundheitszentren sollten Apotheken mit eingebunden werden. Bereits in der Planung solcher Gesundheitszentren müssen alle relevanten Akteure miteingebunden werden. Konkret bedeutet das, dass die Patient*innen nach einem Arztbesuch in den Zentren fußläufig (im selben Gebäude) eine Apotheke vorfinden, um ihre Rezepte direkt einlösen zu können. 

Wie stehen Sie zum Arzneimittelversandhandel? 

Der Arzneimittelversandhandel kann nur eine Ergänzung sein. Wir brauchen ein flächendeckendes Angebot an Apotheken vor Ort. Aus unserer Sicht haben die Apotheken vor Ort den großen Vorteil, dass persönliche Gespräche stattfinden und viele Apotheker*innen ihre Kunden kennen. Außerdem gibt es einen direkten Kontakt zu den Ärzt*innen in der Umgebung, sodass Nachfragen direkt geklärt werden können. 

Zählen für Sie das Fremd- und eingeschränkte Mehrbesitzverbot bei Apotheken zu den Grundpfeilern der Versorgung – oder können Sie sich hier Aufweichungen vorstellen? 

Dem Fremd- und Mehrbesitzverbot liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Apotheker*in als spezifische Fachkraft und Inhaber*in nicht an zwei Orten zugleich sein kann, um die pharmazeutischen Arbeitsanteile in einer Apotheke selbst durchzuführen oder zu überwachen. Das Konzept von angestellten Apotheker*innen wird diesem Anspruch aber gleichermaßen gerecht.

Die Apotheken leiden unter Nachwuchsmangel in den pharmazeutischen Berufen. Wie könnte dem aus Ihrer Sicht entgegengewirkt werden? Gibt es etwa Pläne mit Blick auf die Pharmazie-Studienplätze? 

Der Fachkräftemangel schlägt sich leider in allen Bereichen nieder. Dem kann entgegengewirkt werden, indem bereits in der Schule über mögliche berufliche Perspektiven informiert wird. Wir Grüne fordern zur Landtagswahl am 8. Mai, dass noch im Jahr 2022 ein Pakt für Gesundheits- und Pflegeberufe auf den Weg gebracht wird, um die Kapazitäten der Ausbildungs- und Studienplätze bundesweit bedarfsgemäß zu erhöhen. Das gilt selbstverständlich auch für Pharmazie-Studienplätze.

FDP: Optimale Beratung gibt es nur in der Apotheke

Welche Rolle spielen die Apotheken vor Ort in Ihrem Bundesland aus Sicht Ihrer Partei? Hat sich diese Sicht möglicherweise durch die Pandemie verändert?

Wir haben gerade in der Pandemie noch einmal deutlich erlebt, wie wichtig die Rolle der Apotheken insbesondere im ländlichen Raum ist. Die Apothekerinnen und Apotheker haben sich als verlässlicher Partner erwiesen, die eine wohnortnahe Versorgung über das normale Angebot hinaus sichergestellt haben.

Können Sie sich vorstellen, dass Apotheken künftig weitere Leistungen anbieten?

In der Pandemie haben die Apothekerinnen und Apotheker sehr früh durch Testangebote und jetzt durch Impfangebote Leistungen angeboten, die über das sonst übliche Leistungsspektrum hinaus gehen. Damit haben sie einen wichtigen Beitrag zur wohnortnahen Versorgung der Bürgerinnen und Bürger geleistet. Damit ist ein erster Schritt bereits gemacht. Weitere Schritte, wie die Einbeziehung der Apotheken in die Regelversorgung mit Grippeschutzimpfungen (und somit über die modellhafte Durchführung von Grippeschutzimpfungen hinaus) werden jetzt von der FDP mitgetragenen Regierungskoalition im Deutschen Bundestag auf den Weg gebracht. Insofern werden bereits heute weitere Überlegungen für weitere Leistungen konkret umgesetzt. Apothekerinnen und Apotheker sind Kernansprechpartner vor Ort, die im Übrigen im Gegensatz zu Versandapotheken über niedrigschwellige Angebote die Menschen optimal und individuell beraten können.

Die Ampel-Koalition im Bund hat sich in den Koalitionsvertrag geschrieben, die Arzneimittelversorgung durch Apotheken an integrierten Notfallzentren in unterversorgten Gebieten zu verbessern. Sehen Sie auch auf Landesebene Möglichkeiten, unter Einbeziehung der Apotheken die Gesundheitsversorgung in strukturschwachen Gebieten zu verbessern?

Unterversorgte Gebiete, wie sie im SGB V definiert sind, gibt es in Schleswig-Holstein derzeit noch nicht. Dennoch wird immer deutlicher, dass eine sektorenverbindende Zusammenarbeit von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, anderen medizinischen und medizintechnischen Berufsgruppen und Angeboten der stationären Versorgung auch eine Integration der Apothekerinnen und Apotheker bedeutet. Apothekerinnen und Apotheker sind ein integraler Bestandteil, um die Versorgung der Patientinnen und Patienten in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein mit seinen Inseln und Halligen sicherzustellen.

In Ihrem Wahlprogramm ist die Rede von kommunalen Gesundheitszentren. Sehen Sie hier auch die Apotheken eingebunden?

Apotheken sind mit ihren niedrigschwelligen wohnortnahen Angeboten für den ländlichen Raum essenziell. Wir unterstützen eine Gesundheitsversorgung der Bürgerinnen und Bürger durch eine sektorenverbindende Zusammenarbeit und können uns daher auch vorstellen, dass sie ein wichtiger Baustein kommunaler Gesundheitszentren sein können.

Wie stehen Sie zum Arzneimittelversandhandel?

Wir wollen faire Rahmenbedingungen sowohl für die niedergelassenen Apotheken als auch den Arzneimittelversandhandel. Deshalb müssten für beide Modelle die gleichen hohen Auflagen gelten. Das bedeutet für die FDP, dass niedergelassene Apothekerinnen und Apotheker keinen Wettbewerbsnachteil zugunsten des Arzneimittelversandhandels haben dürfen.

Zählen für Sie das Fremd- und eingeschränkte Mehrbesitzverbot bei Apotheken zu den Grundpfeilern der Versorgung – oder können Sie sich hier Aufweichungen vorstellen?

Wir können uns eine Aufweichung des Fremd- und Mehrbesitzverbots bei Apotheken eher nicht vorstellen. Wir sehen hier die Gefahr, dass die Versorgung im ländlichen Raum gefährdet werden könnte, wenn wir das Fremd- und eingeschränkte Mehrbesitzverbot bei Apotheken aufweichen.

Die Apotheken leiden unter Nachwuchsmangel in den pharmazeutischen Berufen. Wie könnte dem aus Ihrer Sicht entgegengewirkt werden? Gibt es etwa Pläne mit Blick auf die Pharmazie-Studienplätze?

Wir setzen uns dafür ein, dass Freie Berufe im Gesundheitswesen weiter gestärkt werden. Außerdem müssen die Rahmenbedingungen für Apothekerinnen und Apotheker verbessert werden. Das gilt auch für das Studium der Pharmazie, dessen Inhalte und Rahmenbedingungen stetig den hohen Anforderungen der Ausbildungsinhalte angepasst werden müssen. Wir benötigen motivierten und gut ausgebildeten Nachwuchs und Entbürokratisierung sowie eine leistungsgerechte Vergütung.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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