DAZ aktuell

Schleswig-Holstein: Apotheken aus Parteiensicht

Stellungnahmen vor der Landtagswahl

BERLIN (svs/rb). Am 6. Mai, dem kommenden Sonntag, sind rund 2,24 Millionen Schleswig-Holsteiner – darunter etwa 3300 Apotheker – aufgerufen, eine neue Landesregierung zu wählen. Das war Anlass für die DAZ, in den Programmen der ersten sieben Parteien der Landesliste nach Aussagen zu suchen, die für Apotheken relevant sind. Ergänzend haben wir den Parteien einen kleinen Fragenkatalog vorgelegt. Die FDP, die SPD, die Grünen und die CDU waren bereit ihre Position zum Thema Apotheken näher darzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Apothekenrecht kein Landes-, sondern Bundesrecht ist.
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FDP: kein Pick up in Drogeriemärkten

Die Freien Demokraten aus Schleswig-Holstein befürworten ausdrücklich das etablierte Apothekensystem. Die flächendeckende, wohnortnahe und qualifizierte Versorgung mit Arzneimitteln habe sich bewährt. "Arzneimittelsicherheit und Verbraucherschutz werden hier durch strukturierte und professionelle Beratung sichergestellt", betont das FDP-Wahlprogramm. Dort greift die schleswig-holsteinische FDP auch die Pick-up-Problematik auf. Die Partei bemängelt, dass bei Pick up keine ausreichend sicheren Bedingungen herrschen. Die folgende Textpassage ist jedoch interpretationsbedürftig: " … wird sich die FDP Schleswig-Holstein auf Bundesebene dafür einsetzen, dass ‚Pick-up-Stationen‘ den umfassenden Anforderungen des Apothekengesetzes und der Apothekenbetriebsordnung, z. B. Vorhaltung von Laboren und Räumlichkeiten für den Nachtdienst, genügen müssen." Auf Nachfrage der DAZ erklärt die FDP dazu: "Das ist in Drogeriemärkten nicht umsetzbar. Wir lehnen daher Pick-up-Stellen in Drogeriemärkten ab." Im Rahmen des Versandhandels mit Arzneimitteln müssten jederzeit eine optimale Arzneimittelberatung und Rückfragen der Patienten möglich sein sowie sichere Bedingungen hinsichtlich der Arzneimittelabgabe herrschen. "Insofern sehen wir den Versandhandel kritisch", heißt es. Auf FDP-Bundesebene scheint sich jedoch ein generelles Versandhandelsverbot nicht durchzusetzen. Bezüglich der Diskussion um Fremdbesitz und von Kapitalgesellschaften geführten Apothekenketten erklärt die FDP, dass freiberuflich tätige Apotheker am besten die hohe Qualität in der Arzneimittelversorgung der Verbraucher sichern können. Das Verantwortungsprinzip – wodurch Apotheker direkt wirtschaftlich und pharmazeutisch für ihr Handeln haftbar sind – trage "ganz wesentlich" zur Qualitätssicherung bei. "Bei Apothekenketten wäre das nicht gegeben", bezieht die Partei Stellung.

Grüne: offen für neue Geschäftsmodelle

Bei der Suche nach dem Stichwort "Apotheke" im "Grünen Arbeitsprogramm für Schleswig-Holstein" stößt man auf einen einzigen Treffer: "Wir fordern die Anhebung der geringen straffreien Menge bei Cannabisprodukten und unterstützen die Einführung eines Pilotprojektes in Kiel zur geregelten Abgabe von Cannabis durch Fachverkäufer/innen in Apotheken." Weiter sprechen sich die Grünen in ihrem Programm für die Therapievielfalt als hohes Gut aus: "Komplementärmedizin, Naturheilverfahren und Homöopathie haben neben der Schulmedizin ihre selbstverständliche Berechtigung." Laut der sozialpolitischen Sprecherin der Grünen in Schleswig-Holstein, Dr. Marret Bohn, bestehen bei der Versorgung mit Arzneimitteln punktuelle Probleme, beispielsweise bei der Nacht- und Wochenendversorgung in ländlichen Gebieten. "Wir begrüßen die Initiative von Apotheken, im ländlichen Raum Medikamente an Patienten/innen zu liefern, damit die Versorgung gewährleistet ist", erklärt Bohn. Des Weiteren zeigt sich die Partei gegenüber der DAZ offen für neue Geschäftsmodelle bei Apotheken: "Franchise-Systeme, Versandapotheken und die Beteiligung von Drogerie-Discountern am Arzneimittelhandel sind Teil der Versorgungsrealität. Es bestehen Einkaufsverbünde und andere Kooperationen, die immer mehr Ähnlichkeit mit Ketten haben – mit Ausnahme des Besitzverhältnisses. Wir sind dafür, das Apothekenrecht so weiterzuentwickeln, dass die Versorgungssicherheit und der Patientenschutz auch unter veränderten Rahmenbedingungen gewährleistet werden können." In Bezug auf den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln (Rx-Versandhandel) sehen die Grünen derzeit keinen Grund bestehende Gesetze zu ändern. Der Versandhandel erleichtere mobilitätsbehinderten Personen den Zugang zu Arzneimitteln. Die Arzneimittelsicherheit sei durch strenge Auflagen gewährleistet, betonte die Grünen-Sprecherin. Arzneimittelfälschungen seien ein Problem des illegalen Internethandels, das nach Einschätzung der Grünen nicht durch ein Versandhandelsverbot in den Griff zu bekommen sei. Pick-up-Stellen seien eine Variante des legalen Arzneimittelversandhandels. "Allerdings sollten die Abholstellen gesetzlichen Qualitätsanforderungen unterworfen werden. So könnte ihre Einrichtung auf Drogeriemärkte beschränkt werden. Diese unterliegen der amtlichen Arzneimittelüberwachung", erläutert Bohn gegenüber DAZ.

SPD: Apotheken sind unverzichtbare Partner

Im "Regierungsprogramm 2012 – 2017" der SPD Schleswig-Holstein bleibt die Stichwortsuche nach "Apotheke" und "Arzneimittel" erfolglos. Jedoch möchten die Sozialdemokraten den Kommunen die Möglichkeit eröffnen lokal eigene Gesundheitszentren einzurichten, die eine ortsnahe hausärztliche und pflegerische Versorgung sicherstellen. Auf gezielte Nachfrage der DAZ teilte uns Bernd Heinemann, Gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, mit: "Apotheken sind … wichtige und unverzichtbare Partner im Gesundheitssystem unseres Landes." Allerdings sei es die vordringlichste Aufgabe der SPD, die ärztliche und pflegerische Versorgung in Schleswig-Holstein zu verbessern. Laut Heinemann spricht sich die SPD gegen ein Rx-Versandverbot aus: "Wir werden dabei die Aspekte der Sicherheit, Qualität und Beratung einer umfassenden Klärung unterziehen, soweit wir dies von Schleswig-Holstein aus gestaltend beeinflussen können." Beim Thema Pick up bezieht die SPD keine eindeutige Stellung für oder gegen ein Verbot. Der Sprecher formuliert allgemeiner: "Die SPD Schleswig-Holstein hat sich in der Vergangenheit dafür eingesetzt, dass der Versandhandel mit Arzneimitteln durch jegliche Vertriebsformen denselben Qualitätssicherungsstandards unterworfen wird, wie die Abgabe über die Präsenzapotheken."

CDU: setzt sich für Versandverbot ein

Die CDU Schleswig-Holstein hat ein "Regierungsprogramm 2012 – 2017" vorgelegt, in dem die Wörter "Apotheke" und "Arzneimittel" nicht vorkommen. Die Partei trifft unter anderem folgende Aussage: "Wir wollen die Anreize für Investitionen im Gesundheitsbereich Schleswig-Holsteins stärken und das Land durch innovationsfreundliche Voraussetzungen für weitere Einrichtungen, Unternehmen und Forschungsinstitute im Gesundheitsbereich ebenso wie für die Ausweitung des Gesundheitstourismus noch attraktiver machen." Gegenüber der DAZ sagt Ursula Sassen, gesundheitspolitische Sprecherin und Landtagsabgeordnete der CDU in Schleswig-Holstein: "Die Apotheken sind durch das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz in ihrer Ertragssituation sehr stark belastet worden. (…) Die Festzuschläge sind seit vielen Jahren nicht angepasst worden. Es ist daher notwendig, über angemessene Anpassungen zu sprechen." Sassen warnt außerdem vor steigenden Medikamentenpreisen, wenn kaufmännische Strukturen in der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung zunehmen. "Die Bildung von Apothekenketten wird von der Landes- und Bundes-CDU weiterhin abgelehnt." Weiterhin unterstütze die schleswig-holsteinische CDU die Auffassung des Bundesrates, der sich für ein Versandhandelsverbot von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ausgesprochen hat. Laut Sassen leisten Apotheken eine sichere und geordnete Arzneimittelversorgung, die in wenig besiedelten Gebieten durch Rezeptsammelstellen ergänzt werden könne. "Diese werden durch öffentliche Apotheken in der Nähe betreut, so dass eine zeitnahe Versorgung und umfassende Beratung für die Patienten sichergestellt ist. In Pick-up-Stellen werden Arzneimittel durch nicht qualifiziertes Personal ausgehändigt. Es sollten daher alle rechtlichen Möglichkeiten geprüft werden, diese Betriebsform abzuschaffen", erklärt die CDU-Sprecherin der DAZ.

Linke, Piraten, SSW: Apotheken nicht im Blick

Die Linke erwähnt in ihrem Wahlprogramm zwar nicht explizit die Apotheken, schreibt aber: "Wir fordern die Rücknahme aller Zuzahlungsregelungen für die medizinisch notwendigen Leistungen." Dieser Punkt berührt zwangsläufig den Apothekenalltag.

Die Piraten-Partei Schleswig-Holstein entwickelt in ihrem Wahlprogramm ein Modell für Gesundheit und Pflege auf kommunaler Ebene. Demnach soll in jeder Gemeinde eine Pflegekraft arbeiten, die immobile Menschen und Familien besucht und den Gesundheitszustand und Versorgungsbedarf ermittelt. Weiter hat sie auch die Aufgabe, darauf zu achten, dass die betreuten Personen mit Medikamenten und Hilfsmitteln versorgt sind. Aussagen, die sich direkt auf Apotheken beziehen, treffen die Piraten aus Schleswig-Holstein in ihrem Wahlprogramm nicht.

Eine Besonderheit in der politischen Landschaft des nördlichsten Bundeslandes ist der Südschleswigsche Wählerverband (SSW). Er wurde 1948 als politische Vertretung der dänischen Minderheit und der Friesen gegründet. Mit rund 3700 Mitgliedern bezeichnet er sich als die drittgrößte Partei in Schleswig-Holstein. Der SSW ist bei Landtagswahlen von der Fünfprozenthürde befreit. Im SSW-Wahlprogramm 2012 sind keine apothekenspezifischen oder arzneimittelbezogenen Aussagen enthalten. Auf Nachfrage erhielt die DAZ-Redaktion keine genauere Auskunft.


Wahlkampf Last-Minute


Die DAZ-Redaktion hat bei den Parteien nachgefragt, warum Apothekerinnen und Apotheker ihnen ihre Stimme geben sollten. Dazu äußerten sich die FDP, die Grünen, die SPD und die CDU. Von der Linken, den Piraten und dem SSW erhielt die Redaktion keine Antwort.


DAZ: Warum sollten Apotheker in Schleswig-Holstein die FDP wählen?

FDP: Die FDP ist die einzige Partei, die nicht sozialdemokratisiert ist. Nur wir bekennen uns klar zum freiberuflichen Apotheker und nur wir setzen uns dafür ein, die bestehende Überregulierung der Apotheken abzubauen. Außerdem stellt die FDP mit Dr. Heiner Garg einen kompetenten Gesundheitsminister für Schleswig-Holstein.


DAZ: Warum sollten Apotheker in Schleswig-Holstein die Grünen wählen?

Grüne: Weil wir bereit sind, uns auch schwierigen Fragen zu stellen und vor der Wahl nichts versprechen, was wir hinterher nicht halten können. Weil wir das Gesundheitssystem zuerst vom Patienten her denken und Patientenrechte, Information und Mitbestimmung stärken wollen. Und weil wir offen sind für Diskusionen mit der Bevölkerung und der Fachwelt – gern auch mit den Apotheker/innen in Schleswig-Holstein. Dieses Angebot gilt übrigens unabhängig vom Ausgang der Wahl.


DAZ: Warum sollten Apotheker in Schleswig-Holstein die SPD wählen?

SPD: Die schleswig-holsteinische SPD stellt in ihrem politischen Handeln das Wohl der Patientinnen und Patienten in den Mittelpunkt. Mit dieser Dienstleistung am Menschen stimmen wir mit den Apothekerinnen und Apothekern überein. Wir wollen mit allen Akteuren der Gesundheitspolitik unsere hochwertige medizinische Versorgung sicherstellen und gemeinsam im Land die medizinische Versorgung weiterentwickeln und regional abgestimmte Lösungen finden. Dazu gehören für uns vor allem auch die Apotheken, mit deren Interessenvertretenden wir in einem ständigen gesundheitspolitischen Dialog bleiben.


DAZ: Warum sollten Apotheker in Schleswig-Holstein die CDU wählen?

CDU: Die CDU ist eine Partei des Mittelstandes. Sie spricht sich ausdrücklich für den Erhalt des Apothekers als freien Heilberuf aus. Die Apothekerinnen und Apotheker in unserem Bundesland leisten täglich einen wichtigen Beitrag für das Gesundheitsland Schleswig-Holstein. Bei einer immer älter werdenden Bevölkerung und einem zunehmenden Arztmangel in den ländlichen Regionen brauchen wir die Apotheken zunehmend als einen ersten Ansprechpartner in allen Gesundheitsfragen.



DAZ 2012, Nr. 18, S. 31

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