Nach der Sartan-Krise

Hersteller müssen an Wirkstoff-Nitrosamine als mögliche Verunreinigung denken

Stuttgart - 06.04.2022, 17:50 Uhr

Auf N-Nitroso-Vareniclin in Champix folgte jetzt N-Nitroso-Quinapril in Accuzide. (x / Packshot: Pfizer | Hintergrund: Voy_ager / AdobeStock)

Auf N-Nitroso-Vareniclin in Champix folgte jetzt N-Nitroso-Quinapril in Accuzide. (x / Packshot: Pfizer | Hintergrund: Voy_ager / AdobeStock)


FDA: Kann der Zusatz von Vitamin C und E die Nitrosaminbildung verhindern?

Schon am 31. Januar 2022 hatte das Portal „GMP Navigator“ über wirkstoffähnliche Nitrosamin-Verunreinigungen berichtet (drug substance-related impurities = NDSRIs) – genauer gesagt über „Empfehlungen der FDA zur Risikominimierung durch Änderungen im Formulierungsdesign“. Das Portal beruft sich dabei auf ein Dokument der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA vom 18. November 2021. Neben Hilfsstoffen wird darin auch Wasser als mögliche Nitrit-Quelle genannt. 

Tatsächlich macht die FDA auch Lösungsvorschläge für das Problem: „Basierend auf einer Literaturrecherche zum Thema Unterdrückung der Nitrosamin-Bildung durch Antioxidanzien wie z. B. Ascorbinsäure (Vitamin C) oder Alpha-Tocopherol (Vitamin E) empfiehlt die Behörde den Zusatz dieser Substanzen zur Formulierung von Arzneimitteln zu prüfen, vor allem dann, wenn die Risikobewertung eine eventuelle Bildung von Wirkstoff-ähnlichen Nitrosaminen nicht ausschließt“, erklärt der „GMP-Navigator“. Zudem verweist die FDA auf eine Vielzahl weiterer Fachartikel zum Thema. 

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Ebenfalls am 31. Januar 2022 berichtete „GMP-Navigator“ über Nitrosamine in pflanzlichen Arzneimitteln. In diesem Fall unter Berufung auf ein EMA-Dokument vom 24. November 2021, genauer gesagt des Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). Damit sei festgelegt worden, „dass neue Zulassungs- / Registrierungsanträge für pflanzliche Arzneimittel (einschließlich traditioneller Arzneimittel) eine Risikobewertung“ hinsichtlich Nitrosaminen enthalten müssen. „Bereits zugelassene / registrierte (traditionelle) pflanzliche Arzneimittel“ sind von den Nitrosaminüberprüfungen bislang nicht betroffen, außer es wird vorab ein Kontaminationsrisiko vermutet. 

Lieferantenqualifizierung wird oft nur oberflächlich durchgeführt

Auch der „GMP-Verlag Peither AG“ berichtete erst im Februar 2022 über „Behördenaktivitäten zur Vermeidung von Nitrosaminen in Arzneimitteln“. In dem Beitrag kritisiert der GMP-Inspektor Dr. Franz Schönfeld: „Die Lieferantenqualifizierung von Wirkstoffherstellern wird oft nur oberflächlich durchgeführt bzw. es werden Auditberichte von schlechter Qualität eingekauft.“ Der Arzneimittelhersteller sei aber verpflichtet, über detaillierte Informationen zum Herstellungsprozess des Wirkstoffs zu verfügen. Je mehr Arzneimittelhersteller sich die Wirkstoffsynthesen tatsächlich im Detail vor Ort ansehen, desto besser werden die Herstellungsverfahren, heißt es. 

Damit wird deutlich, dass es nicht nur auf wissenschaftlicher Ebene hinsichtlich Verunreinigungen mit Nitrosaminen viel zu tun gab und gibt.

Die NIOG stellte in der Präsentation vom Dezember 2021 jedenfalls fest, dass die Überprüfung der chemischen Arzneimittel auf Nitrosamine in den letzten Zügen sei. Die Frist endet am 26. September 2022. Damit einher gehe ein erhöhtes Meldeaufkommen, was vielleicht den kürzlichen Accuzide-Rückruf erklärt. Allerdings geht aus den „Key Quality Topics for 2022“ auch hervor, dass beispielsweise Biologika weiterhin kritisch untersucht werden.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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