Futurepharm 2022

Rechnen sich pharmazeutische Dienstleistungen?

03.03.2022, 07:00 Uhr

Ja oder nein zu Dienstleistungen? Dr. Reinhard Herzog stellt im Rahmen der FUTUREPHARM einen Entscheidungsbaum vor. (s/ Foto: ABDA)

Ja oder nein zu Dienstleistungen? Dr. Reinhard Herzog stellt im Rahmen der FUTUREPHARM einen Entscheidungsbaum vor. (s/ Foto: ABDA)


Die genaue Ausgestaltung der pharmazeutischen Dienstleistungen ist immer noch nicht bekannt. Offenbar ringen Apothekerschaft und Kassen weiterhin um die Details. Trotzdem sollten Apothekeninhaber:innen sich bereits Gedanken darüber machen. Hinweise, ob und wie man das Ganze wirtschaftlich gestalten kann, liefert Apotheker und Apothekenberater Reinhard Herzog auf der FUTUREPHARM, die am 11. März online stattfindet. Wir haben im Vorfeld mit ihm gesprochen. 

DAZ: Welchen Stellenwert messen Sie den pharmazeutischen Dienstleistungen bei? Nur eine zusätzliche Leistung der Apotheken oder der Startschuss für die Weiterentwicklung des Berufs und irgendwann dann auch des Honorars – vielleicht weg vom rein packungsbezogenen Honorar?

Herzog: Der momentane Stellenwert neuer Dienstleistungen ist überschaubar; vergessen wir aber nicht, dass ja bereits zahlreiche Dienstleistungen erbracht werden, die eben bislang packungsbezogen und entsprechend honoriert erbracht werden. Die Chance auf eine Weiterentwicklung ist jedoch zweifelsohne gegeben und sollte genutzt werden. Bislang reden wir aber von einer „Blackbox“, und die Geheimniskrämerei und das Gezerre um doch sehr überschaubare Beträge ist alles andere als ein positives Startsignal. Immerhin scheint – pandemiebedingt – beim Thema Impfen ein gordischer Knoten durchschlagen worden zu sein.

Werden die Dienstleistungen kurzfristig einen wirtschaftlichen Impact auf die Apotheken haben? Der Honorartopf ist ja überschaubar.

Der wirtschaftliche Impact ist momentan gering, und man sollte auch nicht zu große Hoffnungen hegen, wenn man alleine die monetären Relationen sieht. Über 7 Millarden Euro Rohertrag aus Rx-Packungen (ehrlich gerechnet mit allen Rabatten) wollen erst mal kompensiert sein. Wollte man dies auch nur ansatzweise umschichten, käme das einer tektonischen Verschiebung gleich – mit allen Risiken. Eines davon, gerne übersehen: die Ärzte! Oder glaubt jemand, dass diese nicht sehr genau beobachten, was dort geschieht und ihren Teil als immer noch Therapieverantwortliche einfordern werden? Auch das setzt Grenzen, neben schlichten Aufwands-Nutzen-Betrachtungen. Die Dienstleistungen sollten ja kein Selbstzweck oder bloße Streichelmaßnahme der apothekerlichen Berufsseele sein, sondern evidenzbasiert einen Nutzen für Patienten wie Gesellschaft stiften. Das Aufschnüren der bisherigen Packungshonorare ist hochgefährlich

 

Prof. Dr. Reinhard Herzog ist Apotheker, außerdem u.a. Apothekenberater und Autor diverser Fachbücher und -artikel.

Welches Budget wäre wünschenswert?

Abgesehen von einem Start- oder Grundbudget (wie die jetzigen 150 Millionen Euro, mehr darf es ja immer sein...) sollten sich künftige Honorare nach dem erzielten Nutzen richten und fair, zum Beispiel 50:50, aufgeteilt werden. 1 Euro Patienten- bzw. Gesellschaftsnutzen sollten also zu 50 Cent an die Apotheken zurückfließen, der Rest dann im Wesentlichen den Kostenträgern zugutekommen. So ist es für alle fair. Die Rolle der Ärzte ist gegebenenfalls ebenfalls einzubeziehen, sodass es bei manchen Leistungen auch eine Drittelung werden kann. Ein solches Modell hält das Interesse bei allen Beteiligten hoch, erfordert aber Vorarbeit und eine studienbasierte Herangehensweise – was für uns Arzneimittelfachleute aber eigentlich selbstverständlich sein sollte.

„Ein individueller Entscheidungsbaum: Ja oder nein zu Dienstleistungen?“

Was erwartet die Teilnehmenden bei Ihrem Vortag auf der Futurepharm?

Die Teilnehmer erwartet:

  • eine komprimierte Darstellung der wirtschaftlichen und berufspolitischen Ist-Situation (wovon leben wir heute?)
  • eine Vorstellung der elementaren Kalkulationsgrundlagen für neue Dienstleistungen
  • ein individueller Entscheidungsbaum: Ja oder nein zu Dienstleistungen?
  • ein Ausblick auf die mittlere und fernere Zukunft mit ihren Chancen und Risiken, die sich aus dieser „neuen Welt“ mit den grandiosen Möglichkeiten der Technik, IT und Diagnostik ergeben.

Am 11. März findet im Rahmen der INTERPHARM online die FUTUREPHARM statt. Dabei wird es unter anderem darum gehen, worauf es ankommt, wenn pharmazeutische Dienstleistungen kein Minusgeschäft werden sollen. 

Alle Informationen zum Programm und den Tickets finden Sie hier. 


Deutsche Apotheker Zeitung
redaktion@daz.online


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