Beratungsleitfaden für die Apotheke

Wie findet man bei Obstipation das richtige Arzneimittel?

24.01.2022, 09:15 Uhr

Verstopfung: Was kann die Apotheke empfehlen? (x / Foto: mraoraor / AdobeStock)

Verstopfung: Was kann die Apotheke empfehlen? (x / Foto: mraoraor / AdobeStock)


Was ist Mittel der ersten Wahl? 

Liegen keine Entleerungsstörungen vor, sind osmotisch wirkendes Macrogol (Polyethylenglycol, PEG; Movicol®) sowie antiresorptiv/hydragog wirkendes und motilitätsförderndes Bisacodyl (Dulcolax®) oder Natriumpicosulfat (z. B. Laxoberal®) Arzneimittel der ersten Wahl. Sie können sowohl bei akuter funktioneller als auch bei chronischer Obstipation unbegrenzt eingesetzt werden. Da sie kaum resorbiert werden, sind sie auch in der Schwangerschaft geeignet

Zu den Arzneimitteln der zweiten Wahl gehören die osmotisch wirksamen Zucker und Zuckeralkohole, wie beispielsweise Lactulose, Lactose und Sorbitol, sowie die prokinetisch und antiresorptiv/hydragog wirkenden Anthrachinon-Derivate (Midro Tee® und andere Senna-Präparate). Anthrachinone sind ebenfalls für die Behandlung der chronischen und akuten funktionellen Obstipation geeignet. In kontrollierten Studien wurde nachgewiesen, dass sowohl Macrogol als auch Anthrachinone hinsichtlich ihrer Wirksamkeit der Lactulose überlegen sind. Je schwerer die Verstopfung, desto schlechter wirken auch die Zuckerstoffe.

Früher häufig eingesetzte salinische Laxanzien, wie die schlecht resorbierbaren osmotisch wirkenden Natrium- bzw. Magnesiumsalze (Glaubersalz, Bittersalz, Magnesiumhydroxid) sollten aufgrund potenzieller unerwünschter Arzneimittelwirkungen nicht mehr eingesetzt werden, insbesondere nicht im Rahmen einer Daueranwendung. Auch das früher als Gleitmittel verwendete Paraffinum subliquidum ist aufgrund seiner Nebenwirkungen und der vorhandenen Alternativen heutzutage obsolet und sollte allenfalls in Ausnahmefällen kurzfristig (z. B. bei Vergiftungen) angewendet werden.

Alternativ können Suppositorien und Klysmen angewendet werden, die in der Regel auch bei gestörter rektaler Entleerung empfohlen werden können. Wird mit rezeptfreien Mitteln keine Wirkung erzielt, kommen dann in der nächsten Therapiestufe verschreibungspflichtige Substanzen zum Einsatz.

Stellenwert von Probiotika und komplementärmedizinischen Methoden

Probiotika (Lactobacillus- und Bifidobacterium-Stämme) können bei funktioneller chronischer Obstipation und beim obstipations-prädominanten Reizdarm empfohlen werden und sind aufgrund ihrer guten Verträglichkeit und Sicherheit auch für Schwangere und Kleinkinder eine gute Wahl. Auch komplementärmedizinische Methoden können im Rahmen eines individualisierten Gesamtkonzepts angewendet werden. So kann insbesondere eine durch den Patienten selbst oder durch eine Hilfsperson durchgeführte Colon-Massage hilfreich sein. Diese kann mit oder ohne aromatische Öle erfolgen und darf auch bei sekundärer/neurogen bedingter chronischer Obstipation (Multiple Sklerose, Querschnittslähmung oder Guillain-Barré-Syndrom) versucht werden.



Dr. Daniela Leopoldt, Apothekerin
redaktion@daz.online


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