Schnelligkeit zulasten der Sorgfalt?

Haben Pfizer und die FDA bei der Comirnaty-Studie geschludert?

Stuttgart - 03.11.2021, 17:50 Uhr

Bei einem der von Pfizer beauftragten klinischen Forschungssubunternehmen, Ventavia, lief bei der Comirnaty-Zulassungsstudie nicht alles astrein. Die FDA sah trotz eines Hinweises jedoch keinen Anlass diesem nachzugehen.  (Foto: IMAGO / TheNews2)

Bei einem der von Pfizer beauftragten klinischen Forschungssubunternehmen, Ventavia, lief bei der Comirnaty-Zulassungsstudie nicht alles astrein. Die FDA sah trotz eines Hinweises jedoch keinen Anlass diesem nachzugehen.  (Foto: IMAGO / TheNews2)


FDA ging Beschwerde nicht nach

Vielleicht ging die FDA im Geheimen dieser Beschwerde nach? An dieser These kommen allerdings Zweifel auf, liest man im BMJ-Text weiter: So veröffentlichte die FDA – nachdem sie Comirnaty® für die ersten beiden Impfdosen für ab 16-Jährige im August dieses Jahres regulär (nicht notfallmäßig) zugelassen hatte –, eine Zusammenfassung ihrer Inspektion: Sie hatte neun von 153 Studienstandorten inspiziert – die von Ventavia waren jedoch nicht dabei. Auch kam es zu keiner einzigen Inspektion, nachdem im Dezember 2020 die Notfallzulassung erteilt worden war.

Laut Jill Fisher, Professorin für Sozialmedizin an der University of North Carolina School of Medicine, die sich ebenfalls im BMJ-Beitrag äußert, mangelt es komplett an der Aufsicht über Auftragsforschungsinstitute und unabhängige klinische Forschungseinrichtungen. Dennoch sind die Audits gefürchtet: „Menschen, die in der klinischen Forschung arbeiten, haben Angst vor FDA-Audits“, sagte Fisher dem BMJ, fügte aber hinzu, dass die Behörde nur selten etwas anderes tut, als den Papierkram zu überprüfen – in der Regel Monate nach Abschluss einer Studie. „Ich weiß nicht, warum sie so viel Angst davor haben“, sagte sie. Fisher war jedoch „überrascht“, dass die FDA Ventavia selbst nach der Beschwerde nicht überprüft habe, man sollte meinen, dass „sie einer konkreten und glaubwürdigen Beschwerde nachgehen müssen“, erklärt Fisher.

Die FDA war deswegen bereits in der Kritik: Einem 2007 veröffentlichten Bericht des Office of the Inspector General des Department of Health and Human Services zufolge inspizierte die FDA zwischen 2000 und 2005 lediglich 1 Prozent der klinische Studienstandorte. Im Jahr 2020 kam es insgesamt nur zu 50 Inspektionen.

Pfizer vertraut Ventavia weiter

Auch ließ Pfizer die Missstände an den Ventavia-Standorten im Briefing-Dokument für die FDA vor erstmaliger Notfallzulassung laut BMJ unerwähnt. Die FDA entschied damals schnell, einen Tag später war Comirnaty® notfallzugelassen.

Es überrascht zudem, dass Pfizer weiterhin mit Ventavia zusammenarbeitet. Wie das BMJ berichtet, hat Pfizer das Forschungssubunternehmen für vier weitere klinische Impfstoffstudien, und zwar Comirnaty® bei Kindern und jungen Erwachsenen, Schwangeren und zur Auffrischungsdosis sowie eine RSV-Impfstoffstudie, beauftragt. Für Kinder hat die FDA Comirnaty® erst vor wenigen Tagen nun zugelassen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


3 Kommentare

Pfizer at its best

von Anna am 10.11.2021 um 20:17 Uhr

It is simply no longer possible to believe much of the clinical research that is published, or to rely on the judgment of trusted physicians or authoritative medical guidelines. I take no pleasure in this conclusion, which I reached slowly and reluctantly over my two decades as an editor of The New England Journal of Medicine .

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Ausgerechnet Ventavia

von Löhr am 07.11.2021 um 8:31 Uhr

Bei den Kommentaren, denen zufolge "alles nicht so schlimm" ist, wundert mich am meisten, dass sich niemand daran stört, dass ausgerechnet Ventavia dann mit den Studien zu umstrittenen Impfungen für Kinder, Jugendliche und Schwangere beauftragt wurde !!!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Geschleudert?

von Wolfgang am 06.11.2021 um 13:43 Uhr

Das ist nicht geschludert, sondern die erhobenen Daten sind nicht valide. Wenn eine Zulassungsstudie ein derart schlechtes Datenmanagement betreibt, ist die Studie nichts wert. Unter regulären Umständen wäre es nie zu einer - auch nicht Notffallzulassung - gekommen.
Somit ist der eigentliche Skandal, dass die "strengste Zulassungsbehörde der Welt" FDA nicht reagiert und eine Inspektion nicht sofort eingeleitet hat. Bei jedem anderen Arneimittel wäre die Verabreichung gestoppt worden, bis alles aufgeklärt wäre. Der Hinweis der Impfstoff hätte sich milliardenmal bewährt, man hätte Vertrauen in die Daten ist wissenschaftlicher Nonsense und disqualifiziert jeden , der so etwas behauptet.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.