Superfood – Beratungswissen Teil 16

Curcuma – die goldene „Power-Knolle“

29.06.2021, 07:00 Uhr

Der goldgelben Wurzel werden zahlreiche Heilkräfte nachgesagt. Doch die wenigsten sind zweifelsfrei nachgewiesen. (Foto: jchizhe / AdobeStock)

Der goldgelben Wurzel werden zahlreiche Heilkräfte nachgesagt. Doch die wenigsten sind zweifelsfrei nachgewiesen. (Foto: jchizhe / AdobeStock)


Wer die Wahl hat …

Sowohl die DEGAM S1-Handlungsempfehlung als auch die genannte S3-Leitlinie nennen zwar den Wirkstoff „Curcumin“, gehen aber nicht auf das Problem der Bioverfügbarkeit und die so wichtige Galenik der Curcumin-Präparate ein. Eine zitierte Studie im Zusammenhang mit Colitis ulcerosa spricht immerhin von einer Dosierung „2 x 1 g Curcumin pro Tag“. Ein Patient, der an dieser komplementärmedizinischen Behandlung interessiert ist, dürfte sich mit der Auswahl des für ihn richtigen Produktes vermutlich sehr schwertun. 

Beratungswissen

Superfood

Das Angebot an Curcuma-Nahrungsergänzungsmitteln ist verwirrend unübersichtlich. Die Preise für 100 g Wirkstoff – wie auch immer der definiert ist – variieren zwischen 20 Euro bis hin zu über 100 Euro. Die Einzeldosierungen pro Kapsel, sofern überhaupt angegeben, dürften aufgrund der unterschiedlichen Extrakte oder Verarbeitungsformen noch schwerer zu vergleichen sein. Eine weitere Herausforderung ist, die individuell am besten verträgliche Dosis zu finden. Denn abhängig von Extrakt und Dosierung sind unerwünschte Wirkungen möglich, zum Beispiel Blähungen, Sodbrennen, Durchfall bzw. erhöhte Stuhlfrequenz, Übelkeit oder Schmerzen im Verdauungstrakt.

Auch wenn der Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln in vielen Apotheken eher eine untergeordnete Rolle spielt oder sogar umstritten ist: Das Beispiel Curcumin zeigt, dass die richtige Produktauswahl eigentlich nur mit pharmazeutischem Fach- und Hintergrundwissen möglich ist.

„Golden Milk“ – der ultimative Gesundheits-Drink?

Was verbirgt sich nun hinter der „Goldenen Milch“, die immer öfter auch in Cafés angeboten wird? Mit Sicherheit kein Allheilmittel gegen hohen Blutdruck, Depressionen und weitere Gesundheitsbeschwerden, wie alternative Ratgeber suggerieren, aber durchaus ein Genussmittel und „Seelenwärmer“. Denn allein schon Namen wie „Golden Milk“ oder „Golden Latte“ aktivieren das Wohlfühlzentrum im Gehirn. Hier ein Beispiel für die Zubereitung von zwei Portionen des „Gold-Drinks“: 500 ml Hafermilch oder andere Pflanzenmilch mit zwei Teelöffeln Kurkumapulver erwärmen. Als weitere Würzzutaten eignen sich frisch geriebener Ingwer und/oder Muskatnuss, Vanillemark, schwarzer Pfeffer. Nach Geschmack mit Honig süßen und alles schaumig aufschlagen. Wohl bekomm’s!

Auf einen Blick

  • Im Ayurveda, der traditionellen indischen Heilkunst, zählt Curcuma zu den stärksten Heilpflanzen zur Regulierung der Verdauung und gegen Entzündungen.
  • In Europa gibt es für den Curcuma-Wurzelstock eine Arzneibuch-Monografie und eine Einstufung der EMA (European Medicine Agency) als „traditionelles pflanzliches Arzneimittel“. Einsatzgebiet sind leichte Verdauungsstörungen wie Völlegefühl und Blähungen.
  • Curcumin ist als lipophile Substanz wenig wasserlöslich und wird im menschlichen Körper schlecht resorbiert. Zur Erhöhung der Bioverfügbarkeit gibt es unterschiedliche technologische Ansätze, wie die Umhüllung des Curcumins mit Lipidpartikeln oder der Einsatz von Mizellen als „Transportmittel“.
  • Aus In-vitro-Studien lassen sich antikanzerogene, knorpelprotektive, antioxidative und entzündungshemmende Wirkungen ableiten. Klinische Studien, die wissenschaftlichen Kriterien standhalten, liegen jedoch weder in ausreichender Anzahl noch in der geforderten Qualität vor.
  • Eine randomisierte Studie mit Kniearthrose-Patienten hat gezeigt, dass Curcumin Schmerzen und Steifigkeit im gleichen Maße senkte wie Ibuprofen. Die „DEGAM S1-Handlungsempfehlung“ der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin für „Knieschmerz bei Arthrosezeichen“ enthält deshalb den Hinweis, dass Curcuma bei der medikamentösen Therapie als „schwache Empfehlung“ zu bewerten sei.
  • Für Colitis ulcerosa gibt es eine S3-Leitlinie, zuletzt aktualisiert im August 2020. Hier wird bei den „Komplementären Therapieverfahren“ ausdrücklich Curcumin genannt.


Reinhild Berger, Apothekerin
redaktion@daz.online


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