Wenn Wissen versandet

Mehr als 170 wissenschaftliche Zeitschriften sind aus dem Internet verschwunden

Remagen - 16.09.2020, 12:30 Uhr

Laut Wissenschaftlern sind 176 Open Access-Zeitschriften mangels umfassender und offener Archive zwischen 2000 und 2019 aus dem Netz verschwunden. (s / Foto: JWS / stock.adobe.com)

Laut Wissenschaftlern sind 176 Open Access-Zeitschriften mangels umfassender und offener Archive zwischen 2000 und 2019 aus dem Netz verschwunden. (s / Foto: JWS / stock.adobe.com)


Warum verschwinden die Zeitschriften?

„Zeitschriften können aus einer Reihe von Gründen aus dem Internet verschwinden“, sagt Mikael Laakso, Informationswissenschaftler an der Hanken School of Economics in Helsinki und Co-Autor der Studie. „Der Herausgeber kann zum Beispiel seine Zahlung zur Aufrechterhaltung der Webseite einstellen. Manche Journale werden auf einer Online-Plattform gehostet, die zu einer akademischen Institution gehört und bei der Aktualisierung der Website oder des Servers einfach nicht mehr mit aufgenommen. Wenn dies geschieht, sollen die Journale in digitalen Archiven aufbewahrt werden“, erläutert Laasko weiter.

Weitere Archivierung wünschenswert

Besondere Dienste sollen sicherstellen, dass Publikationen auch dann verfügbar bleiben, wenn der Verlag nicht mehr da ist. Ein solcher Service ist das LOCKSS (Lots of Copies Keep Stuff Safe) Program, das 1999 von den Stanford Libraries ins Leben gerufen wurde. LOCKSS fertigt mehrere Kopien von Inhalten an, die auf den Servern teilnehmender Bibliotheken gespeichert werden. Ähnliche Initiativen, darunter 

sind in den letzten zwei Jahrzehnten entstanden. Sie unterscheiden sich im Hinblick auf die Kosten und die Deckung. Derzeit werden zehntausende von Titeln in solchen Erhaltungsprogrammen kuratiert, aber laut Laakso gibt es Dutzende von Zeitschriften, die trotzdem durch das Raster fielen. Ob eine Zeitschrift online wirklich nicht verfügbar ist, sei überhaupt schwer festzustellen, ergänzt Lisa Matthias, Co-Autorin der Studie und Doktorandin an der Freien Universität Berlin. Es gebe keine einzige Datenbank, die die Aktivitäten von Open-Access-Zeitschriften nachverfolge.

Mehr Einsatz für die Erhaltung des Wissens gefordert

Für den kommissarischen Leiter des LOCKSS-Programms Thib Guicherd-Callin ist es nicht verwunderlich, dass manche Zeitschriften nicht von bestehenden Erhaltungsdiensten erfasst werden. Obwohl viele Gruppen die Open-Source-Software LOCKSS verwendet hätten, seien Initiativen zur digitalen Erhaltung immer noch „völlig unterfinanziert". „Der Wunsch, diese gefährdeten Werke zu erhalten, ist da", fügt Guicherd-Callin hinzu, „aber nur wenige Institutionen investieren die notwendigen Ressourcen, um diese Publikationen zu identifizieren und sicherzustellen, dass sie in ein digitales Erhaltungsprogramm aufgenommen werden.“ 

Mehr zum Thema

Die Wissenschaftler fordern nun dringend, gemeinsame Maßnahmen zu ergreifen, um den kontinuierlichen Zugang zu solchen Zeitschriften zu gewährleisten und den Verlust von mehr wissenschaftlichem Wissen zu verhindern.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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