Feuilleton

200 Jahre „Archiv der Pharmazie“

Eine Erfolgsgeschichte feiert Geburtstag

Im Jahr 2022 beging die DPhG-­Zeitschrift „Archiv der Pharmazie“ ihr 200-jähriges Jubiläum. Grund genug für die Deutsche Pharmazeu­tische Gesellschaft (DPhG), diesen Anlass gebührend zu feiern und die letzten Jahrzehnte Revue passieren zu lassen.

Das „Archiv der Pharmazie“ ist eine internationale Peer-Review-Fachzeitschrift, die sich der Forschung und Entwicklung auf allen Gebieten der Pharmazie widmet, bei der molekulare Strukturen und supramolekulare Interaktionen eine entscheidende Rolle spielen. Naturgemäß ist das zwar in allen Disziplinen der Wissenschaft vom Arzneimittel der Fall, im besonderen Maße aber in der Pharmazeu­tischen und Medizinischen Chemie (PMC). Der Schwerpunkt der publizierten Arbeiten liegt im Bereich der synthetischen organischen Chemie niedermolekularer Verbindungen kombiniert mit pharmazeutischen oder medizinischen Aspekten wie biologischer Aktivität, Strukturbiologie, molekularer Modellierung, bioorganischer Chemie, Naturstoffchemie, Biochemie oder beschreibt analytische Methoden mit pharmazeutischem Bezug. Pharmazeutische und medi­zinische Chemiker, Pharmakologen, Biochemiker, organische Chemiker und andere Arzneimittelforscher nutzen die Zeitschrift, um ihre Ergebnisse zu veröffentlichen und sich über neue Forschungsaktivitäten aus allen Bereichen der PMC und dem Über­lappungsbereich angrenzender Disziplinen zu informieren.

Ursprünglicher Name: Pharmazeutische Monatsblätter

Die Geschichte der Zeitschrift begann bereits im Jahr 1822 mit der ersten Ausgabe unter dem Namen „Pharmazeutische Monatsblätter“. Nach mehreren Namensänderungen wurde die Zeitschrift im Jahr 1995 in „Archiv der Pharmazie – Pharmaceutical and Medicinal Chemistry“ umbenannt. Seit dieser Zeit ist auch die Gesellschaft Deutscher Chemiker e. V. (GDCh) mit der Fachgruppe Medizi­nische Chemie an der Herausgabe beteiligt. War die Publikationssprache bis dahin deutsch, wurden ab dem Zeitpunkt nur noch Publikationen in englischer Sprache veröffentlicht. Im Jahr 2005 wurde der Name in „Archiv der Pharmazie – Chemistry in Life Sciences“ geändert, wobei der Unter­titel „Chemistry in Life Sciences“ in der offiziellen Abkürzung Arch. Pharm. nicht erwähnt ist.

Foto: DPhG

Mit Stolz blickt Prof. Dr. Andreas Link, seit 2020 Editor-in-Chief, auf den Impact-Faktor des Archivs der Pharmazie.

Originalarbeiten und Reviews

Das Archiv erscheint monatlich, neben Originalarbeiten enthält jede Ausgabe auch zwei oder drei Übersichtsartikel aus allen Bereichen der Wissenschaft vom Arzneimittel. Bis zum heutigen Tag haben viele renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Archiv der Pharmazie ihre Forschungsergebnisse publiziert. Im 19. und 20 Jahrhundert z. B. Johann Wolfgang Döbereiner, Georg Dragendorff, Carl Remigius Fresenius, Carl Mannich, Ernst Schmidt, Alexander Tschirch und Otto Wallach. Aus diesem Grund ist der deutschsprachige Wikipedia-Eintrag zum Archiv der Pharmazie mit 90 Seiten verlinkt. Auch viele unserer aktuell profiliertesten Kolleginnen und Kollegen wie Ulrike Holzgrabe, Christa E. Müller, Peter Gmeiner und Conrad Kunick – um nur einige zu nennen – haben ihre allerersten Arbeiten im Archiv veröffentlicht. „Das Archiv der Pharmazie ist unsere wissenschaftliche Zeitschrift – qualitativ hochwertig, immer am Puls der Zeit, und auf die pharmazeutische Forschung zugeschnitten. Das ideale Journal um als junge(r) Wissenschaftler(in) erste Publikationserfahrungen zu sammeln!“, so Prof. Dr. Christa E. Müller, Vize­präsidentin „Hochschule“ der DPhG.

Grund genug, um gemeinsam das Jubiläum zu feiern und unsere Autorinnen und Autoren in einer speziellen virtuellen Vortragsreihe: „200 Jahre Archiv der Pharmazie – Vom Beginn bis heute“ entsprechend zu würdigen. In vier Vortragsveranstaltungen stellten die Referentinnen und Referenten die Entwicklung ihrer Forschungsaktivitäten von Beginn bis zur internationalen Anerkennung und Anwendung eindrücklich dar. Unter dem interessierten Auditorium waren viele junge Nachwuchswissenschaftler.

Von der Einreichung bis zur Veröffentlichung

Nach der Einreichung werden Manuskripte einem technischen Vorabcheck auf Vollständigkeit der notwendigen Daten unterzogen – wie das Vorliegen einer vollständigen Substanzcharak­terisierung neuer Moleküle und Spek­trensätze – und es wird eine thematische Passfähigkeit beurteilt. Inhaltlich unpassende Beiträge werden zurückgewiesen. Technische Mängel können durch Nachbesserungen beseitigt werden. Erst danach kommen die Einreichungen in die To-do-Liste des Editors-in-Chief (EiC). Der EiC liest zunächst das Anschreiben der Autorinnen und Autoren, um deren Moti­vation und persönliche Einschätzung der erzielten Ergebnisse zu erfassen. Wenn die automatisch durchgeführte Plagiats­prüfung keinen Anlass zur Kritik ergibt, werden die Manuskripte auf eine begutachtbare sprachliche Form und Richtigkeit der Molekül­darstellungen geprüft. Sprachlich zu holprige oder fehlerhafte Manuskripte werden auf dieser Stufe zurückgewiesen. Sorgfältig erstellte Manuskripte werden auf ausreichenden Neuigkeitswert der ­berichteten Ergebnisse sowie Korrektheit und Vollständigkeit der „Sup­porting information“ geprüft, bevor das Manuskript einem auf dem Forschungsgebiet erfahrenen Associate Editor zugeordnet wird, der wiederum Gutachter auswählt und einlädt. Da nicht alle eingeladenen Gutachter zur Verfügung stehen, ist es eine wichtige Aufgabe, bei Absagen zeitnah alternative Einladungen auszusprechen, um eine ausreichende Zahl an Gutachten zu erhalten. Die Auswahl ist dabei nicht trivial und eine wachsende und gut gepflegte Gutachterdatenbank ist eine wertvolle Ressource. Den Autoren wird beim Einreichprozess ermöglicht, besonders geeignete Gutachtervorschläge zu machen oder möglicher­weise befangene Personen als ungeeignet anzugeben. Wenn mindestens zwei aussagekräftige Gutachten eingegangen sind, wird daraus ein Vorschlag, meistens „Minor Revision“ oder „Major Revision“, manchmal auch „Reject“ abgeleitet und zusammen mit Kommentaren und Vorschlägen an den EiC weitergereicht. Der EiC sichtet die vorliegenden Einschätzungen und folgt der Empfehlung des Associate Editors oder steuert nach, wenn er die Einschätzung als nicht zutreffend erachtet. Die Autorinnen und Autoren erhalten anschließend die Gutachtereinschätzung verbunden mit der Gelegenheit, die vorgeschlagenen Verbesserungen umzusetzen oder zu erläutern, warum sie Vorschläge für nicht zielführend halten. Nach Wiedereingang eines revidierten Manuskripts erfolgt eine erneute Bewertung durch den Associate Editor – nun häufig „Accept“ oder „Minor Revision“ – und die Begutachtung ist entweder abgeschlossen oder muss fortgeführt werden. Ob erneut externe Gutachten eingeholt werden müssen hängt dabei von der Komplexität der erforderlichen Korrekturen ab. Ein Durchschnitts­manuskript hat diesen Prozess beim ­Archiv in einem Monat durchlaufen, kann an die Produktion übermittelt werden und ist bereits wenige Tage später im EarlyView veröffentlicht. Da das Archiv keine Seitenzahlen mehr verwendet, sondern sogenannte e-Locators, ist das Manuskript zusammen mit seiner DOI-Nummer bereits eindeutig zitierbar.

Impact-Faktor 4,613

Den Erfolg des Archivs zeigt der aktuelle Impact-Faktor. Mit 4,613 liegt das Archiv nach der Statistik des Journal Citation Reports 2021 in der medizinischen Chemie an 24. Stelle von 63 Zeitschriften, in der multidisziplinären Chemie an 69. Stelle von 179 und in der Kategorie Pharmako­logie und Pharmazie an 88. Stelle von 279. „Darauf sind wir natürlich sehr stolz“, sagt Prof. Dr. Andreas Link, Universität Greifswald, der seit 2020 Editor-in-Chief des Journals ist. Als einen der Gründe für das überdurchschnittliche Ergebnis sieht er die Möglichkeit, die Artikel Open Access zu veröffentlichen, sodass sie weltweit unentgeltlich gelesen und heruntergeladen werden können. „Die Einreichungen kommen aus der ganzen Welt. Bei den europäischen Ländern gibt es aber noch ein wenig Nachholbedarf“, kommentiert Link mit einem Augenzwinkern. Über 500 Einreichungen gab es 2021, im Jahr 2022 waren es bereits 600. Eine gute Voraussetzung, um die Erfolgsgeschichte des Archiv der Pharmazie fortzusetzen. |

Kerstin Tschuck, Geschäftsführerin der DPhG

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