Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

12.07.2020, 08:00 Uhr

Die Plattformeritis greift um sich. Mitmachen oder lassen? (Foto: Alex Schelbert)

Die Plattformeritis greift um sich. Mitmachen oder lassen? (Foto: Alex Schelbert)


9. Juli 2020

Erfolgreicher war da schon der Apothekerverband Nordrhein: Er ist sich mit der AOK Rheinland/Hamburg bereits einig geworden, im kommenden Herbst ein Modellprojekt Grippeschutzimpfung in Apotheken auf die Beine zu stellen. Bundesweit ist es der erste Vertrag. Das Modellprojekt soll drei Jahre lang laufen, es wird wissenschaftliche begleitet und dann ausgewertet. So dürfen die Apotheken in Düsseldorf und Umgebung, Essen/Mülheim/Oberhausen, Bonn Rhein-Sieg und Rechter Niederrhein (Duisburg/Niederrhein) erstmalig Grippeschutzimpfungen anbieten. Ganz klar, die Apotheken, die daran teilnehmen wollen, müssen zuvor eine spezielle Fortbildung absolvieren (Leitlinie der Bundesapothekerkammer) und die notwendigen praktischen Voraussetzungen in der Apotheke schaffen. Die AOK Rheinland/Hamburg ist überzeugt, dass es sinnvoll ist, wenn Apotheken dazu beitragen können, die Durchimpfungsraten zu erhöhen. Und Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein sieht „unser Angebot als eine Ergänzung zum Impfangebot der Ärzteschaft“, wie er es vorsichtig vermittelnd formuliert. Denn es deutet sich bereits an: Die Ärzte sind über die apothekerlichen Impf-Aktivitäten in Nordrhein not amused. Mein liebes Tagebuch, das war zu erwarten. Und so fährt Rudolf Henke, Chef der Ärztekammer Nordrhein, das gesamte rostige Geschütz der Gegner dieser Modellvorhaben ins Feld: Nur Ärztinnen und Ärzte seien fürs Impfen qualifiziert, nur sie könnten Nebenwirkungen wie allergische Reaktionen beherrschen – und außerdem sei der Apothekerverband nicht gezwungen, bei solchen Modellvorhaben mitzuwirken. Es sind die bekannten Vorhaltungen, die alten Zöpfe, die andere Länder wie die Schweiz, England oder Frankreich, in denen Apotheken impfen, längst abgeschnitten haben. Dabei lässt sich nicht recht nachvollziehen, warum Henke so poltert. Denn in seiner Funktion als CDU-Bundestagsabgeordneter ist er doch mitverantwortlich für das Masernschutzgesetz, mit dem erst die Rechtsgrundlage für die Modellvorhaben für Grippeimpfungen in Apotheken geschaffen wurde. Und er selbst hatte erklärt, dass man die Modellprojekte abwarten wolle, ob die „Chancen oder die Bedenken“ bei impfenden Apothekern überwiegen. Nun ja, mein liebes Tagebuch, es wäre vielleicht auch zu viel erwartet, wenn Ärzte die Modellprojekte mit Beifall begleiten. Durch das Grummeln und Grollen müssen wir jetzt durch. Und wenn denn dann im Herbst die erste Apothekenkunden sich gegen Grippe impfen lassen, freuen wir uns mitzuhelfen, die Durchimpfungsrate zu steigern. Ich bin überzeugt, es wird sich alles rütteln.


Apropos rütteln: Die Sache mit unserem Honorar fürs Impfen wird sich wohl auch noch rütteln müssen. Die Apotheken, die beim bundesweit ersten Vertrag für das Impfprojekt mitmachen, sollen 12,61 Euro als Honorar fürs Impfen erhalten zzgl. Impfstoff. Darauf haben sich die beteiligten Vertragspartner, die AOK Rheinland/Hamburg und der Apothekerverband Nordrhein, geeinigt. Mein liebes Tagebuch, nein, das ist wirklich nicht üppig für einen Impfvorgang, für Verbrauchsmaterialien und für die Datenerfassung. Ein knapp bemessenes Honorar. Der Gesundheitsökonom Uwe May hatte in seinem Konzept eine pauschale Vergütung von 15 Euro vorgeschlagen. Auf keinen Fall sollte dieses Honorar Modellcharakter für andere mögliche pharmazeutische Dienstleistungen haben. Mein liebes Tagebuch, vielleicht muss man es so sehen: Wer beim Impfprojekt nicht mitmachen möchte, muss es nicht. Das Projekt ist etwas für Vorreiter, für Pioniere, für all diejenigen, die gerne Neuland betreten. Aber sie werden viel dazu lernen. 

 

Es hat gedauert, Ende September ist’s soweit, definitiv: Die Botendienstpauschale von 250 Euro für die Corona-Botendienste wird überwiesen: Wer einmal die Sonder-PZN für Botendienste abgerechnet hat, bekommt sie überwiesen. Endlich. Sie wir dann ganz elegant mit dem Nacht- und Notdienstfonds ausgezahlt. Allerdings, die Eleganz kostet die Apotheke die Kleinigkeit von 5 Euro, die abgezogen wird als Aufwandspauschale, so dass dann 245 Euro auf dem Apothekenkonto landen. Diese rund 95.000 Euro Aufwandspauschale für den Nacht- und Notdienstfonds sind vertretbar, meint Apothekerverbandschef Fritz Becker. Nun gut. Mein liebes Tagebuch, konzentrieren wir uns darauf, dass die Botendienstauslieferung auch weiterhin mit 5 Euro abgerechnet werden kann – denn diese Sonderregelung läuft schon Ende September aus. Die ABDA will sich für eine Verlängerung einsetzen und hat dafür eine Online-Sonderbefragung zum Botendienst gestartet, die bis zum 14. August läuft. Mitmachen können alle Inhaber*innen und Filialleiter*innen. Die Befragung soll die Argumentation der ABDA gegenüber der Politik stärken. Mein liebes Tagebuch, na, da sollten doch alle dabei helfen.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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5 Kommentare

RXVV ist tot

von Dr. Radman am 12.07.2020 um 12:55 Uhr

RXVV ist tot. Wenn wir im letzten DAT Rückgrat und Beharrlichkeit gegenüber Spahn gezeigt hätte, gäbe es sicher heute RXVV. Wer mit seinen guten Karten (RXVV im Koalitionsvertrag) nicht gut spielt, gewinnt derjenige der pokert. Und Spahn hat gepokert und gewonnen. So ist das.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: RXVV ist tot

von Anita Peter am 12.07.2020 um 15:38 Uhr

Spahn und Co. lachen sich doch schlapp über uns.
Ohne ein RXVV wird es keine gleichlangen Spiesse mehr geben. Das fängt beim Fremdkapital an, geht über den Kontrahierungszwang, und hört bei den Einkaufskonditionen auf. Wir können mit dem Versand nicht konkurrieren. Es bleibt auf lange Sicht bei uns nur noch die Akutversorgung, die BTM Versorgung, Rezepturen etc hängen. Der "Beratungsklau" wird ebenso zunehmen. Den NN dürfen wir natürlich noch machen.

Die Politik ist nicht im geringsten an gleichlangen Spiessen interessiert. In 2 Jahren wird es keinen deutschen Versender in nennenswerten Größe mehr geben. Die haben wenigsten noch schön Kasse gemacht.

Wenn keine gleichlangen Spiesse über das RXVV hergestellt werden, dann sollte man auch das FBV endgültig beerdigen, den Kontrahierungszwang beenden, die Pflicht zum NN beenden und die PB im Einkauf beenden, denn das ist alles nichts anderes als Inländerdiskriminierung. Da können die Gerichte urteilen was sie wollen. Diskriminierung ist Diskriminierung, ergal wie gross oder klein der Diskriminierte ist. Ein bisschen schwanger gibt es auch nicht.

AW: RXVV ist tot

von Conny am 12.07.2020 um 20:47 Uhr

Die Delegierten waren erbärmlich und feige.

Dummheit ist die Basis zur Selbstzerlegung ... und letzteres ist bereits Intelligenz ...

von Christian Timme am 12.07.2020 um 8:31 Uhr

Während die Apotheken unter den Marktpartnern "aufgeteilt" werden ... wird die Zahl der Apotheken weiter zurückgehen. Wenn dann die "Nabelschau" vorbei ist ... wird sich der Großteil der verbleibenden "Apotheken" von Amazon & Co. kaufen lassen (müssen). Das ist dann Marktwirtschaft ...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

RxVV und e-Rezept

von Karl Friedrich Müller am 12.07.2020 um 8:22 Uhr

Laschet und Tönnies. Ein Muster, dass es auch bei Apotheken gibt?
Wenn Laschet meint, ab jetzt (!) ginge es bei Schlachtbetrieben nach Gesetz. Was war vorher? Wurde ein Konzern gegen die Kleinen unterstützt? Oder weggesehen, dass die Leitung möglichst viel Gewinn macht? Und die Mitarbeiter in unwürdigen Verhältnissen leben müssen? Wer war hier eigentlich das arme Schwein?
Macht Spahn und deine Vorgänger eigentlich etwas anderes? Oder die Politik und Gerichte? Wieder gab es ein skandalöses Urteil zur Rx Boni. Konzerne unterstützen, egal wie die Rechtslage ist und der Rest, auch die Bevölkerung kann sehen, wo er bleibt?
Diese Einstellung der Politik kann nicht so bleiben. Und wenn ich das Gegreine sehe während der Corona und nun ist alles beim Alten. Die Betriebswirtschaftler bekommen Oberhand, Krankenhäuser geschlossen, die Pflege, Ärzte, Apotheken einen Tritt, Hauptsache, der Rubel rollt zugunsten der Anleger, Konzerne, Heuschrecken.
In der SZ von Samstag stehen einige Leserbriefe über die Corona App. Statt App könnte man auch mal E-Rezept einfügen. Es beklagen sich die Schreiber, dass nur wenige die App tatsächlich nutzen können. Ich hab mich ja schon darüber ausgelassen, dass viele Bürger einfach ignoriert werden, insofern halte ich die Werbung seitens der Apotheken für nicht zielführend. Werden da nicht Leute angesprochen, die sowieso im Versand kaufen? Die will man zurück haben? Lächerlich. Und alle anderen fühlen sich nicht wahrgenommen und benachteiligt, also der weit größere Rest? Vielleicht sogar verunsichert?
Blind und mit Scheuklappen. Es ist schlimm

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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