Bevölkerungsschutzgesesetz 2.0

Bundestag macht Weg frei für mehr Corona-Tests

Berlin - 14.05.2020, 14:00 Uhr

Der Bundestag hat das zweite Bevölkerungsschutzgesetz beschlossen. (Foto: imago images / Spicker)

Der Bundestag hat das zweite Bevölkerungsschutzgesetz beschlossen. (Foto: imago images / Spicker)


Spahn: Das Virus verschwindet nicht, indem man es leugnet

Die Abgeordneten der Großen Koalition verteidigten das Gesetz bei der heutigen Parlamentsdebatte. Auch wenn man schon einen Etappensieg habe erreichen können, befinde man sich noch immer mitten in der Pandemie, betonte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Sabine Dittmar. Als Ärztin warne sie davor, Corona auf die leichte Schulter zu nehmen. Sie appellierte, „obskuren Verschwörungstherorien“ konsequent zu wiedersprechen. Beständig gebe es neue Erkenntnisse zum Virus – und daher sei es wichtig den ÖDG zu stärken und die Meldepflichten auszuweiten. Zudem gelte das Gebot: „testen, testen, testen“. Dittmar ging ebenso wie Karin Maag (CDU) auf die Kritik ein, dass die weitgestreuten und symptomunabhängigen Tests zulasten der Versichertengemeinschaft finanziert werden sollen. Beide räumten ein,  dass es sich hier um eine versicherungsfremde Leistung handele – doch man wolle jetzt auf bewährte und etablierte Strukturen zurückgreifen, um die Tests überhaupt kurzfristig zu ermöglichen. Spätestens im Herbst werde man über einen Bundeszuschuss sprechen, versprach Dittmar.

AfD: „Gesetz suggeriert permanente Krise“

Heftige Kritik am Gesetzentwurf kam vom AfD-Abgeordneten Robby Schlund, in dessen Wahlkreis Greiz gerade ein besonderer Anstieg von SARS-CoV-2-Infektionen zu beobachten ist. Schlund erklärte, wegen des früheren Uranbergbaus gebe es in der Region besonders viele Lungenerkrankungen bei über 50-jährigen. Doch mit den neuen Richtlinien des Robert Koch-Instituts würden die regionalen Reproduktionszahlen in die Höhe getrieben, was bei den Menschen Panik und Perspektivlosigkeit erzeuge. Schlund meint: Das neue Gesetz „suggeriert uns eine permanente Krise, die es gar nicht gibt“. 

Dass dem Bundesgesundheitsministerium durch das Gesetz zu weitreichende Befugnisse am Parlament vorbei eingeräumt werden, kritisierten Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) und Kirsten Kappert-Gonther (Grüne). Die Grünen-Politikerin sieht zwar „viele gute Zutaten“ im Gesetz, aber wenige weitere Regelungen „verderben den ganzen Brei“. Die Pandemiekrise dürfe nicht zu einer Demokratiekrise werden, betonte Kappert-Gonther. Harald Weinberg (Linke) erkennt ebenfalls Positives im Gesetz – aber auch „ungedeckte Schecks“. So sollte zum Beispiel aus Sicht der Linken die vorgesehene Prämie für Pfleger allen zukommen, die sich derzeit in Kliniken und Heimen um COVID-19-Erkrankte kümmern. Auch an den in Aussicht gestellten Bundeszuschuss für die Tests will Weinberg noch nicht glauben.

Stamm-Fibich verweist auf zeitliche Befristungen

Stamm-Fibich verteidigte die weitreichenden Ermächtigungen in Zeiten, da schnelles Handeln erforderlich ist, und verwies auf die zeitlichen Befristungen dieser Vorschriften. Minister Spahn äußerte sich grundsätzlich zur Politik der Bundesregierung: Man habe in Deutschland gemeinsam viel erreicht. Wo einige andere Länder überfordert waren, sei es in Deutschland gelungen, die Dynamik der Ausbreitung des Virus zu brechen. „Das macht uns demütig, nicht übermütig, aber es macht uns auch ein Stück stolz als Gesellschaft, als Gemeinschaft, als Nation“. Irritiert reagierte Spahn auf Schlunds Aussagen zu seinem Wahlkreis: In Greiz werde verstärkt in Heimen getestet und dadurch seien die Zahlen hier höher, so der Minister. Aber das könne kein Vorwurf sein. „Ein Virus wie dieses bekämpft man doch nicht, indem man es leugnet“, erklärte Spahn. Zugleich betonte der Minister aber erneut, wie wichtig die kontroversen Debatten seien.

Sämtliche Oppositionsparteien hatten diverse eigene Anträge rund um die Corona-Pandemie eingebracht. Sie wurden jedoch alle von der Mehrheit der Regierungskoalition abgelehnt. Über die Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses des Bundestags gab es eine namentliche Abstimmung.

Bereits am morgigen Freitag steht das – zustimmungspflichtige – Gesetz zur abschließenden Beratung auf der Tagesordnung des Bundesrats. Nach der Ausfertigung durch den Bundespräsidenten und der Verkündung im Bundesgesetzblatt kann es in Kraft treten.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

Rechnen

von Peter am 15.05.2020 um 11:59 Uhr

Wer rechnen kann ist deutlich im Vorteil.
Wer sich vornehmlich bei Maischberger und Co. die Birne weich kochen lassen hat, sieht leider nicht, dass wir reichlich veräppelt worden sind.

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Das ist mir wirklich peinlich...

von Christian Timme am 14.05.2020 um 16:35 Uhr

Die starke Grippewelle 2017/2018 forderte 0,03% Todesfälle von 80. Mio. Einwohnern in Deutschland. Aktuell Corona 0,01% in D. In den USA sind es 0,03%. Das zur Pandemie... und das führt zur schwersten Rezession der Nachkriegszeit in Deutschland?

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