Necroxime

Eine mögliche neue Waffe gegen Tumore aus dem Biss einer Spinne?

Düsseldorf - 09.03.2020, 09:00 Uhr

Forscher ausJena, des Hans-Knöll-Instituts (HKI) fanden als Endosymbionten lebende Bakterien, die sie als Produzenten einer ganzen Reihe von toxisch wirkenden Substanzen identifizierten. Pilz mit (links; 1. Spalte) und ohne bakterielle Endosymbionten (Foto: Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie)

Forscher ausJena, des Hans-Knöll-Instituts (HKI) fanden als Endosymbionten lebende Bakterien, die sie als Produzenten einer ganzen Reihe von toxisch wirkenden Substanzen identifizierten. Pilz mit (links; 1. Spalte) und ohne bakterielle Endosymbionten (Foto: Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie)


Molekül-Struktur und Biosyntheseweg aufgeklärt

Die Jenaer Forscher klärten nicht nur die Struktur und die Biosynthese in Paraburkholderia rhizoxinica auf, sondern konnten auch mittels bioinformatischen Methoden Gene für die Produktion von Benzolaktonen in diversen Bakterien identifizieren. „Die Biosynthesewege der Necroxime und verwandter Substanzen waren bislang vollkommen unbekannt. Wir konnten dabei ein enzymatisches ‚Fließbandsystem‘ identifizieren, bei dem molekulare Grundbausteine des Zellstoffwechsels - wie etwa Malonyl-CoA mit Aminosäuren oder weiteren Malonyl-Bausteinen - nach einem festgelegten Programm zu einer Kette verknüpft werden. Später erfolgen dann weitere Modifikationen wie etwa der Ringschluss des Makrolaktons“, sagt Niehs.

Die Forscher sehen die Aufklärung der Biosynthese-Schritte nun als eine Möglichkeit, die Biosynthese auch gezielt umzuprogrammieren, um modifizierte Wirkstoffe biotechnologisch produzieren zu können. „Necroxime können in großem Maßstab biotechnologisch produziert werden. Eine Überproduktion in Paraburkholderia rhizoxinica kann mittels genetischer Manipulation erreicht werden“, sagt die Forscherin. Ein Transfer des Biosynthesewegs in andere Bakterien sei allerdings schwierig.

Struktur von Necroxim A

Noch viel Forschung nötig bis zum Therapeutikum

Bis Necroxime allerdings in der Tumor-Therapie tatsächlich zum Einsatz kommen, könnten durchaus noch zehn bis 20 Jahre vergehen. Zunächst habe man nun die Wirkstoffklasse identifiziert und ihr Potenzial für die Tumor-Behandlung erkannt. „Es erfordert aber noch weitere Studien wie etwa die Modifikation der Moleküle und die Erforschung des exakten Wirkmechanismus, um einer Weiterentwicklung als Tumor-Therapeutikum in Betracht zu ziehen“, sagt die Wissenschaftlerin. Derzeit werde in anderen Forschungsgruppen weltweit auch viel an potenziellen anderen V-ATPase-Inhibitoren geforscht.

Die Jenaer Forscher wollen als nächstes weitere Details der ungewöhnlichen Biosynthese aufklären, sagt Niehs. „Uns am HKI ist außerdem wichtig, die ökologische Rolle der Necroxime zu entziffern. Warum werden sie biosynthetisiert? Welchen Vorteil hat das Bakterium oder der Pilz, in dem die Bakterien leben, davon?“, sagt sie.

Die „chemische Sprache in Organismengemeinschaften“ ist einer der Forschungsschwerpunkte der Forschungsgruppe Hertweck, den sie im Sonderforschungsbereich „ChemBioSys“ erkunden. „Das komplexe Zusammenleben unterschiedlicher Organismen – hier Bakterium, Pilz und Spinne – wird größtenteils von chemischen Substanzen gesteuert. Mit den Necroximen haben wir neue toxische Naturstoffe entdeckt, die möglicherweise auch nutzbringend für den Menschen zum Einsatz kommen könnten“, sagt Hertweck dazu.

Die Veröffentlichung der Jenaer Forscher ist im Fachmagazin Angewandte Chemie erschienen unter: Niehs SP, Dose B, Richter R, Pidot SJ, Dahse H-M, Stinear TP, Hertweck C (2020) Mining symbionts of spider‐transmitted fungus illuminates uncharted biosynthetic pathways to cytotoxic benzolactones. Angewandte Chemie International Edition https://doi.org/10.1002/anie.201916007 (https://doi.org/10.1002/anie.201916007).



Volker Budinger, Diplom-Biologe, freier Journalist
redaktion@daz.online


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