Naturstoffe

Bakterien steuern Synthese in Pilzen

Jena - 10.09.2011, 11:09 Uhr


Einem Jenaer Forscherteam ist es gelungen, einen neuartigen Steuerungsmechanismus für die Synthese von Naturstoffen zu finden. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass bestimmte Bakterien in der Lage sind, Veränderungen an den sogenannten Histonproteinen im Schimmelpilz Aspergillus nidulans auszulösen. Sie führten dazu, dass der Pilz mehrere neue Substanzen bildete.

Mikroorganismen sind eine wichtige Quelle für Arzneistoffe, insbesondere für die meisten heute verwendeten Antibiotika. Um ihr Potenzial zu erschließen, bedient man sich heutzutage bei der unablässigen Suche nach neuen Wirkstoffen der Genomanalyse. Ein Blick auf die gesamte genetische Information – das Genom – eines Bakteriums oder Pilzes offenbart dabei häufig sogenannte schlafende Gene, die normalerweise nicht aktiv sind. Das Jenaer Team aus Mikrobiologen und Naturstoff-Forschern konnte bereits zeigen, dass die gemeinsame Kultivierung eines Bodenbakteriums mit dem Pilz Aspergillus nidulans zu Kommunikationsprozessen führt, in deren Folge solche schlafenden Gene aktiviert werden. Dies führte zur Synthese mehrerer bei diesem Pilz unbekannter Naturstoffe, die möglicherweise als Wirkstoffe genutzt werden können. Unklar blieb jedoch, wie das Bakterium diesen Mechanismus in Gang setzt.

Histonproteine sind Eiweißmoleküle im Zellkern, auf die die DNA ähnlich einer Spule aufgewickelt ist. Die auf der DNA befindlichen Gene werden erst dann aktiv, wenn die dort befindlichen Histone Acetylgruppen tragen. Die Acetylgruppen markieren wie ein kleines Signalfähnchen diejenigen Abschnitte der genetischen Information, die in einer Zelle momentan aktiv sind. Für diese kleine chemische Modifikation der Histone sind bestimmte Enzyme zuständig, die als Acetyltransferasen bezeichnet werden. Die Wissenschaftler schalteten im Experiment sämtliche Acetyltransferasen nacheinander aus und beobachteten, ob der Kontakt zwischen Pilz und Bakterium weiterhin zur Bildung der neuen Stoffe führte.

Bei einer bestimmten Acetyltransferase, sie trägt die Bezeichnung GcnE, war dies nicht mehr der Fall – für die Forscher der Beweis, dass genau dieses Enzym im „Normalfall“ die schlafenden Gene zu aktivieren vermag. Das Enzym GcnE ist genau an den Genen zu finden, die für die Synthese der neuen Naturstoffe im Pilz zuständig sind. Und dies nur dann, wenn sich Aspergillus nidulans in engem Kontakt mit dem Bodenbakterium befindet. An anderen Genen, deren Aktivität unabhängig von der Wechselwirkung beider Mikroorganismen ist, findet man es dagegen nicht. Die Forscher konnten sogar zeigen, an welcher Stelle am Histoneiweiß die Acetylierung erfolgt.

Literatur: Nützmann, H. W., et al.: Proc. Natl. Acad. Sci. USA 2011. doi: 10.1073/pnas.1103523108. http://www.pnas.org/content/108/34/14282.long.


Dr. Bettina Hellwig