Europa, Deine Apotheken – Spanien

Spaniens Apotheken: hohe Erwartungen und hohe Regulierung (Teil 2)

Berlin - 05.02.2019, 09:00 Uhr

Gute Erreichbarkeit der Apotheken: Im Jahr 2017 gab es in Spanien 47 Apotheken je 100.000 Einwohner.(Foto: philipus / stock.adobe.com)

Gute Erreichbarkeit der Apotheken: Im Jahr 2017 gab es in Spanien 47 Apotheken je 100.000 Einwohner.(Foto: philipus / stock.adobe.com)


Rezeptabrechnung in Spanien

Die Abrechnung der Rezepte erfolgt im Gegensatz zu Deutschland direkt über die „Apothekenkammern“ der jeweiligen Provinzen. Die Rezepte werden im Monatsrhythmus abgerechnet. Dieses Abrechnungssystem garantiere eine ständige gesundheitliche und ökonomische Kontrolle über den Medikamentenverbrauch und erleichtere zudem die Arzneikosten, die dem öffentlichen Gesundheitssystem entstehen, festzustellen. Außerdem diene dieses System auch einer geforderten Transparenz im Gesundheitswesen und verhindere einen möglichen Missbrauch.

Anzahl der zu Lasten des öffentlichen Gesundheitssystems abgerechneten Rezepte

20162017Steigerung
901.572.083 €908.519.320 €+ 0,77 %

Ausgaben in Euro der zu Lasten des öffentlichen Gesundheitssystems abgerechneten Rezepte

20162017Steigerung
9.912.770.346 €10.170.786.502 €+ 2,6 %

Durchschnittliche Ausgaben pro Rezept in Euro der zu Lasten des öffentlichen Gesundheitssystems abgerechneten Rezepte

20162017Steigerung
10,99 €11,19 €+ 1,82 %

Selbstbeteiligung bei Medikamenten

Der Kostendruck auf das öffentliche Gesundheitssystem ist auch in Spanien groß. Im Jahre 2012 wurde deshalb ein neues System der Patientenbeiträge auf Medikamente eingeführt. Mit dem „Königlichen Gesetzesdekret 16/2012“ (El Real Decreto-Ley 16/2012) wurde auf die finanziellen Schwierigkeiten des öffentlichen Gesundheitssektors reagiert. So existiert seitdem eine nach Einkommen gestaffelte Zuzahlung von 60, 50 oder 40 Prozent. Rentner müssen sich seitdem auch an den Arzneikosten beteiligen. Ihre Selbstbeteiligung liegt bei 10 Prozent der Medikamentenkosten. Bei chronischen Krankheiten bestehen nach Einkommenshöhe gestaffelte Höchstbeträge der Selbstbeteiligung pro Monat. Zudem bestehen weiterhin für einige Personengruppen Befreiungen von der Zuzahlung. 

Gesundheitssystem – anerkannt und unter Kostendruck

Im Gegensatz zu Deutschland ist jeder Spanier im öffentlichen Gesundheitssystem zwangsversichert. Dieses gliedert sich in die regionalen Gesundheitsdienste (Servicios de Salud), die für die jeweilige Gesundheitsversorgung der Bevölkerung in den verschiedenen Regionen zuständig sind. Unter dem Vorbehalt, dass die allgemeine Gesundheitsgesetzgebung (Ley General de Sanidad) eingehalten wird, können die Regionen die Versorgung selbst gestalten. Auf nationaler Ebene werden die Angelegenheiten des öffentlichen Gesundheitswesens durch das Nationale Gesundheitssystem (Sistema Nacional de Salud) verwaltet. 

Doch Spanien hat ein demografisches Problem. Die Geburtenrate liegt unter dem EU-Schnitt. Gleichzeitig erreicht die Lebenserwartung der Spanier den höchsten Wert innerhalb der Europäischen Union. Die Überalterung der Gesellschaft führt unter anderem zu Problemen der Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens. Insgesamt wird von einer ähnlichen demografischen Entwicklung mit vergleichbaren Folgen wie in Deutschland ausgegangen. Insbesondere das öffentliche Gesundheitswesen Spaniens steht deshalb unter enormen Kostendruck. 

Spanische Verfassung: Recht auf Gesundheit

Bemerkenswert ist die Stellung der Gesundheit in der spanischen Verfassung aus dem Jahre 1978: „Das Recht auf Schutz der Gesundheit wird anerkannt“ – so Artikel 43. Die spanische Verfassung erkennt damit nicht nur das Recht auf Schutz der Gesundheit an, der Staat ist laut Verfassungstext zudem für den Gesundheitsschutz und die Förderung der Gesundheitserziehung zuständig.

Dieses System wird von vielen Spaniern kritisiert. Vor allem solle es gerechter an die Einkommen angepasst werden und Rentner weiterhin befreit von Zuzahlungen bleiben. Vor 2012 waren Rentner und Patienten mit bestimmten Krankheiten von einer Beteiligung an den Arzneikosten befreit oder bezahlten wie im Fall von Aids einen erniedrigten Satz. Ansonsten mussten sich Patienten mit 40 Prozent an den Arzneimittelkosten beteiligen – bei allerdings insgesamt niedrigem Preisniveau.



Inken Rutz, Apothekerin, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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